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Türkei: Erdoğan gewinnt Stichwahl. Scholz lädt nach Berlin ein

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Foto: andriano_cz, Adobe Stock

Erdoğan hat es noch einmal geschafft. Nach 20 Jahren an der Macht haben sich die türkischen Wähler erneut für den Amtsinhaber entschieden.

(dpa/KUNA/iz). Der Vorsitzende des Obersten Wahlrats der Türkei (YSK) gab am Sonntagabend bekannt, dass der amtierende Präsident Recep Tayyip Erdoğan als Staatsoberhaupt des Landes wiedergewählt worden ist.

Yener sagte, er habe sich in der zweiten Runde der Stichwahl um das Präsidentenamt gegen den oppositionellen Herausforderer Kemal Kılıçdaroğlu durchgesetzt. Er wies darauf hin, dass Erdoğan das Rennen mit 52,14 Prozent gewann, während Kılıçdaroğlu nach Auszählung von 99,43 Prozent der Stimmen 47,86 Prozent der Stimmen erhielt.

Erdoğan bleibt weitere fünf Jahre im Amt

Der amtierende Präsident ging als Favorit in die zweite Runde, nachdem er vor zwei Wochen die absolute Mehrheit knapp verpasst hatte. Die Wahl galt dennoch als der härteste Test in seiner politischer Karriere bisher.

Das Land steckt in einer Wirtschaftskrise, die Währung hat massive Verluste verzeichnet, die Inflation im Land liegt bei rund 44 Prozent. Der Südosten kämpft zudem mit den verheerenden Folgen der Erdbeben im Februar.

Wahlgeschenke in den Wochen vor der Wahl dürften einen Einfluss gehabt haben. „Die Regierung hat Geld ausgegeben, als gäbe es kein Morgen. Den Leuten geht es dadurch deutlich besser als noch im letzten Jahr“, sagte der politische Analyst Salim Cevik der Deutschen Presse-Agentur.

Foto: Chatham House, via flickr | Lizenz: CC BY 2.0

Der Staatschef will weiterhin an der umstrittenen Niedrigzinspolitik festhalten, die laut Experten mitverantwortlich für die Währungskrise ist. Die Inflation will er auf eine einstellige Zahl reduzieren. Zudem verspricht er Großinvestitionen in Rüstungs- und Infrastrukturprojekte. Die Landeswährung Lira gab im frühen Handel leicht nach und näherte sich damit wieder dem erst vor kurzem Woche erreichten Rekordtief an. Die Währung hat in den vergangenen zwei Jahren massiv an Wert verloren, die Inflation im Land liegt bei rund 44 Prozent. Mittelfristig rechnen Experten mit einem weiteren Verfall.

Zentrales Thema im Wahlkampf war die Flüchtlingspolitik. Erdoğan s AKP hat ihre Rhetorik unter dem Druck einer zunehmend feindlichen Stimmung im Land verschärft, versprach „Rückführungen“ und will dazu in Verhandlungen mit dem syrischen Machthaber Baschar al-Assad treten. Den Menschen im Erdbebengebiet verspricht er, innerhalb eines Jahres neue Häuser für sie gebaut zu haben.

Experten: Opposition hat Niederlage mit verschuldet

Cevik gibt auch der Opposition selbst schuld an ihrer Niederlage: Kılıçdaroğlu sei nicht früh genug aufgestellt worden. Der Herausforderer galt vor der ersten Abstimmung am 14. Mai noch als Favorit. Er war Kandidat einer historisch einmaligen Parteien-Allianz und sicherte sich die Unterstützung der prokurdischen HDP.

Der Oppositionsführer versprach eine Demokratisierung des Landes. Nach der Niederlage in der ersten Runde buhlte er mit deutlich verschärfter Flüchtlingsrhetorik um Stimmen aus dem ultranationalistischen Lager. Den Abstand zu Erdoğan, der mit der Unterstützung des Drittplatzierten Rechtsaußenkandidaten Sinan Ogan antrat, konnte er nur gering verringern.

Foto: Florian Gaertner, Photothek, Deutscher Bundestag

Glückwünsche von Partnern der Türkei

Internationale Partner beglückwünschten den neuen alten Staatschef des Nato-Landes. Aus Israel, an das sich die Türkei erst kürzlich wieder angenähert hat, schrieb Staatspräsident Izchak Herzog: „Ich bin überzeugt, dass wir weiter zusammenarbeiten werden, um die guten Beziehungen zwischen der Türkei und Israel zu stärken und auszubauen.“

Auch aus der EU und den USA kamen Glückwünsche, obwohl Erdoğan mit scharf anti-westlicher Sprache den Wahlkampf geführt hatte. Unter anderem warf er ausländischen Medien Sturzversuche gegen ihn vor.

„Die EU ist bereit, sich mit der Türkei zu engagieren, um eine konstruktive Beziehung für unseren gemeinsamen Wohlstand und unsere Stabilität auf der Grundlage des Engagements für die Menschenrechte, die Rechtsstaatlichkeit, das Völkerrecht und die regionale Stabilität zum Wohle aller unserer Bürger aufzubauen“, erklärten der Hohe Vertreter der EU, Josep Borrell, und der EU-Kommissar für Nachbarschaft und Erweiterung, Oliver Varhelyi, am späten Sonntag in einer gemeinsamen Erklärung.

Die EU begrüßte, dass die zweite Runde der Präsidentschaftswahlen in der Türkei am Sonntag mit einer hohen Wahlbeteiligung stattgefunden hat und die türkische Bevölkerung ihr demokratisches Wahlrecht wahrgenommen hat.

Bundeskanzler Olaf Scholz würdigte die Zusammenarbeit Deutschlands mit der Türkei. Auch der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj beglückwünschte Erdoğan. Als einer der ersten hatte Russlands Präsident Wladimir Putin dem türkischen Präsidenten gratuliert, noch vor Ende der Stimmauszählung. Erdogan sieht sich als Vermittler im russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine.