(iz). Es ist nicht so, dass Wintersport mich großartig interessieren würde. Eher kommt mir das Ganze so vor wie 30 verschiedene Arten von Skifahren oder ähnlichem. Wer aber Nachrichten liest oder schaut, kommt nicht daran vorbei, von Sotschi gehört zu haben. In Dabei geht es ab und an um Sport, aber nervtötend oft um Politik. „Putins Spiele“ titeln öffentlich-rechtliche Medien und es stellt sich die Frage, worauf der Fokus nun liegt. Wer spielt hier wirklich?
Berlin der 11. Februar: Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit empfängt zwei Mitglieder der russischen Punkband „Pussy Riots“, die in den letzten Jahren viel Aufsehen erregte. Herrliche Erinnerungen, oder? Da war endlich wieder Kalte-Krieg-Stimmung in der Berichterstattung. Selbstverständlich muss die weltoffene Stadt Berlin („arm, aber sexy“) die tapferen Kämpferinnen für „Freiheit“, die in Russland 20 Monate in Haft saßen, gebührend empfangen. Zu ihren symbolträchtigen Aufopferungen für die Menschenrechte gehörte unter anderem die Erstürmung einer kirchlichen Zeremonie und eine anschließend lautstarke Tanzeinlage in neonfarbenen Ganzkörperanzügen. Freiheit vom Feinsten. Was ist das beste Statement gegen einen Staat, dem man mangelnden Fortschritt vorwirft? Richtig, massenhafter Geschlechtsverkehr in einem Museum.
Die Sowjets sind böse, das weiß jeder im Westen und die Jüngeren sollen nun auch wissen, dass Russland böse ist. Und jeder, der gegen Russland ist, ist für die Freiheit, für Europa, für den Westen und für süße Babykatzen. Werte, gegen die man einfach nicht sein darf. Diese Freiheit hat man im freiheitlichen Westen nicht. Nun, ich bin kein Russland-Fan.
Nur: Ich könnte Sport vertragen und nach Sotschi zu schauen, vermiest mir zurzeit die Lust auf Sport, bei all den politischen Bannern. Die Schuld für Gewichtszunahme jemand anderem zuschieben… Check.
Es ist eine altbekannte Geschichte, wenn man nun erklären möchte, warum jeder Staat irgendwie und irgendwo unmoralisch ist, das ersparen wir uns. Medienqualität ist es, die ich bemängle und wir wissen, dass diese schon immer etwas fragwürdig war. Mobbing im großen Stil: Russland ist das dicke Kind in der Klasse und jeder darf Witze machen. Muslime sind die Nerds, auf denen darf man auch rumhacken. Muslime haben damit aber kein großes Problem, eher stören sie die Schummler, die so tun, als seien sie Nerds, aber in Wahrheit gar nicht lernen.
Schlichtende Worte oder nüchterne Dialoge sind langweilig, deswegen muss man offensiv mit Ängsten Geld machen und das nicht selten auf Geheiß einer politischen Agenda. Aber unsere Agenda ist Moral.
