Kulturschock: Slevogts und Klees Ägypten-Bilder gegen Shawkys Videos

Ägypten aus der Sicht berühmter Künstler der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, Europa aus der Sicht eines jungen Ägypters: In Düsseldorf provoziert eine Ausstellung einen Kulturschock.

Ausstellungsbericht von Dorothea Hülsmeier

Düsseldorf (dpa). Drastischer könnte ein Aufeinanderprallen der Kulturen kaum sein: hier die wunderschönen Ägypten-Bilder von Max Slevogt und Paul Klee, dort Marionetten-Theater über die blutigen Kreuzzüge. Eine Ausstellung in der Kunstsammlung NRW (K20) konfrontiert das Ägypten-Bild des Westens mit Europa aus arabischer Perspektive.

Die hochgelobte Ausstellung «Nach Ägypten!» mit Reisebildern des Impressionisten Max Slevogt (1868-1932) und des Avantgardisten Paul Klee (1879-1940) macht bis Anfang Januar Station im Düsseldorfer K20. In einem zweitem Saal wird parallel das alptraumhafte filmische Marionetten-Epos «The Cabaret Crusades» des 1971 geborenen Wael Shawky gezeigt. Darin werden die mittelalterlichen Kreuzzüge gegen Muslime im Heiligen Land kindlich und grausam zugleich dargestellt. Das Besondere: Den dritten Teil der Video-Trilogie produziert der Documenta-Teilnehmer Shawky in den kommenden Wochen in der Kunstsammlung vor den Augen der Besucher. Die Uraufführung ist am 4. Dezember geplant.

Bereits die in Kooperation mit den Staatlichen Museen Dresden entstandene Slevogt-Klee-Ausstellung ist eine künstlerische Konfrontation. Während Slevogt 1914 mit großem Gepäck und Entourage in das Land der Pharaonen reiste und vor Ort in einen wahren Schaffensrausch geriet, absolvierte Klee 1928/29 fast die gleiche Route allein und verarbeitete seine Eindrücke erst im Nachhinein zu poetisch-abstrakten Interpretationen.

In Dresden lag der Schwerpunkt auf der Wiederentdeckung Slevogts, in Düsseldorf werden Klees Werke etwas stärker betont. Über den sinnlichen Genuss hinaus solle «der grundlegende Paradigmenwechsel vom Impressionismus zur Moderne zu Beginn des 20. Jahrhunderts verdeutlicht werden», sagte Kuratorin Anette Kruszynski am Donnerstag.

Slevogt malte farbprächtige Wüsten- und Nillandschaften, Porträts und Szenen in Moscheen. Der Impressionist, der bis dahin im Schatten von Max Liebermann und Lovis Corinth gestanden hatte, «wächst in Ägypten über sich hinaus», sagte Kruszynski. In einem Brief bezeichnete er sich als «Malmaschine, die nur sieht, verdaut und wiedergibt».

Ganz anders die künstlerische Verarbeitung der Reise durch Klee. Er hatte sich schon lange vorher, seit 1900, mit Ägypten beschäftigt und malte nach der Rückkehr vom Nil abstrakte Lagenbilder, die an die Felderwirtschaft in Ägypten erinnern. Auch die ägyptischen Hieroglyphen «durchlaufen im Atelier Klees eine Transformation in ein eigenwilliges Formenrepertoire», sagte Kruszynski.

Ein Kulturschock ist der zweite Teil der Ausstellung mit zwei Videos des in Alexandria geborenen Shawky. Kunstvoll gearbeitete Marionetten spielen die blutige Invasion der Kreuzritter im Heiligen Land im späten 11. Jahrhundert nach. Konsequent aus arabischer Sicht werden die grausamen Schlachten im Namen des Christentums dargestellt. Bei der düsteren Umsetzung orientierte sich Shawky an dem 1983 erschienen Buch des libanesischen Autors Amin Maalouf «Der heilige Krieg der Barbaren. Die Kreuzzüge aus der Sicht der Araber».

Auf der Documenta 2012 erregte Shawky mit den Marionetten-Epen Aufsehen. In Ägypten habe er seine Kunst aber seit 2011 schon nicht mehr gezeigt, sagte er in Düsseldorf. Die Situation seit der ägyptischen Revolution sei «zu deprimierend».