(iz). Der Islam hat ein Geheimnis und die Muslime einen spirituellen Kern, der die Umstände eines bestimmten Ortes oder einer spezifischen Zeit transzendiert. Muslime in aller Welt erinnern sich an den Geburtstag – und damit an sein Leben und seine Botschaft – des Propheten Muhammad, möge Allah ihn segnen und ihm Frieden geben.
Jährlich (am 12. Rabi’ Al-Awwal islamischer Zeitrechnung) gedenkt die muslimische Welt der Geburt des Gesandten Allahs, Muhammad, Allahs Segen und Friede auf ihm, des Siegels aller Propheten. Der Prophet Muhammad, möge Allah ihn segnen und ihm Frieden geben, wurde als Barmherzigkeit für alle Welten gesandt, als Rufer zu Allah und als eine strahlende Leuchte. Seine Geburt war mit großen Zeichen und besonderen Ereignissen verbunden.
Im Qur’an sagt Allah in der Sura Al-i-Imran (164): „Allah hat den Gläubigen wirklich eine Wohltat erwiesen, als Er unter ihnen einen Gesandten von ihnen selbst geschickt hat, der ihnen Seine Zeichen verliest, und sie läutert und sie das Buch und die Weisheit lehrt, obgleich sie sich zuvor wahrlich in deutlichem Irrtum befanden.“
Der Prophet ist zu uns gekommen, „um den guten Charakter zu vervollkommnen“, heißt es in einem Hadith. Aus diesem Grund sind wir angehalten, uns die Eigenschaften und den schönen Charakter unseres Propheten anzueignen. Die Anleitung dazu find wir im Qur’an: „Ihr habt ja im Gesandten Allahs ein schönes Vorbild, (und zwar) für einen jeden, der auf Allah und den Jüngsten Tag hofft und Allahs viel gedenkt.“ (Al-Ahzab, 21)
Das ist auch einer der Gründe, weshalb Muslime dem Tag der Geburt des Propheten gedenken. Und weil der Gesandte seine Botschaft erhielt, um guten Charakter zu vervollkommnen, sind wir auch zu einer positiven Grundeinstellung gegenüber unserer Umwelt angehalten.
Traditionen des Maulids
Zu diesem Gedenken werden Veranstaltungen anlässlich des Maulid An-Nabi (auch Maulud, arab. Geburtstag des Propheten) aus Liebe zum Propheten seit Jahrhunderten in allen muslimischen Völkern durchgeführt, auch wenn in letzter Zeit einige wenige Muslime diese als „unerlaubte Neuerung“ kritisieren, da vom Propheten selbst, wie auch von seinen Gefährten nicht bekannt ist, dass sie seinen Geburtstag entsprechend begingen, so wie ja allgemein das Feiern von Geburtstagen im Islam keine Tradition hat.
Die überwiegende Mehrheit der Muslime und ihrer Gelehrten jedoch betrachteten und betrachten die Feierlichkeiten anlässlich des Prophetengeburtstags als eine lobenswerte und segensreiche Neuerung.
Einer der größten Gelehrten des klassischen Islam, Schaikh Ibn Hadschar Al-Asqalani, der Kommentator des Sahih Al-Bukhari, sagte: „Alles, was nicht während der Zeit des Propheten, möge Allah ihn segnen und ihm Frieden geben, bestand, wird Erneuerung genannt, aber einige sind gut, während es andere nicht sind.“
Der große Imam Al-Baihaqi übermittelt in seinem Werk „Manaqib Asch-Schafi’i“, dass Imam Asch-Schafi’i, der Begründer einer der vier sunnitischen Rechtsschulen, sagte: „Es gibt zweierlei Neuerungen – diejenige, welche dem Qu’ran, der Sunnah und der einheitlichen Übereinkunft der Muslime zuwiderläuft, ist eine Neuerung der Täuschung, während eine gute Neuerung keinen Widerspruch zu diesen Dingen bedeutet.“
Imam As-Suyuti, der große Universalgelehrte aus Ägypten, machte in seinem „Al-Hawi li’l-Fatawi“ in einem besonderen Abschnitt mit dem Titel „Die Gute Absicht in der Erinnerung des Maulid“ folgende Aussage: „Es gibt eine Frage zur Erinnerung des Maulid des Propheten im Monat Rabi’al-Awwal. Was ist die legale Regelung im Din, ist es gut oder schlecht? Wird derjenige, der ihn begeht, belohnt oder nicht? Die Antwort, die mir dazu kommt, ist folgende: Sich an den Maulid zu erinnern bedeutet, die Leute zu versammeln, Teile des Qur’an zu rezitieren, Geschichten über den Propheten, möge Allah ihn segnen und ihm Frieden geben, zu erzählen sowie die Zeichen, die ihn begleitet haben. Dann wird Essen serviert. Danach trennen sich die Leute wieder. Dies ist eine der guten Neuerungen und derjenige, der sie praktiziert, wird belohnt, denn er verehrt den Rang des Propheten, möge Allah ihn segnen und ihm Frieden geben, und er drückt Freude aus über dessen ehrenhafte Geburt.“
Traditionen der Dichtungen und Lieder
In der islamischen Literatur und Dichtung gibt es eine große Tradition der Lobgedichte auf den Propheten. Der erste, der diese Tradition noch in Gegenwart des Propheten selbst begann, war der Prophetengefährte Hassan Ibn Thabit.
Einer der berühmtesten Verfasser von Gedichten auf den Propheten ist Imam Al-Busairi, dessen Gedicht „Al-Burda“ in der ganzen muslimischen Welt das vielleicht berühmteste und bekannteste seiner Art ist. Sein zweites großes Werk „Al-Hamziya“ steht dem in nichts nach. Von Marokko bis Indonesien bekannt und geschätzt ist auch das klassische Werk „Dala’il Al-Khairat“, eine Sammlung von Segenswünschen und Gebeten auf den Propheten, verfasst von dem aus Marokko stammenden Imam Al-Dschazuli. Es wird von vielen Muslimen täglich rezitiert.
An Veranstaltungen zum Maulid, beispielsweise in Nordafrika von Marokko bis Ägypten, werden diese Lobgedichte und Segenswünsche traditionell rezitiert und gesungen. Es wird der Qur’an gelesen, gemeinsame Bittgebete gemacht und Lehrvorträge über die Geburt und das Leben des Propheten und sein Vorbild gehalten.
Ganz ähnlich laufen auch in den türkischen Moscheen die Zusammenkünfte anlässlich des Maulid ab. Da der Prophet und seine Geburt mit Licht in Verbindung gebracht wird, werden die Moscheen oft mit vielen Lichtern geschmückt. Neben der Lesung des Qur’an und gelehrten Vorträgen zur Erinnerung an den Propheten werden religiöse Lieder der türkischen Tradition, etwa von Yunus Emre, gesungen. In jedem Fall wird das bekannteste Maulid-Gedicht in der türkischen Tradition, das Mevlüt-i Serif von Süleyman Çelebi, rezitiert. Es wird nicht nur zum Geburtstag Muhammads vorgetragen, sondern auch zu anderen Gelegenheiten, denen eine besondere Bedeutung zukommt. (ya/sw/lm)