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Tipps & Tricks: Wie funktioniert solidarische Landwirtschaft?

Ausgabe 320

Foto: nednapa2018, Freepik.com

(iz). Einkauf, Zubereitung und der Verzehr unserer Nahrung gehören zu unseren wesentlichsten Handlungen. Dabei haben nicht nur Lebensmittelskandale, ungerechte Produktionsbedingungen in armen Teilen der Welt sowie die ökologischen Kosten der heutigen Landwirtschaft das Gespür vieler für die Fragwürdigkeit bei Erzeugung und Vertrieb geschärft.

Das gestiegene Umweltbewusstsein ist sich der mangelnden Nachhaltigkeit der industriellen Produktion bewusst. Monokulturen, Insektensterben, der massive Einsatz von Chemikalien – all das sind Argumente für Alternativen. Daneben gibt es einen wachsenden Unwillen, die bisherige Massentierhaltung weiterhin zu betreiben. Es ist bedauerlich, dass diese Anliegen von der Halal-Industrie gar nicht oder kaum aufgegriffen werden.

Zu den Alternativen gehören unter anderem Projekte der Solidarischen Landwirtschaft (SoLaWi), Einkaufsgemeinschaften, Bauernmärkte, Selbsterntegärten, Tierpatenschaften und andere Modelle. Sie lösen die Arbeitsteilung und Entfremdung der Verbraucher vom Landbau ein Stück weit auf. ErzeugerInnen und VerbraucherInnen können wieder miteinander kooperieren, ihre Bedürfnisse abstimmen und ihre individuellen Möglichkeiten vervielfältigen.

Während in der konventionellen Landwirtschaft Stadtnähe wegen des Konkurrenzdrucks bei Flächen eher zum Problem werde, könne sie für alternative Projekt ein Vorteil sein. „Gemeinsam mit Gruppen von gesundheits- und umweltbewussten beziehungsweise konsumkritischen Akteuren entstehen neue Geschäfts- oder Betreibermodelle wie Genossenschaften oder die solidarische Landwirtschaft, bei denen Aspekte wie Transparenz, Solidarität und eine ressourcenschonende Produktion im Mittelpunkt stehen“, hieß es in einer Studie der letzten Jahre.

Einen Ursprung hat die SoLaWi im Japan der 1970er Jahre. Damals taten sich Mütter zusammen und gaben einem Landwirt eine Abnahmegarantie seiner Produkte, wenn er bereit war, auf den Einsatz von Pestiziden zu verzichten. Heute ist der kleine Ansatz auf ein praktikables Modell mit unzähligen Teilnehmern gewachsen, das Millionen mit frischem Obst und Gemüse versorgt. Dieses Vorbild fand viele Nachahmer in den USA. Dort heißt es „Community Supported Agriculture“. Rund 6.000 Farmen produzieren in diesem Rahmen Lebensmittel für mehrere Hunderttausende Verbraucher.

Längst sind diese Konzepte bei uns angekommen. Die SoLaWi, beispielsweise im Bundesnetzwerk Solidarische Landwirtschaft, hat große Pläne: Man will Konkurrent werden für Lebensmitteldiscounter und Biosupermärkte. Ein entscheidender Unterschied besteht darin, dass nicht mehr der Markt die Arbeit der Bauern dominiert. In einem regionalen Wirtschaftskreislauf fließen die Produkte an die Teilnehmer, die ihn organisieren und finanzieren. „Solidarische Landwirtschaft“, heißt es auf der Webseite des Netzwerkes, „fördert und erhält eine bäuerliche und vielfältige Landwirtschaft, stellt regionale Lebensmittel zur Verfügung und ermöglicht Menschen einen neuen Erfahrungs- und Bildungsraum“.

Das Modell sei „eine innovative Strategie für eine lebendige, verantwortungsvolle Landwirtschaft“. Gleichermaßen sichere sie die Existenz von Bauern und Höfen. Verallgemeinert gesagt sieht das SoLaWi-Modell wie folgt aus: Bauernhöfe oder Gartenbaubetriebe schließen sich mit Privathaushalten zusammen. Die Basis für das betriebswirtschaftliche Gelingen stellt eine Schätzung der Jahreskosten des Betriebs dar. Hier verpflichten sich die MitlandwirtInnen nicht zur Finanzierung einzelner Produkte, sondern des Gesamtbetriebs. Daraus errechnet sich dann ein – je nach Wirtschaftsleistung individueller – Jahresbetrag, der monatlich an den Hof gezahlt wird. Diese Finanzierung ermöglicht es, „sich unabhängig von Marktzwängen einer guten landwirtschaftlichen Praxis zu widmen, den Boden fruchtbar zu erhalten und bedürfnisorientiert zu wirtschaften“.

Im Gegenzug erhalten die TeilnehmerInnen die Ernte sowie Folgeprodukte wie Brot, Käse usw., „sofern der Solidarhof sie herstellt“. Der persönliche Bezug mache die gegenseitige Verantwortung bewusst. „Die Mitglieder erleben, wie ihre Ernährungsentscheidung die Kulturlandschaft gestaltet, soziales Miteinander, Naturschutz und (Arten-)Vielfalt ermöglicht und so eine zukunftsfähige Landwirtschaft stattfinden kann.“