Die Behandlung von Arbeitern folgt den Prinzipien der Fairness und Gerechtigkeit

Ausgabe 230

(iz). Seit Jahrzehnten beruhte das explosive Wachstum der Volkswirtschaften am Golf nicht nur auf Erdöl oder dem Handel, sondern auch auf den menschlichen Energien einer großen Anzahl ausländischer Arbeitskräfte. Die meiste Zeit sind die auswärtigen Kräfte um ein vielfaches größer als die lokale, einheimische Bevölkerung.

Der Status dieser Fremden als „arbeitende Gäste“, von denen die meisten niemals die Möglichkeit zur Annahme der Staatsbürgerschaft ihrer Aufnahmeländer haben werden, selbst wenn sie dort geboren sein sollten oder hier einen Großteil ihrer Lebenszeit verbrachten, wird in zunehmenden Maße selbst Thema von Debatten. Mir geht es aber nicht um die Frage der Staatsbürgerschaft, sondern um eine kurze Behandlung einer Sache, die dem verwandt ist. Es handelt sich um die angemessene Behandlung von Arbeitern im Islam, denn in der Scharia gilt erlaubte Arbeit als eine Handlung der Anbetung.

Der Islam verlangt von uns, dass alle gerecht behandelt werden. Im Qur’an werden zwei Worte dafür benutzt: ‘Adl und Qist. ‘Adl steht in Verbindung mit Gleichgewicht, während Qist die Anerkennung von Rechten [anderer] ist.

Allah sagt im Qur’an an einer Stelle dazu: „Oh, die ihr glaubt, seid Wahrer der Gerechtigkeit, Zeugen für Allah, auch wenn es gegen euch selbst oder die Eltern und nächsten Verwandten sein sollte. Ob er reich oder arm ist, so steht Allah beiden näher. Darum folgt nicht der Neigung, dass ihr nicht gerecht handelt. Wenn ihr verdreht oder euch abwendet, so ist Allah gewiss dessen kundig, was ihr tut.“ (An-Nisa, 135)

Und an einer anderen Stelle heißt es: „… Wir haben euch ja von einem männlichen und einem weiblichen Wesen erschaffen, und Wir haben euch zu Völkern und Stämmen gemacht, damit ihr einander kennenlernt. …“ (Al-Hudschurat, 13)

Es kann kein Zweifel darüber bestehen, dass der Din die gerechte und faire Behandlung aller nötig macht – ungeachtet von Rasse, Hautfarbe, Geschlecht und so weiter. Und insbesondere trifft das in der Arbeitswelt zu. Der Prophet Muhammad, möge Allah ihn segnen und ihm Frieden geben, sagte dazu: „… es gibt keine Überlegenheit des Arabers über den Nichtaraber, noch des Nichtarabers über einen Araber, auch nicht die eines Weißen über einen Schwarzen, noch steht der Schwarze über dem Weißen, es sei denn durch Gottesfurcht.“ (Musnad Ahmad)

Der Gesandte Allahs warnte immer vor Faulheit und Arbeitslosigkeiten. ‘Umar ibn Al-Khattab sagte den Gefährten: „Keiner von euch, der ohne Arbeit ist, sollte sich zurücklehnen und sagen: ‘Bitte Allah, gib mir Versorgung.’ Wo er doch weiß, dass aus dem Himmel weder Gold noch Silber regnen.“

Uns wurde ebenso klar gemacht, dass keine Arbeit – vorausgesetzt, sie ist erlaubt (halal) – niedrig oder entwürdigend ist. In jeder Tätigkeit finden sich Ehre und Belohnung. Das gilt nicht für jene Aktivitäten, die rechtlich verboten sind, wie die Gewinnerzielung durch Wucher (Riba), Glücksspiel sowie der Verkauf von Alkohol oder Drogen. Es sollte an dieser Stelle erwähnt werden, dass alle Propheten Allahs einer rechtmäßigen Arbeit nachgingen – keiner von ihnen war untätig, wie man das aus anderen Religionen kennt. Adam war Bauer, Noah, Zakaria und ‘Isa waren Zimmerleute, Idris Schneider, Ibrahim handelte mit Kleidern, Isma’il war Jäger, Dawud Schmied, Ishaq, Ja’qub, Musa und Schu’aib waren Hirten. Der Gesandte Allahs, der Prophet Muhammad, möge Allah ihn segnen und ihm Frieden geben, arbeitete als Hirte und auch als Händler.

Weiterhin ist im Islam festgelegt, dass Arbeiter nicht nur würdevoll behandelt werden müssen, sondern auch gerechte Verträge haben müssen. „Oh, die ihr glaubt, haltet eure Verträge ein“ (Al-Ma’ida, 1), heißt es dazu im Qur’an. Und der Prophet, möge Allah ihn segnen und ihm Frieden geben, sagte darüber: „Wer einen Bruder unter sich hat, sollte ihm das Essen geben, das er zu sich nimmt, und ihn kleiden, wie er sich kleidet. Gebt ihm keine Arbeit, die ihn überwältigt, und wenn ihr ihm solche Aufgaben übertragt, dann stellt ihnen die Hilfe dafür bereit.“ (Al-Bukhari)

An anderer Stelle heißt es im Qur’an: „So gebt volles Maß und Gewicht und schmälert den Menschen nicht ihre Sachen und stiftet auf der Erde nicht Unheil.“ (Al-A’raf, 85) Und über die zeitnahe Bezahlung für geleistete Arbeit sagte der Gesandte Allahs, Heil und Segen auf ihm: „Gebt dem Arbeiter seinen Lohnen, bevor sein Schweiß getrocknet ist.“ (Ibn Madschah)

Unglücklicherweise scheiterten – nach Angaben des UN-Hochkommissars für Menschenrechte und internationaler Körperschaften wie Human Rights Watch – nahöstliche und asiatische Regierungen dabei, minimale Schutzmaßnahmen gegen den Missbrauch von eingewanderten Haushaltskräften zu schaffen. Millionen sind weiterhin gefährdet. Vor einiger Zeit widersprachen höchste Regierungsvertreter der Einführung eines Mindestlohns in einem Golfstaat, um die Verletzlichsten vor Ausbeutung zu schützen. Die Bürokraten behaupteten, das würde die Volkswirtschaft des Landes beschädigen, das von billiger Arbeitskraft für seine Konkurrenzfähigkeit abhängig ist.

Solange Arbeiter weniger als sechs US-Dollar pro Tag verdienen, Unterkünfte haben, die Bürger in westlichen Ländern zurückweisen würden, solange ihnen die Reisepässe abgenommen wurden, solange sie zwei Jahre Arbeit leisten müssen, bevor sie ihre Familien besuchen dürfen, wird es für eifrige Kritiker einfach sein, muslimische Regierungen und Geschäfte anzugreifen und den Schluss nahezulegen, sie seien Repräsentanten des Islam selbst.

Diese Dinge mögen in der Europäischen Union als wesentlich besser erscheinen, aber ethnische Diskriminierung ist immer noch weit verbreitet. Und die sichtbare Gegenwart von eingewanderten Arbeitskräften innerhalb der EU, die für weniger als die Einheimischen des Aufnahmelandes arbeiten, ist ein Zeugnis dafür, dass die Ungleichheit anhält.

Wie wir aus den obigen Zitaten des Qur’an und den prophetischen Aussagen entnehmen können (und es gibt noch viel mehr Material zu dem Thema) ruft der Islam zur gerechten und fairen Behandlung derjenigen auf, die ihre Arbeit veräußern. Jede Abweichung von diesen Grundregeln kann nicht dem Din selbst vorgeworfen werden, sondern nur jenen, die zu den Heuchlern gehören. Und Allah weiß am besten, was in den Herzen der Menschen ist.

Der Autor lebt und arbeitet als leitender Manager am Arabischen Golf.