
Einürgerung: Migranten, die eine Arbeit haben und gut integriert sind, sollen nach dem Willen der Bundesregierung künftig leichter in Deutschland eingebürgert werden können. Ein Gesetzentwurf dazu stößt auf geteilte Reaktionen. Von Michael Kinnen
(KNA). Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hat einen Gesetzentwurf für ein neues Einbürgerungsrecht vorgelegt. Berufstätige und gut integrierte Migranten sollen demnach künftig schneller an einen deutschen Pass kommen. Bis zum Sommer will das Kabinett den Gesetzentwurf verabschieden.
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Einbürgerung bereits nach fünf Jahren
Er sieht vor, dass Migranten bereits nach fünf statt bisher acht Jahren eingebürgert werden können. Auch eine doppelte Staatsbürgerschaft ist möglich. Besonders gut integrierte Menschen könnten bereits nach drei Jahren einen deutschen Pass erhalten. Hier komme es auf Sprachkenntnisse, besondere Leistungen im Job und soziales Engagement an. Mit dem Gesetz solle die dringend benötigte Fachkräftegewinnung erleichtert werden, erklärte Faeser.
Rassismus, Antisemitismus oder jede andere Form von Menschenfeindlichkeit stehe einer Einbürgerung entgegen. Die Staatsanwaltschaften müssen nach dem Gesetzentwurf künftig den Staatsangehörigkeitsbehörden auf Anfrage Informationen über Straftaten mitteilen, die aus menschenverachtenden Beweggründen begangen wurden.
Als Kriterium nennt der Gesetzentwurf neben dem Bekenntnis zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung auch die Sicherung des Lebensunterhalts. Für Gastarbeiter, die vor 1974 in die Bundesrepublik und für Vertragsarbeitnehmer, die bis 1990 in die ehemalige DDR eingereist sind, soll es erleichternde Ausnahmen etwa bei den Sprachtests und beim eigenständigen Bestreiten des Lebensunterhalts geben.
Familien mit minderjährigen Kindern sollten ebenfalls von der Regelung zum Lebensunterhalt profitieren, wenn ein Ehegatte oder eingetragener Lebenspartner in Vollzeit erwerbstätig ist.
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Türkische Gemeinde begrüßte die Reform
Die Türkische Gemeinde in Deutschland (TGD) begrüßte die geplante Reform, warnte aber davor, dass personelle und strukturelle Engpässe in den Behörden die Einbürgerung erschweren könnten. Ebenso dürfe es keinen „generellen Gesinnungstest“ geben, sagte der Bundesvorsitzende der TGD, Gökay Sofuoglu, den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Den Ausschluss von Menschen, die Sozialleistungen für den Lebensunterhalt beziehen, kritisierte der Vorsitzende des Bundeszuwanderungs- und Integrationsrates, Memet Kilic.
Dies werde einbürgerungswillige verletzliche Gruppen wie Alleinerziehende hart treffen. Während die Grünen die geplanten Einbürgerungserleichterungen als Chance zur gleichberechtigten Teilhabe bezeichneten, sehen die Union und AfD die Integrationschancen durch eine mögliche doppelte oder schnellere deutsche Staatsbürgerschaft erschwert. Die Einbürgerung müsse am Ende eines Integrationsprozesses stehen, nicht am Anfang. Die doppelte Staatsbürgerschaft solle die Ausnahme bleiben.
Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) schrieb auf Twitter, die Erleichterung für Migranten, „die von ihrer eigenen Hände Arbeit leben“, zeigten, dass „eine Einwanderung in den Arbeitsmarkt und nicht in den Sozialstaat“ gewollt sei.
Nach Angaben des Bundesinnenministeriums lebten Ende 2021 rund 10,7 Millionen Menschen mit ausländischer Staatsangehörigkeit in Deutschland, von denen sich rund 5,7 Millionen bereits seit mindestens zehn Jahren in Deutschland aufhielten. Im EU-Vergleich habe Deutschland eine besonders niedrige Einbürgerungsrate.