Die Rohingya – gehasst, verfolgt, verachtet. Angehörige der Minderheit werden in Birma blutig unterdrückt

Rangun (KNA.) Moe Thway ist ein Streiter für Menschenrechte und Demokratie. Gleich nach der Niederschlagung des Mönchsaufstands vor fünf Jahren gründete er mit Gleichgesinnten die „Generation Wave“, die im Untergrund den Kampf der Mönche fortführte. Durch die Flucht nach Thailand entging er seiner Verhaftung. Mit Beginn der Reformpolitik von Präsident Thein Sein Ende 2011 kehrte der heute 32-Jährige nach Rangun zurück.

Ende September war Moe Thway einer der Anführer einer nicht genehmigten Demonstration in Rangun, die ein Ende des Krieges der birmanischen Armee gegen die Kachin im Norden des Landes verlangte. Nun droht ihm eine Haftstrafe. „Die Demonstration zum Weltfriedenstag war auch ein Test, wie es um demokratische Freiheiten steht“, sagt Moe Thway bei einem Gespräch in einem Cafe in Rangun.

Doch angesprochen auf die Rohingya ist es aus mit Menschenrechten, Frieden und demokratischen Freiheiten. „Das sind für mich illegale Bengalis“, entfährt es dem einstigen Dissidenten mit lauter Stimme. Der Musiker teilt seinen Hass gegen die muslimischen Rohingya mit der Mehrheit seiner Landsleute. Als im Sommer die Gewalt gegen die Rohingya ausbrach, war Präsident Thein Sein plötzlich über alle politischen und ethnischen Grenzen hinweg der Held, als er eine Umsiedlung der Rohingya in ein Drittland vorschlug.

Unbehelligt von der Polizei demonstrieren in den großen Städten buddhistische Mönche gegen die Rohingya, gegen die Eröffnung einer Vertretung der Organisation Islamischer Staaten in Birma, für einen harten Kurs des Präsidenten gegen die „Bengalis“. Vergessen ist, dass der frühere General Thein Sein Premierminister jener Militärjunta war, die 2007 die „Safran-Revolution“ der Mönche blutig niederschlagen ließ.

Nach dem Putsch von 1962 ersetzte die Armee die Vision von Unabhängigkeitsheld Aung San (1915-1947), Vater von Aung San Suu Kyi, die Vision eines Birma der Gleichheit aller ethnischen Gruppen, durch die Dominanz der ethnischen, buddhistischen Birmaner. Der bewaffnete Widerstand der ethnischen Völker im Osten und Norden diente der Militärjunta mehr als ein halbes Jahrhundert als Legitimation ihrer Diktatur. Seit dem radikalen Kurswechsel ist jedoch eine politische Lösung der ethnischen Konflikte entlang der Grenzen zu Thailand und China keine Utopie mehr.

Nur gegenüber den Rohingya fehlt jede Kompromissbereitschaft. Seit der Unabhängigkeit Birmas 1948 wurden weit mehr als eine Million Rohingya durch 19 große ethnische Säuberungsoperationen des Militärs aus Rakhine vertrieben. In den Flüchtlingslagern im Distrikt Cox’s Basar im Nachbarland Bangladesch leben etwa eine Viertelmillion Rohingya unter menschenunwürdigen Bedingungen.

Die Vereinten Nationen schätzen die Zahl der Vertriebenen durch die jüngste Gewalt auf rund 100.000. Die Rohingya sind laut UN eine der am massivsten unterdrückten ethnischen Minderheiten der Welt. Seit der Aberkennung der birmanischen Staatsbürgerschaft 1982 brauchen sie die Zustimmung der Behörden, wenn sie ihre Dörfer verlassen, wenn sie heiraten oder eine ihrer verfallenden Moscheen reparieren wollen. Männer werden zur Arbeit auf Großbaustellen gezwungen, Frauen zur Prostitution in Armeekasernen. Kaum jemand in Birma wagt es, sich für die Rechte der Rohingya einzusetzen. Auch nicht Oppositionsführerin Aung San Suu Kyi. Jeder Politiker in Birma weiß: Sich für die Rohingya stark zu machen, führt ins politische Aus. Unter Exilbirmanern und ihren Unterstützern im Ausland verliert die Friedensnobelpreisträgerin deshalb an Respekt. Auf Facebook schreibt einer über das Schweigen der „ikonenhaften Führerin“ der Oppositionspartei Nationale Liga für Demokratie: „Indem sie ihre persönliche Popularität über die Ethik stellt, beweist sie … ein mangelndes Verantwortungsbewusstsein.“

Für Ashin Gambira, einer der Initiatoren des Mönchsaufstands von 2007, ist der Konflikt in Rakhine vom Militär inszeniert, dessen Macht in der Verfassung garantiert ist; es wolle das Volk manipulieren und die Opposition diskreditieren. Der wegen seiner Kritik an der Reformregierung aus dem Mönchsstand verstoßene 41-jährige Gambira sagt: „Sie haben die Situation in Rakhine herbeigeführt, um die Art von Reformen durchzusetzen, die sie wollen.“