Erdogan will Kopftuchverbot mit „Demokratiepaket“ kippen

Lange war das Verbot von Kopftüchern im türkischen Staatsdienst heftig umstritten. Ministerpräsident Erdogan will es nun nur noch für die Justiz und die Sicherheitskräfte gelten lassen und verspricht seinem Land mehr Demokratie.

Istanbul (dpa). Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan will das in der Türkei lange umstrittene Kopftuchverbot aufheben. Das kündigte er in einem „Demokratiepaket“ für sein Land an. Als Teil seiner Reformpläne sagte er am Montag in Ankara zugleich eine Stärkung kultureller Rechte von Volksgruppen, einen verbesserten Datenschutz sowie Gesprächsbereitschaft über die in der Türkei für den Einzug von Parteien ins Parlament geltende Zehn-Prozent-Hürde zu. Zudem soll Diskriminierung und Aufhetzung künftig stärker bestraft werden, berichtete die Nachrichtenagentur Anadolu.

Das Kopftuchverbot im öffentlichen Dienst hatte in der Türkei in den vergangenen Jahren mehrfach zu scharfen Auseinandersetzungen geführt. In dem Streit um das Tragen von Kopftüchern an den Hochschulen hatte Erdogans islamisch-konservative Regierungspartei AKP im Juli 2008 ein Verbotsverfahren vor dem Verfassungsgericht knapp überstanden.

Nun soll das Verbot nur noch für Justiz, Armee und Polizei gelten – alle Bediensteten, die Uniformen oder Amtskleidung tragen müssen. „Die Beschränkungen haben die Meinungs- und Glaubensfreiheit sowie das Arbeitsrecht verletzt, und sie sind diskriminierend“, sagte Erdogan nun.

Der Regierungschef kündigte zudem an, Rechte kleinerer Minderheiten und Volksgruppen zu verbessern. So soll Unterricht in privaten Schulen auch in anderen Sprachen als Türkisch erlaubt sein. Er kündigte ein Gesetz an, das die Änderung von Städtenamen ermöglicht und damit den Weg für eine Rückkehr zu alten kurdischen Ortsnamen frei macht.

Die EU-Kommission begrüßte die Reformpläne. „Die angekündigten Maßnahmen lassen Fortschritte in vielen wichtigen Bereichen erhoffen“, sagte ein Sprecher der Kommission in Brüssel. Das Reformpaket sieht auch vor, dass das syrisch-orthodoxe Kloster Mor Gabriel umstrittenes Land zurückerhält, das in einem jahrelangen Rechtsstreit von Enteignung bedroht war.

Oppositionspolitiker und Vertreter der kurdischen Volksgruppe haben zunächst skeptisch auf die Vorschläge reagiert, über die bereits seit einigen Tagen diskutiert wurde. Kritiker werfen Erdogan vor, immer autoritärer zu regieren. Die verbotene Kurdische Arbeiterpartei PKK warnte zuletzt mehrfach, der mit einem Abzug von PKK-Kämpfern begonnene Friedensprozess sei in Gefahr, weil Ankara keine Zugeständnisse mache.