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IRU: Hessen setzt Kooperation mit DITIB aus

Wiesbaden/Köln (KNA/iz). In Hessen wird islamischer Religionsunterricht in Zusammenarbeit mit dem Moscheeverband DIITIB ab dem kommenden Schuljahr nicht mehr erteilt. Das gab der hessische Kultusminister Alexander Lorz (CDU) am 28. April in Wiesbaden bekannt. Bestehende Zweifel an der Unabhängigkeit der DITIB Hessen vom türkischen Staat hätten nicht ausgeräumt werden können. „Aus heutiger Sicht ist auch nicht zu erwarten, dass die Defizite in absehbarer Zeit beseitigt werden können.“

Er habe die Entscheidung „nach eingehender Prüfung der von DITIB Hessen eingereichten Unterlagen und auf Basis aktualisierter gutachterlicher Einschätzungen getroffen“, so der Minister. Die aktive Zusammenarbeit mit dem Landesverband werde vollständig ausgesetzt. Davon seien alle bisherigen 56 Standorte in der Grundschule sowie 12 weiterführende Schulen der 5. und 6. Jahrgangsstufe betroffen. Der ursprüngliche Bescheid zur Einrichtung eines bekenntnisorientierten islamischen Religionsunterrichts in Kooperation mit DITIB Hessen war 2012 erteilt worden.

Wie der Minister weiter mitteilte, wird im laufenden Schuljahr 2019/2020 mit dem Schulversuch „Islamunterricht“ ein religiöses Unterrichtsangebot erprobt, das – anders als ein Religionsunterricht im Sinne des Grundgesetzes – nicht bekenntnisorientiert sei. An diesem Versuch nähmen rund 150 Schüler der 7. Jahrgangsstufe sowie neun Lehrkräfte an sechs weiterführenden Schulen teil. Dieser Schulversuch sei „in alleiniger staatlicher Verantwortung ohne die Beteiligung von Religionsgemeinschaften organisiert“. Er soll im Schuljahr 2020/2021 auf die 62 Standorte, an denen derzeit Religionsunterricht in Kooperation mit Ditib Hessen erteilt werde, überführt werden.

DITIB-Bundesverband widerspricht
Ebenfalls am 28. April reagierte der DITIB-Bundesverband mit Sitz in Köln auf die ministerielle Entscheidung. Für ihn sei die Entscheidung des Kultusministeriums „nicht nur juristisch nicht nachvollziehbar“. Auch werfe sie in seinen Augen die Teilhabe deutscher Muslime „um Jahrzehnte zurück“. 2018 habe der hessische Landesverband strukturelle Veränderungen vorgenommen und realisiert. Darüber hinaus seien ach Strukturen geschaffen worden, „um die aus der Zusammenarbeit resultierenden Aufgaben noch professioneller umzusetzen und den Islamischen Religionsunterricht zu stärken“.

Für die DITIB sei der durch verantwortete Religionsunterricht in Hessen „ein Erfolgsmodell“ gewesen. Ein staatliches Angebot „Islamunterricht“, bei dem der eigentlich religionsneutrale Staat über Inhalte entscheide, sei „definitiv kein Ersatz“ und „juristisch nicht tragfähig“. DITIB zeigte sich enttäuscht über die ministerielle Entscheidung, „lässt es doch die Bemühungen und Leistungen von DITIB-Hessen in den letzten zwei Jahren komplett außer Acht und gibt den falschen Kräften in der Politik nach“.

Zentralrat der Muslime: Entscheidung überrascht nicht
Said Berkan, Vorsitzender des hessischen Landesverbandes beim Zentralrat der Muslime, kommentierte die Entscheidung vom Dienstag. Diese hätte politisch längst festgestanden, sodass man nicht überrascht sei. Nichtsdestotrotz würden muslimische Kinder und Jugendliche so mit dem nächsten Jahr um ihr Grundrecht auf einen regulären Religionsunterricht beraubt.

Die Entscheidung sei sowohl politisch falsch, meinte Berkan als auch verfassungsrechtlich nicht haltbar. Der islamische Religionsunterricht sei selbst nach der Mitteilung des Ministeriums ohne jede Beanstandung von deutschen Lehrkräften erteilt worden. Der einseitige Bezug auf das Isensee-Gutachten belege, dass die Beendigung des Religionsunterrichts „bereits beschlossene Sache“ gewesen sei.