Pressemitteilung der Internationalen Liga für Menschenrechte zur Initiative angesichts der NSA-Enthüllungen

Die Anfang Februar von Internationaler Liga für Menschenrechte (Berlin), ChaosComputerClub (Hamburg) und Digitalcourage e.V. (Bielefeld) erstattete Strafanzeige gegen Bundesregierung und Geheimdienst-Verantwortliche (www.ilmr.de) hat angesichts der allgemeinen Lethargie und Ratlosigkeit nach den unglaublichen NSA-Enthüllungen wie ein Ventil gewirkt, das plötzlich geöffnet wird: Etwa 3.000 Menschen haben sich bisher gemeldet und ihre Unterstützung angeboten; knapp 2.000 Einzelpersonen und einige Vereinigungen haben die Strafanzeige inzwischen mitgezeichnet, so etwa das Whistleblower-Netzwerk, das Forum InformatikerInnen für Frieden und gesellschaftliche Verantwortung (FIfF) und die Piratenpartei.

Das Berliner Anwaltsbüro Schultz & Förster, das die Anzeige fertigte, hat heute dem Generalbundes­anwalt die Personen und Vereinigungen mitgeteilt, die sich von der anlasslosen Massenüberwachung direkt betroffen fühlen und deshalb die Strafanzeige auch in ihrem Namen erstattet sehen wollen. Dazu Liga-Vizepräsident Rolf Gössner, der zu den Ersterstattern der Anzeige gehört: „Jetzt ist die Bundesanwaltschaft am Zug, endlich Ermittlungsverfahren einzuleiten. Nachdem die Bundesregierung ihre Schutzpflicht gegenüber der Bevölkerung so sträflich verletzt, sind nun Gerichte und Bundestag gefordert, die Verflechtungen der deutschen Geheimdienste in diese ungeheuerliche NSA-Affäre zu entwirren, die politisch und strafrechtlich Mitverantwortlichen in Regierung und Geheimdiensten ausfindig zu machen und zur Rechenschaft zu ziehen. Die bisherige Regierungspolitik des Verharmlosens und Beschwichtigens ist eines demokratischen Rechtsstaats unwürdig.“

Die Liga begrüßt die Einsetzung eines NSA-Untersuchungsausschusses des Bundestags und unterstützt die Forderung, Edward Snowden als sachverständigen Zeugen vor dem Untersuchungsausschuss zu vernehmen. Diese Forderung hatten bereits die Anzeige-Erstatter in ihrer Strafanzeige in Bezug auf das einzuleitende Strafermittlungsverfahren gegen Geheimdienste und Bundesregierung aufgestellt – unter der Voraussetzung, dass Snowden der notwendige Schutz vor Auslieferung in die USA bzw. vor Kidnapping durch US-Spezial-Kommandos gewährleistet wird.

Die Bevölkerung erwartet eine rückhaltlose Aufklärung sämtlicher Kooperationen und Verstrickungen bundesdeutscher Geheimdienste in den transatlantischen Geheimdienstverbund und damit in die NSA-Affäre. Und sie erwartet durchgreifende Konsequenzen aus diesem Überwachungsskandal – Konsequenzen, die an die Substanz des ausufernden und unkontrollierbaren Geheimdienst-Unwesens gehen müssen. Geheimdienste stehen nicht über Gesetz und Verfassung! Diesem demokratischen Grundsatz muss auch hierzulande endlich wieder Geltung verschafft werden!