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Muslime in Deutschland gegen Terror. Aufruf zur Deeskalation

Muslime KRM
Foto: Koordinationsrat der Muslime

Muslime fordern eine Deeskalation im Kriegsgebiet und in der Bundesrepublik. IGMG-Generalsekretär Mete bekräftigt Verurteilung von Terror.

Berlin (iz, dpa). Am Donnerstag hat sich der Koordinationsrat der Muslime in Deutschland (KRM) mit einer Stellungnahme an die Öffentlichkeit gewandt. Im „Aufruf zur Deeskalation“ wandte sich das Beratungsgremium hiesiger muslimischer Dachverbände an ein weiteres Publikum.

Ein Anlass dafür ist laut dem Text, dass „Religionsgemeinschaften immer wieder, und aktuell mit teils ungeheuren Unwahrheiten an den Pranger gestellt“ würden. Dies zielt auf die gegenwärtige Stimmungslage gegenüber muslimischen Religionsgemeinschaften ab.

Muslime lehnen Terror der Hamas ab

Wie direkt nach dem 8. Oktober verurteilt der KRM „den terroristischen Anschlag gegen die Zivilbevölkerung in Israel durch die Hamas“. Man verurteile diesen, er sei „nicht zu rechtfertigen“. Auch sei in den meisten Moscheen am darauffolgenden Freitagsgebet für den Frieden gebetet und zur Deeskalation und Besonnenheit aufgerufen worden.

„Dennoch erleben wir, dass Teile der Politik, die Beiträge der Religionsgemeinschaften bewusst ignorieren und von ihnen genau das einfordern, was sie ohnehin bereits mehrfach leisten. Es werden bewusst Falschinformationen gestreut, wie die Behauptung, Muslime hätten sich nicht distanziert“, schreibt der KRM.

Dabei werde ausgeblendet, dass es sich bei den Verantwortlichen der Aktion in Berlin-Neukölln am 7. Oktober um „einen marxistisch-nationalistischen Verein“ handle. Dass Muslime sich jetzt für das Vorgehen von Areligiösen verantworten müssten, sei ein Novum sowie eine neue Eskalationsstufe.

Dachverband ruft zur Deeskalation auf

Auch hierzu riefen die KRM-VertreterInnen zur Deeskalation auf –  nicht nur im Kriegsgebiet, sondern auch in Deutschland. Entwicklungen wie Sympathiebekundungen in der Bundesrepublik sowie den versuchten Brandanschlag auf eine Berliner Synagoge zeigten, „dass dringend Schritte zur Deeskalation unternommen werden müssen. In Gesprächen mit ministeriellen Vertretern in den vergangenen Tagen wurde die zusammenhalt- und friedenstiftende Rolle der islamischen Religionsgemeinschaften betont“.

Es sei selbstverständlich, dass Verherrlichung von Terror und Gewalt „nicht geduldet werden darf“. Dafür gebe es Gesetze und Möglichkeiten des Staates, die konsequent angewandt werden müssten. „Antisemitismus und antimuslimischer Rassismus dürfen wie jede andere Form der Menschenfeindlichkeit keinen Platz in unserer Gesellschaft haben. Als Religionsgemeinschaften setzen wir uns stetig dafür ein, damit der Hass keinen Weg in die Herzen findet.“

Dem Ziel einer Entspannung der Stimmung ist es nach Ansicht des KRM abträglich, wenn „das Eintreten für das würdevolle Leben eines Volkes“ als Terrorverherrlichung definiert würde. „Den Hinweis auf Verhältnismäßigkeit bei der Ausübung des Rechts auf Selbstverteidigung als Relativierung schändlicher Terrorattacken zu deuten und zu unterbinden, hilft nicht den Menschen in Israel und Palästina, die seit Jahrzehnten unter dem Konflikt leiden. Ebenso wenig bietet der Terror einen Beitrag zur Konfliktlösung in der Region.“

Die gegenwärtige Delegitimierung solcher Perspektiven trage nicht zur Deeskalation bei. Dies führe zu „Verunsicherung, Vertrauensverlust und zu einem Ohnmachtsgefühl“.

Foto: KRM, Facebook

Der KRM verurteilt „den Terror gegen die Zivilbevölkerung in Israel durch die Hamas“. Er rufe dazu auf, „die Gewalt zu beenden und die Geiseln unverzüglich freizulassen“.

Er verurteilt „die unsäglichen Angriffe auf jüdisches Leben und Synagogen in Deutschland und stehen dafür ein, dass der Hass nicht Deutschland erreicht. Wir sind solidarisch mit unseren jüdischen Nachbarn. Antisemitismus darf keinen Platz in unserer Mitte haben“.

Er ruft zur militärischen und politischen Deeskalation sowie zum Ende der Gewalt auf. Und wünscht sich von der deutschen und internationalen Politik, „ihre Möglichkeiten für eine Deeskalation wahrzunehmen und dringend nach Wegen zu suchen, um das Blutvergießen schnellstmöglich zu beenden“. Die Staatengemeinschaft müsse eine nachhaltige Lösung des Konflikts herbeiführen.

Muslime in Deutschland seien „Teil der Gesellschaft und leisten einen wichtigen Beitrag für das Gemeinwohl“. Sie seien Teil der Lösung. Neben den KRM-Mitgliedern wurde der Aufruf von den Schuren Hamburg, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, Bremen und Schleswig-Holstein sowie der Islamischen Glaubensgemeinschaft Baden-Württemberg unterzeichnet.

Pressebild: IGMG

IGMG-Generalsekretär Mete bekräftigt Ablehnung von Terror

In der aktuellen Printausgabe „Der ZEIT“ vom Donnerstag erschien ein ganzseitiges Streitgespräch der grünen Bundestagsabgeordneten Lamya Kaddor mit IGMG-Generalsekretär Ali Mete. Darin wiederholt er seine vorherige Zurückweisung des Terrors seitens der Hamas.

„Das ist ein terroristischer Anschlag, ohne Wenn und Aber. Ich bin eigentlich ein sehr nüchterner und ruhiger Mensch, aber manchmal werde ich auch emotional, wie jetzt.“ Seine Gemeinschaft lehne jede Art von Gewalt ab. Für sie sei Unrecht immer Unrecht; ungeachtet, von wem es ausgehe.

Als Teil der islamischen Gemeinschaft und der deutschen Gesellschaft, der hier die historischen Hintergründe gelernt habe, „wenn man also weiß, warum es für Deutschland Staatsräson ist, das Existenzrecht Israels zu verteidigen“, dann sei das „natürlich auch Teil meiner Geschichte hier in Deutschland als Muslim“.

Er fände es persönlich falsch, warf Mete ein, „in dieser hitzigen Situation für Palästina zu demonstrieren“. Kritik an muslimischen Verbänden, wonach sie sich zu spät und zu zögerlich von den Anschlägen distanziert hätten, wies er zurück. Kritik übte Mete am gegenwärtigen Diskussionsklima. „Die Atmosphäre ist gerade nicht gut für eine sachliche Diskussion. Alles ist sehr emotional, und das verstehe ich.“ 

Existierende positive Zeichen von muslimischer Seite würden übersehen. „Es gab vor wenigen Tagen eine gemeinsame Erklärung der Schura Niedersachsen mit Jüdischen Gemeinde dort zum Krieg im Nahen Osten.“ Das habe er begrüßt. Es habe diverse Besuch von muslimischen Vertretern bei jüdischen Gemeinden gegeben.