Kommentar über die politischen Stiftungen und ihren einseitigen Ansatz in der Islamdebatte. Von Khalil Breuer

Ausgabe 240

(iz). Manchmal fragt man sich wirklich, ob die Parteien in Sachen „Islam“ gut beraten sind. Die meisten ihrer politischen Stiftungen (und deren Berater) scheinen indirekt den Gegensatz „ultraliberal“ versus „salafistisch“ stärken zu wollen. Dieser dialektische Weg ist durchaus problematisch. Letzter Aufreger war die logistische Unterstützung der Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) für das „Muslimische Forum“. Das Forum will den nicht-organisierten Muslimen eine Stimme geben und nimmt man die asymetrische Medienaufmerksamkeit als Maßstab, ist dies gut gelungen. Die Auswahl der Teilnehmer wirkt dabei wenig transparent und eher exklusiv. Ob das Forum interessante Beiträge zur Lage der Millionen Muslime in Deutschland liefern wird, muss sich zeigen.

Die zahlreichen Muslime der Mitte, die ihre Position islamisch einwandfrei und berechenbar begründen können, scheinen für die Parteistrategen bisher weniger interessant zu sein. Nach einer internen IZ-Umfrage wurde bisher – beispielsweise von der KAS – kein direktes Gespräch mit den Köpfen der Verbände gesucht. Dieser Umstand lässt vermuten, dass die meisten Informationen über diesen Teil der Community über Dritte erfolgt. Man spricht über sich, aber nicht miteinander.

Stattdessen geht es immer wieder um eine ominöse Reformierung der Muslime. Paradox ist auch – sieht man sich entsprechende Programme und Veranstaltungen an –, dass dabei gerne ulltraliberale Positionen gefördert werden. Warum auch nicht, allerdings geschieht dies auf recht einseitige Weise, sodass dieser Ansatz selbst nicht wirklich als offen und liberal gelten kann.

Der fragwürdige Versuch, die innere Logik und Substanz des Islam, die sich in den anerkannten Rechtsschulen manifestiert, aufzubrechen, birgt übrigens zahlreiche Risiken. Das geringste Risiko ist für die Politik dabei der Verlust der intelligenten muslimischen Wählerschaft, die sich von dem durchsichtigen „liberalen“ Spektakel bereits instinktiv abwendet. Geradezu fatal ist es, jungen Menschen den Gegensatz anzubieten, die „guten“ Muslime praktizieren nicht, die „bösen“ aber schon.

Die Position der Mitte ergibt sich im Islam nicht nur aus politischem Kalkül. Zudem entfalten exotische Positionen gegenüber der muslimischen Jugend, die nach Orientierung sucht, keine besondere Integrationskraft. Fakt ist: Über Jahrhunderte war der gerade Weg – fernab der Extreme – durch das islamische Recht und die islamische Lehre definiert. Wer hat die Stiftungen von dem Ansatz überzeugt, dass es besser ist, eher die Ränder, als die Mitte der Muslime zu stärken?

Hier wäre eine offene Diskussion mit den politischen Stiftungen interessant. Das Argument bleibt: Eine gute islamische Ausbildung, nicht die Reformierung der Muslime, ist der bewährte Schutz vor Extremen! Über Jahrhunderte lebten Muslime dabei in ihrer Zeit, waren durchaus flexibel und erkannten Prioritäten ihrer Lebenswirklichkeit – natürlich ohne davon zu träumen, dass die Vergangenheit zurückkehrt.

Tatsache ist, viele Muslime erkennen heute in ihrer muslimischen Existenz naturgemäß liberale und konservative Elemente. Natürlich sollen die „Lager“ ihre jeweiligen Positionierungen, Einwände und Überzeugungen präsentieren. Noch besser ist es aber, zumindest wenn man die Massen der Muslime beeindrucken will, wenn steile Thesen auch einigermaßen islamisch sauber begründet werden.

Den Pluralismus der Ansätze gab es übrigens im Islam viele Jahrhunderte lang. Der konstruktive Streit um die Sache war von jeher Teil des Selbstverständnisses der Rechtsschulen, die eben keine Ideologien waren. Diese Debatten sind gut, vielleicht auch zu kurz gekommen und verdienen es auch, von einer interessierten Öffentlichkeit gefördert zu werden. Die Förderung „neuer“ Religionen dürfte dagegen nicht Auftrag politischer Stiftungen sein.

Der erkennbare Mittelweg sollte dann das natürliche Ergebnis der gemeinsamen Absichten der Muslime und ihrer Gesprächspartner sein. Natürlich ist diese Hoffnung, diese Balance, nicht mehr möglich, wenn „liberal“ heißen soll, den Islam zu verlassen, oder „konservativ“, den Islam ideologisch umzusetzen. Es wäre ratsam, wenn die politischen Stiftungen in Deutschland ihren eigenen Ansatz in Sachen Islam auch einmal kritisch reflektieren.

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