Islam in Deutschland: Die Politik braucht einen Paradigmenwechsel. Ein Kommentar von Morad Bouras

(iz). Man stelle sich vor, die Pegida hieße Pegjda – also „Patriotische Europäer gegen die Judiasierung des Abendlandes“. Was wäre hier los? Wie hätte die Politik reagiert? Wie würden unsere europäischen Nachbarstaaten reagieren und wie erst die USA und Israel?

Joachim Gaucks erste öffentliche Aussage nach Amtsantritt war es, Christian Wulffs Aussage, der Islam gehöre zu Deutschland, zu verneinen. Sarazzin nahm er in Schutz. Nannte ihn „mutig“ und er würde, anders als die Politik, Probleme der Gesellschaft offen benennen. Das Problem: Muslime und Islam.

Erst kürzlich zeigte er sich den Muslimen gegenüber Hand zahm, als er den Empfang für die ersten Stipendiatinnen und Stipendiaten des Avicenna-Studienwerks abhielt. Dort ging er auf alte Kamellen ein und betonte, dass sich Deutschland, und damit meint er die politischen Akteure, sich nicht eingestehen wollte, ein Einwanderungsland zu sein.

Als 1998 die rotgrüne Regierung antrat, um zu regieren, gestand sie, dass es in Deutschland Zuwanderung gegeben habe und gebe und es ein Zuwanderungsland sei. Damit leitete sie den Paradigmenwechsel ein. Auch Christian Wulff (CDU) versuchte, in seiner Funktion als Bundespräsident, einen Paradigmenwechsel einzuleiten. Allerdings wurde dieser von Gazetten und Politik weitestgehend abgeschmettert.

Wer sich Pegida anschließt, weiß, auf welchen rhetorischen Gefilden er sich bewegt. Man muss kein Prophet sein, um bei den Pegida Aktivisten rechtes Gedankengut festzustellen. Ihre Vordenker sind die „Achse des Guten“, „Politically Incorrect“, die „Bild-Zeitung“ und bewusst oder unbewusst, politische Akteure von Regierung und Opposition. Denn die Rhetorik ist das zentrale Werkzeug der Politik. So ist die Rhetorik Gaucks, Klöckners, Bosbachs, De Maizieres u.a. nur ein Beispiel für das Schüren von Ängsten der Mehrheitsbevölkerung.

Um dieses Werkzeug auch als Schutzmechanismus gegen unliebsame Rechte zu verwenden, benötigen sie eben diesen Paradigmenwechsel. Es beginnt bei der Realisierung der Islamophobie und hört mit dem Generalverdacht gegenüber Muslimen auf. Auf Endlosschleife gelegte Kopftuchdebatten, die ewige Aufforderung an die Muslime, sich von allem Unheil der Welt zu distanzieren und der Unterstellung, dass der Islam mit einer Demokratie nicht kompatibel sei, sind nur einige Beispiele.

So lange sich die Politik davor verwahrt sich aufrichtig mit seinen Muslimen und dem Islam auseinanderzusetzen; So lange sie sich nicht eingestehen möchte, dass der Islam und die Muslime zu Deutschland gehören; So lange sie den Generalverdacht aufrechterhält und besondere Ausweise für „Islamisten“ etablieren will; So lange sie ein Randphänomen wie die Burka zu einem künstlichen politischen Thema aufbläht und so lange sie nicht ihr derzeitiges Paradigma gegenüber dem Islam wechselt; so lange werden bestehende Ängste der Bevölkerung durch rechtsnationales Gedankengut vertieft werden.