Katholiken und Muslime unter einem Dach

Screenshot: YouTube

Über 700 Studienwillige und noch keine Professur auf Dauer besetzt: Die neuen Institute für Katholische und Islamische Theologie an der Berliner Humboldt-Universität gehen dennoch mit viel Optimismus an den Start.

Berlin (KNA). Bundesweit steht die Hochschultheologie oft unter Spardruck. Doch in Berlin beginnen demnächst gleich zwei neue Einrichtungen, die sich mit Glaubensfragen befassen. Zum Wintersemester werden an der Humboldt-Universität (HU) die Institute für Islamische und für Katholische Theologie eröffnet. Das Interesse daran ist unerwartet groß.

Für die Islamische Theologie gibt es derzeit nach Angaben der Universität rund 300 Bewerber im Haupt- und Nebenfach, für die Katholische Theologie 400. Es könnten noch mehr werden, denn die Bewerbungsfrist in den zulassungsfreien Fächern dauert bis Ende August. Die Hoffnungen der beiden Gründungsdirektoren, Michael Borgolte für die Islamische und Johannes Helmrath für die Katholische Theologie, haben sich jedenfalls gleich mehrfach erfüllt.

Beide sind auch zuversichtlich, dass der Lehrbetrieb wie geplant im Oktober beginnen kann. Zwar sind die Berufungsverfahren für die Professuren noch nicht abgeschlossen, sondern befinden sich noch in unterschiedlichen Stadien. Für das Islam-Institut sind nach Angaben Borgoltes deshalb Vereinbarungen mit vier Gastprofessoren getroffen.

Auch das katholische Institut braucht eine entsprechende Übergangslösung. Die erstplatzierten Kandidaten für die fünf ausgeschriebenen Professuren werden sich deshalb zunächst selbst vertreten, so Helmrath. Bereits etabliert ist die Professur für Religionsphilosophie und Theologische Ideengeschichte. Sie wird von der evangelischen „Theologischen Fakultät“ an das katholische Institut verlagert.

Im Unterschied zu anderen Hochschulprofessuren brauchen die Theologen eine Lehrerlaubnis ihrer Religionsgemeinschaft, bevor Berlins Regierender Bürgermeister und Wissenschaftssenator Michael Müller (SPD) einen Ruf erteilt. Im Falle der katholischen Wissenschaftler ist für das sogenannte Nihil obstat („Nichts steht entgegen“) der Ortsbischof, in Berlin Erzbischof Heiner Koch, zuständig.

Bei dem Islam-Institut ist dafür – ähnlich wie bei anderen derartigen Einrichtungen in Deutschland – ein Beirat zuständig. Dessen Zusammensetzung steht in der Kritik. Dort sind außer zwei Islamwissenschaftlern die Repräsentanten von drei muslimischer Verbänden stimmberechtigt, liberale Organisationen sind nicht vertreten. Beratend wirken auch die HU-Vizepräsidentin Eva Ines Obergfell und der evangelische Berliner Altbischof Wolfgang Huber mit. In einem Berufungsverfahren stimmte das Gremium bereits dem Kandidaten zu, wie Borgolte betont. Er nimmt es als positives Zeichen für die bald im Beirat anstehenden weiteren Berufungsentscheidungen für die insgesamt sechs Professuren.

Die Zusammensetzung des Beirats hat ihren Grund in der muslimischen Gemeinschaft, wie der Gründungsdirektor erklärt. Die künftigen Berliner Islam-Studenten sollen nicht nur ihre Religion nach wissenschaftlichen Standards erforschen, sondern auch die Voraussetzungen erwerben, um Religionslehrer oder Imam zu werden. Dies ist ein wesentlicher Grund, warum der Berliner Senat die Institutsgründung fördert, wie Wissenschaftsstaatssekretär Steffen Krach (SPD) betont. Bislang kommen solche Lehrkräfte und Geistliche zumeist aus dem Ausland.

Viel länger als das 2016 begonnene Projekt des Islam-Instituts gibt es den Wunsch nach mehr katholischer Theologie in der Hauptstadt. Eine Fakultätsgründung an der Humboldt-Universität blieb vor gut 20 Jahren im Planungsstadium. Überdies war das bisherige Seminar für Katholische Theologie an der Freien Universität Berlin auf zuletzt nur noch zwei Professuren reduziert.

Sie werden nun an die Humboldt-Universität verlagert und um die vier weiteren ergänzt. Das katholische Institut soll seine Absolventen für Tätigkeiten in Bildung und Wissenschaft qualifizieren und nach den Worten Helmraths ein „intellektueller Brennpunkt in der Berliner Wissenschaftslandschaft“ werden. Schon räumlich sind beide Institute künftig auch auf eine enge Kooperation angelegt. Sie werden gemeinsam in einem früheren Gebäude der Universitätsklinik Charite untergebracht.