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Was tun nach Hanau?

Ausgabe 297

Foto: Freepik.com

Nach dem tödlichen Anschlag von Hanau am Abend des 19. Februar, bei dem 9 Menschen mit einem „Migrationshintergrund“ ums Leben kamen sowie weitere verletzte wurden, haben sich Stimmen aus verschiedenen Lebensbereichen zu Wort gemeldet. Das Spektrum der Wortmeldungen variierte von den zu erwartenden Trauer- und Betroffenheitsbekundungen bis hin zur substanziellen Kritik an den Verhältnissen, die solch eine Tat erleichterten.

(iz/KNA). „Angriffe auf Shishabars, Moscheen, Minderheiten betreffen nicht nur Minderheiten“, schrieb das bundesweite Netzwerk neue deutsche organisationen (ndo). Es seien Angriffe auf das gesamte demokratische System. „Und seit Jahren warnen Schwarze Menschen und People of Color vor zunehmender rassistisch motivierter Hetze und Angriffen und weisen darauf hin, dass Rassismus tötet.“

Das Internationale Auschwitz Komitee hat am 19. Februar sein Entsetzen über die Gewalttat im hessischen Hanau ausgedrückt. Auschwitz-Überlebende in aller Welt würden in den mutmaßlichen Morden eine neue Demonstration der Macht rechtsextremen Hasses sehen, „der immer alltäglicher wird und überall auftreten kann“, sagte Christoph Heubner, Exekutiv-Vizepräsident des Komitees in Berlin. Terroristische Einzeltäter seien in der „virtuellen Welt des rechten Hasses ­bestens vernetzt“ und sähen sich von Parteien wie der AfD „getragen“.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier ­betonte, er stehe an der Seite aller Menschen, „die durch rassistischen Hass bedroht werden“. Er sei überzeugt davon, dass die große Mehrheit der Deutschen die Tat verurteile. „Wir werden nicht nachlassen, für das friedliche Miteinander in unserem Land einzustehen.“ Steinmeier besuchte Hanau am 20. Februar und sprach auf seinem Marktplatz.

Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Staatsministerin Annette Widmann-Mauz (CDU), erklärte, die „niederträchtigen Morde von Hanau treffen uns ins Mark“. Nach allem, was bekannt sei, habe „der rechtsextreme Terror erneut seine widerlichste Fratze gezeigt: Mord aus purem Hass – Mord aus rassistischen Motiven“. Sie hob hervor, niemand dürfe wegen seiner Religion oder seiner Herkunft bedroht werden und sein Leben verlieren. „In keiner Shisha-Bar, in keinem Döner-Imbiss, in keiner Synagoge oder Moschee darf es noch einmal zu so einer schrecklichen Tat kommen.“

Als eine der Konsequenzen forderten die Bundestagsgrünen die Einrichtung eines Bundesbeauftragten für Rassismus. Er oder sie müsse „entschieden alle Maßnahmen der Bundesregierung zur Bekämpfung von Rassismus in jeglicher Form, auch antimuslimischen Rassismus, wirksam bündeln“, hieß es in einem am 22. Februar in Berlin veröffentlichten ­Papier. Notwendig seien ferner „dauerhafte und umfangreiche finanzielle Förderungen für Projekte und Organisationen, die sich ­gegen Rassismus, Antisemitismus, Islamfeindlichkeit und jede Form von gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit einsetzen“.

Zekeriya Altug, Sprecher des Koordinationsrates der Muslime in Deutschland, bezeichnete die Hanauer Tat am 21. Februar als die „traurige Spitze einer rassistischen und islamfeindlichen Kultur“. Die „Zeit der Worte“ sei vorbei, denn die Muslime hätten Angst.

„Die Anzahl rechtsmotivierter Angriffe, insbesondere auf die Moscheen und Muslime steigen an“, schrieb die Schura Rheinland-Pfalz in einer Pressemitteilung. „Vor kurzem wurden bundesweit geplante Terroranschläge auf mehrere Moscheen durch die Sicherheitskräfte verhindert. Und heute erreichte uns die schockierende Nachricht aus Hanau.“ Es sei höchste Zeit die kritische Gefährdungslage von Rechtsextremismus gesamtgesellschaftlich richtig einzuschätzen.

„Die Angehörigen der Opfer von Hanau werden den Rest ihres Lebens ohne ihre Liebsten verbringen müssen. Auf die Frage nach dem ‘Warum?’ werden sie keine Antwort finden, die ihnen Trost verschafft“, schrieb die Alhambra Gesellschaft in einer Stellungnahme auf ihrer Webseite. „Denn die Antwort auf die Frage nach dem ‘Warum?’ der Anschläge von Hanau ist so simpel wie unerträglich. In unserer Gesellschaft gibt es in weiten Teilen die Überzeugung, dass bestimmte Gruppen von Menschen, anderen Gruppen von Menschen überlegen seien. Das ist der Nährboden, auf dem dieser erste Keim der Überlegenheitsvorstellung heranwächst bis er letztlich Früchte der (…) Tötungsrechtfertigung trägt.“