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Neue Runde der Islamkonferenz: Wird das Narrativ von „guter“ gegen „böser“ Muslim fortgesetzt?

Foto: A. Bas, Twitter

Wie entwickelt sich der Islam in Deutschland? Seit 2006 befasst sich damit die Deutsche Islamkonferenz. Das Forum für den Dialog zwischen Staat und Muslimen hat viel erreicht – und krankt doch an Widersprüchen.

Berlin (KNA/iz). Am Mittwoch startet in Berlin die fünfte Phase der Deutschen Islamkonferenz (DIK). Eingeladen hat das Bundesinnenministerium erneut sowohl Vertreter der konservativen islamischen Dachverbände als auch progressive Muslime.

Die Auftaktrede von Innenministerin Nancy Faeser (SPD) könnte Signale für die Stärkung eines liberalen Islam und gegen die Verfestigung von Parallelgesellschaften setzen. Die Opposition wirft ihr einen Kuschelkurs gegenüber Fundamentalisten und die Verharmlosung von Defiziten bei der Integration vor.

Organisationen, die vom Verfassungsschutz beobachtet werden, seien wie schon früher nicht dabei, betont das Ministerium. Es gehe darum, die Vielfalt muslimischen Lebens abzubilden, das gesellschaftliche Engagement von Muslimen zu fördern und Islamfeindlichkeit vorzubeugen.

Die DIK zählt als Forum für den Dialog zwischen Staat und Muslimen und ihre Beheimatung in Deutschland zu den gelungeneren integrationspolitischen Kapiteln der Ära Merkel. Seit 2006 haben ihre Gremien und Arbeitsgruppen wichtige Fortschritte gebracht. Der Aufbau islamisch-theologischer Seminare an deutschen Universitäten, die Etablierung einer deutschsprachigen Imamausbildung und der Anschub von islamischem Religionsunterricht waren Meilensteine. In gemeinsamen Erklärungen bekannten sich die DIK-Mitglieder unter anderem zu den Werten des Grundgesetzes oder zur Geschlechtergerechtigkeit und starteten Initiativen gegen Radikalisierung und Extremismus.

Daneben ging es um praktische Belange wie Wohlfahrt, Altenpflege, Bestattungswesen und Krankenhausseelsorge. Zu den offenen Baustellen zählt die Militärseelsorge, die es etwa für Juden in der Bundeswehr längst gibt.

Eine Studie im Auftrag der DIK lieferte im April 2021 aktuelle Zahlen: Demnach lebten damals bis zu 5,6 Millionen Musliminnen und Muslime in Deutschland, fast eine Million mehr als vor der Flüchtlingskrise und nur noch knapp die Hälfte davon türkischstämmig. Über 80 Prozent der Befragten bezeichneten sich als stark oder eher gläubig, deutlich mehr als unter Christen.

Das wohl wichtigste Ergebnis der Studie: Die große Mehrheit der Teilnehmenden fühle sich mit Deutschland stark verbunden. Tatsächlich haben weniger als ein Fünftel stärkere Bindungen an das Herkunftsland als an das Land, in dem sie leben. Fast die Hälfte der Musliminnen und Muslime in Deutschland haben die deutsche Staatsbürgerschaft.

Was ist die DIK?

Die Deutsche Islamkonferenz (DIK) ist die zentrale Dialogplattform zwischen Staat und Muslimen in Deutschland. Sie soll die religions- und gesellschaftspolitische Integration der mehr als fünf Millionen Muslime voranbringen. 2006 wurde sie vom damaligen Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) ins Leben gerufen.

In den vergangenen 16 Jahren hat die DIK wichtige Ergebnisse erzielt. Dazu zählen der Aufbau islamisch-theologischer Seminare an deutschen Universitäten, die Förderung der Imamausbildung und des islamischen Religionsunterrichts als Schulfach. Daneben ging es um praktische Fragen wie ein islamisches Wohlfahrtswesen, Altenpflege und Bestattungen auf deutschen Friedhöfen. In gemeinsamen Erklärungen bekannten sich die DIK-Mitglieder unter anderem zu den Werten des Grundgesetzes und zur Geschlechtergerechtigkeit.

Zur DIK eingeladen sind wieder Vertreter der als „konservativ“ geltenden islamischen Dachverbände wie DITIB und Zentralrat der Muslime in Deutschland wie auch muslimische Einzelpersonen, die oft für einen „liberalen Islam“ stehen. In den früheren DIK-Phasen kam es zu teils heftigen Kontroversen zwischen beiden Seiten.

„Progressive“ Muslime warfen dem Staat vor, die Verbände als Gesprächspartner zu hofieren, obwohl sie kein echtes Interesse an der Integration von Muslimen in die westliche Gesellschaft hätten, sondern lediglich die Gleichstellung mit den Kirchen anstrebten. Andererseits repräsentieren die Verbände den Großteil der Moscheegemeinden in Deutschland. Beim Dialog über religiöse Fragen wie die Ausbildung deutschsprachiger Imame ist der Staat auf sie angewiesen.