Kommentar: Über den berechenbaren Event berufsmäßiger Provokation. Von Tahir Chaudhry

Ausgabe 208

Die Provokation und ihre Reaktion waren – leider – vorhersehbar. Hier, wie im Rest Europas, verhielten sich Muslime ruhig und protestierten friedlich gegen ein aktuelles anti-islamisches Video, das im Internet veröffentlicht wurde.

(iz). Wieder einmal erleben wir eine weitere Episode der gezielten Provokation von Muslimen. Sie begann mit einigen Ausschnitten des Schmäh-Films “Die Unschuld der Muslime” und ihr folgten gewaltsame Proteste und Übergriffe auf Auslandsvertretungen in der islamischen Welt. Jeder dieser geschäftigen Provokateure fand Bewunderer, die die Provokateure als Freiheitskämpfer und Verfechter der Demokratie stilisieren. Der erstere von ihnen wurde sogar von der Bundeskanzlerin für sein „unbeugsames Eintreten“ für die Meinungs- und Pressefreiheit ausgezeichnet.

Und immer wiederholen sich die Ereignisse. Zuerst agitiert jemand unter dem Deckmantel der Meinungsfreiheit gegen den Islam. Dies treibt extremistische Kräfte in der muslimischen Welt zu Gewaltakten an. Während die Landsleute des Agitators weltweit in Gefahr leben, sitzt dieser an einem sicheren Ort und beobachtet das Spektakel völlig „überrascht“. Als wäre der Unruhestifter darüber verwundert, dass er sich für immer in den Geschichtsbüchern verewigen würde.

Trotzdem besteht ein markanter Unterschied zur vergangenen Islam-Kritik. Europa befindet sich in einer gigantischen wirtschaftlichen Krise. Die arabische Welt hatte vor Kurzem seinen Arabischen „Frühling“, der durch den Westen energisch gestützt wurde. Nun greifen aber „Islamisten“ nach der Macht und drängen die Zukunft in eine totale Ungewissheit.

Bei all der Erregung vergisst man jedoch völlig, zu differenzieren. Niemand fragt sich wirklich, wie viele es sind, die sich wirklich an gewaltsamen Ausschreitungen beteiligen. Diese Minderheit ist nicht einmal in Prozentzahlen zu bemessen. Es gibt über 1,3 Milliarden Muslime in der Welt. Sie reagieren meist auf ihre Weise, indem sie mit Freunden und Bekannten sprechen, sie aufklären, vielleicht auch klagen oder – wie jüngst in Deutschland – friedlich demonstrieren. Niemand von ihnen käme auf die Idee, Angst und Schrecken zu ­verbreiten.

Anstatt diesen stumpfsinnigen Film zu ignorieren hat man ihm Beachtung geschenkt. Dabei spielt es keine Rolle, wie billig dieser Film produziert sein mag. Als würde die Qualität eines Films etwas über die Dimension einer Schmähung aussagen. Eher nicht. Der beste Weg gegen Blasphemie und Verunglimpfung vorzugehen, ist durch Aufklärung und Argumentation. Außerdem werden die Muslime im Qur'an diesbezüglich angesprochen. Die freie Rede als integraler Bestandteil der islamischen Lehre wirkte nicht nur anziehend auf Nichtmuslime, sondern selbst für den Spötter.

Vielleicht wäre es an der Zeit, dass die Mehrheit der Muslime aktiver und transparenter nach außen tritt.