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Irrelevante Debatten

Ausgabe 249

Foto: Antoine Taveneaux | Lizenz: CC-BY-SA 2.0

(iz). Burkaverbot hier, Burkaverbot da. Zunächst einmal ist die fatale Sinnfreiheit der Debatte festzuhalten, da wahrscheinlich überhaupt nur eine Handvoll Frauen in Deutschland, Österreich oder der Schweiz eine Burka tragen.
Der Begriff ist im Zuge der Pro-Afghanistankrieg Berichterstattung eingedeutscht worden. Die Burka wird ausschließlich in Teilen ­Afghanistans und Pakistans getragen und ist übrigens auch nicht „traditionell afghanisch“, sondern in ihrer gegenwärtigen Form eine ­modernistische Erscheinung.
Der Ganzkörperschleier, der in Europa hingegen hier und dort schon anzutreffen ist, wird als Niqab bezeichnet. Jedoch wird er nicht vermehrt von deutschen Musliminnen getragen. Bei ihnen ist der Anteil verschwindend gering, beinahe nicht erwähnenswert. Er wird in Deutschland vor allem von Touristinnen getragen, vorrangig aus der Golfregion. Leiden würde bei einem Verbot ironischerweise der Münchener Einzelhandel. „Ein Burka-Verbot würde sich negativ auf Teilbereiche der Wirtschaft, insbesondere Handel und Tourismus, auswirken“, sagte Bertram Brossardt, Hauptgeschäftsführer der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft, der „Süddeutschen Zeitung“.
Julia Klöckner, Ilse Aigner und Andere könnten natürlich über wirklich schwerwiegende gesellschaftliche Themen sprechen wie Altersarmut, Alterseinsamkeit, Kulturauflösung, die Finanzkrise oder die heiß diskutierte Rolle von Geheimdiensten.
Für Muslime ist das Thema irrelevant. Nach Konsens der Mehrheit der zeitgenössischen Gelehrten der Mitte handelt es sich nicht um eine Pflicht. Namhafte Gelehrte wie Hamza Yusuf oder Abdullah Bin Bayyah raten gar klar von einer Ganzkörperverschleierung ab. Im Endeffekt ist es mir aber vollkommen egal, was ein Mensch tragen oder nicht tragen möchte. Wir haben keine Zeit und kein Interesse daran, uns in die Leben anderer Menschen einzumischen.
Ja, ich würde prinzipiell auch gern wissen, wer mir gegenüber steht, wenn ich mit der Person rede. Kann ich das eigentlich bei Frauen mit nachgezogenen Augenbrauen, Kontaktlinsen, künstlichen Wimpern und drei Kilo Puder im Gesicht behaupten? Erkenne ich da die Person tatsächlich? Es bleibt eine philosophische Frage.
Die Debatte kann nicht ernstgenommen werden und scheint eher wie eine Flucht nach vorn, um mit populistischen Phrasen Wählerstimmen zu ergattern.