
Islamkolleg für Imame in Osnabrück: Der erste Jahrgang von TheologInnen hat eine Ausbildung auf Deutsch abgeschlossen.
Osnabrück (KNA/dpa/iz). Erstmals haben muslimische Theologinnen und Theologen ihre Ausbildung zum Imam in deutscher Sprache abgeschlossen. Mehr als zwei Jahre nach dem Start erhielten die ersten 26 Absolventinnen und Absolventen der Imam-Ausbildung des Islamkollegs Deutschland am 30. September in Osnabrück ihre Zeugnisse.
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Wulff zum Islamkolleg: Ein historischer Tag
An der Abschlussfeier nahmen unter anderem der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime in Deutschland, Aiman Mazyek, und der ehemalige Bundespräsident Christian Wulff teil. Auch renommierte Wissenschaftler und Forscher wie Prof. Mathias Rohe, Prof. Merdan Göres oder Elif Medeni waren geladen.
Wulff sprach von einem historischen Tag. „Das erste Mal werden Imame ihre Ausbildung in Deutschland in deutscher Sprache abschließen, das hat es zuvor nicht gegeben.“ Das sei überfällig gewesen.
„Es ist für mich eine große Freude und ein Meilenstein für den Islam in Deutschland“, sagte Mazyek. Es gebe eine große Nachfrage nach qualifizierten Imamen in den Moscheegemeinden der Bundesrepublik.
Foto: Islamkolleg Deutschland, Facebook
Erster Ausbildungsjahrgang startet 2021
Das verbandsübergreifende Islamkolleg wurde Ende 2019 in Osnabrück gegründet. Es bildet ab 2021 in Kooperation mit islamisch-theologischen Fakultäten wie dem Institut für Islamische Theologie der Universität Osnabrück deutschsprachige Imame und weiteres religiöses Betreuungspersonal für die hiesigen Moscheegemeinden aus.
Gründungsdirektor des Islam-Kollegs ist der Osnabrücker islamische Theologe Bülent Ucar.
Das Kolleg wird vom Bundesinnenministerium und dem Land Niedersachsen finanziert und von einem Kuratorium unter Vorsitz von Wulff und einem wissenschaftlichen Beirat, dem neben islamischen auch christliche und jüdische Theologen und Wissenschaftler angehören, fachlich begleitet.
Die angehenden Imame müssen ein islamisch-theologisches Studium abgeschlossen haben. Die Ausbildung am IKD bereitet sie auf die konkrete Arbeit in den Moscheegemeinden vor und ist insofern mit einem christlichen Priesterseminar vergleichbar. Sie umfasst Module wie Predigtlehre, Qur’anrezitation, Seelsorge, politische Bildung und Sozialarbeit.
Das Kolleg war nicht die erste muslimische Ausbildungsstätte dieser Art in Deutschland. Größere Moscheeverbände wie die DITIB, der Verband der Islamischen Kulturzentren und die Gemeinschaft Milli Görüs betreiben ebenfalls Einrichtungen.
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Chancen auf dem Arbeitsmarkt bleiben offen
Die Akademie für Islam in Wissenschaft und Gesellschaft (AIWG) hat am 1. Dezember eine quantitative und qualitative Studie zum Thema „Berufsfeld Islam? Darin wurden die beruflichen Entscheidungen und Chancen von AbsolventInnen islamisch-theologischer Studiengänge behandelt. Nur eine kleine Minderheit der AbsolventInnen arbeitet demnach nach dem Studium als Imam in einer Moscheegemeinschaft.
Befragt wurden über 200 Personen, die zwischen 2016 und 2019 an den Standorten Erlangen-Nürnberg, Frankfurt/Main, Gießen, Münster, Osnabrück, Münster und Berlin ihr Studium mit einem Bachelor, einem theologischen Staatsexamen oder einem religionspädagogischen Abschluss beendet haben.
Etwa die Hälfte der ehemaligen Studierenden hat eine Beschäftigung „in der Sozialen Arbeit oder verwandten Berufsfeldern“ gefunden.
Kaum jemand erklärte, nach dem Studium hauptberuflich als Imam (oder als Murschidat) tätig zu sein. Von den Sommersemestern 2016 bis 2019 haben nach Angaben der Akademie insgesamt 574 Personen einen berufsqualifizierenden Abschluss erworben. 80 Prozent der TheologInnen hätten nach ihrem Bachelor den Master gemacht.