Das Benehmen des Propheten war eine Reflektion der qur’anischen Weisheiten. Von Schaikh ‘Abdalhaqq Bewley

Ausgabe 207

(iz). Ganz zu Beginn der Sura Al-Muminun findet sich eine aus­gedehnte Passage, in der Allah, der Erhabene, die Muminun, die Gläubigen, beschreibt. Und diese Aufzählung ist nicht ihrem Glauben gewidmet, sondern dem, was sie tun. Und diese erwähnten Handlungen decken jeden Lebensbereich ab. Dies gilt für viele Qur’anverse, die verständlich machen, dass der Iman (Glaube) einer Person von äußerlichen Handlungen begleitet sein muss. Und dass diese Handlungen ein wesentlicher Bestandteil eben dieses Glaubens sind, ohne die jener Glaube mangelhaft bleibt. Auch wenn Iman im Herzen ist, so muss er sich auf den (Körper-)Gliedern – in der Zone des Verhal­tens – abspielen.

Wir wissen, wie der Prophet, möge ­Allah ihn segnen und ihm Frieden ­geben, im bekannten Hadith von Dschibril den Iman bestimmte: Glaube an Allah, die Engel, die Bücher, die Gesandten, den Jüngsten Tag und das Schicksal. All dies ist eindeutig eine Frage des Inneren. Aber bei einer anderen Gelegenheit sagte er einer Besuchergruppe: „Wisst ihr, was Iman in Allah ist? Es ist die Bezeugung, dass es keinen Gott außer Allah gibt, die Etablierung des Gebets, die Bezahlung der Zakat, das Fasten im Ramadan (…).“ Damit machte er den Glauben zu einer Frage der äußeren Handlung. Und bestätigte dies bei vielen, anderen Gelegenheiten.

Er sagte beispielsweise: „Iman hat mehr als sechzig Zweige. Der beste davon ist das Aussprechen von ‘Es gibt keinen Gott außer Allah’ und der geringste ist die Entfernung von etwas, das auf einer Straße Schaden anrichten könnte. Und Bescheidenheit ist ein Teil des Iman.“ Dies platziert Iman in die Zone der Handlung und des äußeren Verhaltens. Mehrere, andere Hadithe beginnen mit den Worten: „Ein Sklave ist kein wahrer Mumin, bis …“ Und vergleichbare Ausdrücke verweisen auf diese gleiche Sache in ­einer sehr ausgesprochenen Art und Weise. Beispiele dafür sind die Worte des Propheten, möge Allah ihn segnen und ihm Frieden geben, „ein Sklave [Allahs] glaubt nicht mit vollem Iman, solange er ­Lügen im Scherz aufgibt und vom Streit ablässt, selbst wenn er im Recht ist“ oder „ein Sklave glaubt nicht, bis seine Zunge und sein Herz im Einklang sind, bis sein Nachbar sich vor seinem üblen Verhalten ist und bis sich seine Worte nicht von seinen Taten unterscheiden“. Der Gesandte Allahs sagte ebenfalls: „Wer ­seinen Nachbarn nicht großzügig ehrt, glaubt nicht wahrhaft an Allah.“

Ohne länger bei diesem Punkt verharren zu wollen: Sowohl der Qur’an, als auch die Hadith-Literatur besagen eine Sache. Es gibt keine harte und einfache Trennung zwischen dem Inneren und dem Äußeren, zwischen Handlung und Absicht, zwischen Glaube und Verhalten. Sie beeinflussen sich ­wechselseitig und arbeiten gemeinsam in einem Prozess der Reinigung und Erleuchtung des Herzen. Sie führen zu spirituellem Wachs­tum und wirklich effektivem Verhalten. Damit meine ich Handlung, die tatsächlich eine Veränderung der ­Dinge zum Besseren bewirkt.

Einer der Wege, wie der Islam im Laufe der Zeit verändert wurde, ist, dass er in einzelne Elemente aufgeteilt wurde. Es kam zu einer Art Strukturalisierung, die ihm eine Form verlieh, die sich von der ursprünglichen unterschied. Verschiedene Wissenschaften des Dins entstanden, jede mit ihren besonderen Vertretern und mit einer eigenen Terminologie. Das Studium der Scharia wurde zu einer Angelegenheit der Fuqaha. Der Qur’an wurde zu einem Fachgebiet der Mufassirun. Dem Studium von Iman und ‘Aqida widmeten sich die Mutakallimun. Ihsan und Tazkija wurden zur Arena für die Leute des Sufismus usw.

Ich will diese Entwicklungen in ­keiner Weise schlecht machen. Tatsächlich waren sie unausweichlich und unverzichtbar für den Schutz und die Bewahrung des Dins. Aber ihre Wachstum und ihre Ausbreitung signalisierten einen bedeutenden Wandel für die Art und Weise, wie der Islam in späteren Zeiten verstanden und praktiziert wurde – im Vergleich zur Zeit der ersten Gemeinschaft. In den frühen Tagen des Islam waren all diese verschiedenen Elemente gegenwärtig, aber sie blieben implizit und nicht getrennt in der Praxis und im Verständnis der ersten Muslime und ihrer unmittelbaren Nachfolger.

Dies musste nicht spezifiziert und getrennt werden. Sie ­waren allesamt Teil der Weise, wie die Leute ihren Din verstand und wie sie ihre ­Leben führten. Erst später wurden diese verschiedenen Aspekte des Dins isoliert und Gelehrte begannen, sich auf den einen oder anderen zu spezialisieren. Dadurch teilten sie den Din in einzelne Teile auf.

Dieser – mehrteilige Text – ist die gestraffte Übersetzung eines längeren Vortrags.