Grüner Islam: Mit einem hochkarätigen Symposium leitete NourEnergy seine diesjährige GreenIftar-Kampagne ein.
„Wer verantwortungsvoll und gerecht handelt, wird beim Kauf und Verkauf nicht nur penibel auf Erlaubtes (halal) achten. Im selben Maße auch darauf, dass z. B. keine Kinderarbeit, umweltschädliche Substanzen oder Sklaverei ähnelnde Arbeitsbedingungen bei der Herstellung Anwendung fanden. Diese sind im Islam moralisch gesehen schlecht und kann daher auch nicht als ‘tayyib’ gesehen werden.“ Tanju Doganay
„Habibi, der Islam war schon immer grün“
(iz). Dass islamische Tradition und Umweltschutz nicht nur vereinbar sind, sondern dass prophetisches Vorbild und Lebenspraxis einen verantwortlichen Umgang mit der Schöpfung als Kalif Allahs erfordern, hat sich in den letzten 20 Jahren weltweit in innermuslimischen Diskursen durchgesetzt.
Dabei greifen die Vordenker und Praktiker der muslimischen Umwelt- und Klimabewegung nicht nur auf Begriffe zurück. Sie haben herausgearbeitet, was die praktischen Regeln der Scharia und der Zivilgesellschaft zu den heutigen Krisen zu sagen haben.
Die ökologischen Folgen des In-der-Welt-Seins hängen vom praktischen Verhalten ab und wie sich dieses auf die Mitschöpfung auswirkt. Das konkrete Dasein wird zudem von grundlegenden Konzepten wie dem Fetisch des ständigen Wachstums beeinflusst.
Foto: Sumaya Hisham
Im Ramadan steigt weltweit der Ressourcenverbrauch unter Muslimen
Ironischerweise erleben Fastende – insbesondere in den Wohlstandsinseln der Welt – diese Herausforderung im Ramadan. Obwohl der Fastenmonat eine Zeit des Verzichts, der Vergeistigung und der Entbehrung sein soll, steigen in vielen muslimischen Ländern Konsum und Ressourcenverbrauch.
Gegen diesen Trend gibt es seit einiger Zeit in verschiedenen Ländern Initiativen, die den Ramadan nutzen, um auf die Problematik des Ressourcenverbrauchs und den individuellen und gemeinschaftlichen Beitrag dazu aufmerksam zu machen. Vorreiter unter den Muslimen Deutschlands ist NourEnergy e.V.
Seit mehreren Jahren nutzt der Verein den Fastenmonat, um mit der Kampagne GreenIftar auf die Verantwortung im Umgang mit der Schöpfung hinzuweisen. Sinn und Zweck ist auch, andere zur Nachahmung anzuregen. Dabei geht es beileibe nicht nur um die Ersetzung von Wegwerf- durch Mehrweggeschirr. Das gesamte Verhalten von fastenden Muslimen bzw. ihren Gemeinschaften steht auf dem Prüfstein.
Foto: NourEnergy e.V.
Wohlwertigkeit im Fokus: Kampagne begann im Februar
NourEnergy startete am 10. Februar seine diesjährige Kampagne mit einem spannenden Symposium in der Kölner Zentralmoschee. Unter dem Titel „Back to the Roots“ gingen die Redner- und TeilnehmerInnen der Frage nach, in welchem Zusammenhang die qur’anischen Anforderungen von „halal“ und „tayyib“ stehen.
Dieser Punkt, der Gleichklang von erlaubten und vollwertigen Dingen, wurde auf dem Event gezielt herausgearbeitet. Und er ist jetzt Teil der nötigen Kategorien für ein „grünes“ Fastenbrechen.
NourEnergy betont einen wichtigen Aspekt: Es reicht nicht nur, dass bspw. Lebensmittel nach formalrechtlichen Kriterien „halal“ sind. Sie müssen gleichermaßen unter ökologischen und sozialen Rahmenbedingungen erzeugt werden, die dem islamischen Ethos entsprechen.
„Wir haben Triebe (an-nafs al-ammara), die wir ‘erziehen’ und in Halal-Bahnen lenken sollten, um unser Gewissen (an-nafs al-lawwama) zu beruhigen, damit wir glücklich sind (an-nafs al-mutmainna), um schließlich das Wohlgefallen Allahs zu erlangen (an-nafs al-mardiyya). Für viele reicht ein Halal-Siegel oder Zertifikat, um sein Gewissen zu erleichtern. Ohne die Rücksicht auf ‘tayyip’ kann dies aber nicht gelingen“, sagte Dr. Ali Özgür Özdil in Köln.
* NourEnergy hat mit „GreenIftar Guide“ einen Leitfaden zum nachhaltigen Verhalten im Ramadan veröffentlicht. Mehr Informationen unter: greeniftar.com/