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Stadtbild: Wo sind wir eigentlich?

Stadtbild

Die Debatte über das Stadtbild übersieht wichtige Fragen zum öffentlichen Raum und der Bildersprache. Eine Chance für Muslime zur Positionierung.

(iz). Bildersprache statt Sachpolitik: Der Beitrag von Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) zur Migrationspolitik, die das „Stadtbild“, also die urbane Erscheinung und Atmosphäre in deutschen Städten, beeinflussen soll, löste eine heftige Debatte aus.

Er betonte, dass seine Regierung die Asylzahlen von August 2024 bis August 2025 um 60 % gesenkt habe, aber „im Stadtbild noch dieses Problem“ bestehe. Er bezog sich damit in erster Linie auf die sichtbare Präsenz von Migranten ohne dauerhaften Aufenthaltsstatus, die er mit Sicherheitsproblemen, Kriminalität und einer Beeinträchtigung des urbanen Raums in Verbindung brachte. Auf Nachfrage präzisierte er später: Migration sei wirtschaftlich notwendig (etwa für den Arbeitsmarkt), es gebe jedoch „Probleme“ durch Personen ohne gültigen Status.

Stadtbild oder Klagen über die oberflächliche Betrachtung

In den sozialen Medien beklagen dennoch Tausende Bürgerinnen und Bürger mit Migrationshintergrund die fatalen Nebenwirkungen dieser oberflächlichen Bemerkung des Kanzlers. Sie kritisieren, dass nicht das Verhalten, sondern das Aussehen die alltägliche Beurteilung von Menschen in der Öffentlichkeit bestimme.

Diese „Bildsprache“ verlagere politische und strukturelle Fragen – etwa Armut, Bildung oder Integration – in den Bereich des Sichtbaren. Kritiker betonen, dass er damit Politik auf Wahrnehmung reduziere: Migration werde zu einem visuellen Ordnungsproblem, nicht zu einem komplexen sozialen Prozess.

Noch gibt es eine große Mehrheit in der Bevölkerung, die versteht, dass Kriminalität oder asoziales Verhalten kein integraler Bestandteil irgendeiner Kultur oder Religion sind. Die Probleme der Massenmigration lassen sich nur gemeinsam lösen – nicht gegen die Minderheiten, sondern mit ihnen.

Positiv gewendet, verknüpft die Debatte zwei entscheidende Aspekte künftiger Gesellschaftspolitik: Wer sind wir, und wo sind wir? Welche Identitäten entstehen im urbanen Raum des 21. Jahrhunderts? Wohin sollen sich unsere Städte entwickeln?

Darüber lohnt es sich, jenseits der Macht der Bilder, tiefer nachzudenken. Auch für Muslime ist es eine Herausforderung, eine positive Vision des Stadtlebens zu definieren.

Die Macht der Bilder oder die Macht des Raums?

Ganz unabhängig von der Rolle der Migration in unserer Gesellschaft muss man feststellen, dass sich unsere Städte in den letzten Jahrzehnten stark verändert haben. Der grenzenlose Kapitalismus hat den Raum entdeckt – und ihn besetzt. Wohnraum ist zur Ware geworden, Nachbarschaft zum Standortfaktor, und die Verödung der Innenstädte ist Realität.

Henri Lefebvre (1901–1991), französischer Philosoph und Soziologe, hat sich intensiv mit dem Verhältnis von Raum, Gesellschaft und Macht beschäftigt. Seine Raumtheorie („Théorie de l’espace“) entwickelte er vor allem in seinem Werk „La production de l’espace“ (1974; Die Produktion des Raums), das zu den einflussreichsten Ansätzen der kritischen Raumforschung, Stadtsoziologie und Geografie zählt.

Für ihn ist der Raum selbst zur Produktionskraft geworden: Nicht mehr nur Arbeit und Kapital, sondern auch der urbane Raum – sein Takt, seine Atmosphäre, seine soziale Dichte – sind Teil der ökonomischen Maschine. Wo sich Kapital verdichtet, entstehen auch Spannungen: Vertreibung, unbezahlbare Mieten, Verteilungskämpfe, das Gefühl, dass das eigene Leben in der Stadt immer weniger Platz hat.

Ein Blick in die Lebenswelt europäischer Städte zeigt den Wandel. Berlin war einst ein Labor sozialer Durchmischung; heute ist es ein Marktplatz der Spekulation. Ganze Stadtviertel verändern sich sichtbar. Die Mieten steigen schneller als die Löhne, und alte Strukturen werden verdrängt. Die Stadt der Künstler, Studierenden und Handwerkerinnen verwandelt sich in eine Stadt der Investoren.

kotti

Foto: imago | Ina Peek

Gegenorte statt „Problemviertel“

Es mag überraschen, doch gerade in den verdrängten Rändern – in Neukölln, Wedding oder Moabit – bleibt etwas erhalten: ein urbanes Leben, das sich nicht planen lässt. Hier zeigt sich, dass das, was oft als „Problemviertel“ gilt, in Wahrheit zur sozialen Basis des Funktionierens gehört.

Überall in Europa – in den Cafés von Marseille, den Hinterhöfen von Rotterdam oder auf den Märkten Wiens – entfaltet sich eine andere Urbanität: eine, die sich der ökonomischen Logik entzieht. Hier ist Stadt nicht Produkt, sondern Praxis, ein Ort, an dem gewohnt, gehandelt, gebetet und improvisiert wird. Saskia Sassen nennt diese Räume „counter-geographies“ – Orte, an denen Menschen, oft Migrantinnen und Migranten, die Globalisierung von unten neu schreiben. 

Sie schaffen Verbindungen, Infrastrukturen und Ökonomien, die im Schatten der offiziellen Planung entstehen. Ohne diese informellen Strukturen würde keine europäische Stadt mehr funktionieren. Müllabfuhr, öffentlicher Transport, Pflegeheime, Gastronomie – sie alle ruhen auf migrantischer Arbeit, auf den Händen jener, die im Diskurs oft nur als „Zuwanderer“ erscheinen, im Alltag aber die Stadt am Laufen halten.

Ob es uns gefällt oder nicht: Moderne Städte im Zeitalter der Globalisierung sind kein Postkartenidyll mehr. Richard Sennett spricht von der Notwendigkeit eines „offenen Stadtplans“ – einer Architektur, die Wandel erlaubt und das Unfertige zulässt. Eine Stadt, ein Beziehungsgeflecht, das sich verändert, ohne seine Bewohner zu verlieren.

Diese notwendige Offenheit ist die Basis einer kulturellen Haltung: Moscheen, Märkte, Teestuben, Shisha-Bars und Imbisse sind keine Bedrohung der europäischen Stadt, sondern ihre zeitgenössische Fortsetzung. Sie zeigen, dass Urbanität immer schon Mischung war – von Kulturen, Sprachen, Rhythmen, Religionen und Konflikten.

Kein Recht auf Stillstand

In dieser Welt des Wandels gibt es kein Recht auf Stillstand. Die politische Romantik vieler Konservativer träumt den Traum vergangener Tage: die Stadt als Immunsystem, der Staat, der sich hinter Grenzzäune zurückzieht und den störenden Fremdkörper einfach abschiebt. Die Abwertung der anderen als „kulturlos“ stiftet keine eigene Kultur.

Notwendig ist ein breiter gesellschaftlicher Konsens, der gutes Verhalten honoriert, Kultur fördert und gemeinsames Handeln gegen Straftäter und Kriminelle organisiert. Eine gerechte Stadtpolitik muss über Identitätspolitik hinausgehen. Sie darf nicht nur fragen, wie jemand aussieht und wer dazugehört, sondern wie Teilhabe räumlich ermöglicht wird.

Die Kämpfe um Mieten, um öffentlichen Raum, um Zugänge zu Bildung und Pflege sind keine ethnischen Konflikte, sondern Auseinandersetzungen um Raumverteilung im Kapitalismus. Das heißt nicht, die Probleme der Migration zu leugnen – Drogenhandel, Gewalt gegen Frauen, Segregation, Sprachbarrieren und religiöse Spannungen sind real.

Aber sie entstehen nicht im luftleeren Raum, sondern im dichten Geflecht aus Wohnungsnot, Arbeitsmarkt, Planungspolitik und Spekulation. Sind sie Symptome eines Systems, das Raum immer mehr als Ware begreift und nicht als Gemeingut?

In einer offenen Stadt würde der Wochenmarkt neben der Moschee und das Seniorencafé neben dem Halal-Restaurant nicht als Zeichen einer „Parallelgesellschaft“ gelesen, sondern als Ausdruck eines erweiterten urbanen Sinns: der Fähigkeit, Unterschiede räumlich zu organisieren, ohne sie negativ zu bewerten.

Am Kottbusser Tor: Kuppel und Minarett der Mevlana-Moschee prägen seit einiger Zeit das Stadtbild. (Foto: Shutterstock)

Was sind Stadt und Raum?

Denker wie Lefebvre wandten sich gegen die Vorstellung, die Stadt sei ein neutrales, leeres Gefäß, in dem gesellschaftliche Prozesse einfach stattfinden. Der Raum ist ein soziales Produkt: Er wird durch gesellschaftliche Praktiken, Machtverhältnisse, ökonomische Strukturen und symbolische Bedeutungen hervorgebracht. Jeder Raum ist also aktiv, dynamisch und historisch bedingt – nicht passiv oder vorgegeben. Lefebvre entwickelt ein Modell, um die soziale Produktion des Raums zu beschreiben.

Es besteht aus drei Dimensionen: dem physischen, materiellen Raum des Alltags – Straßen, Gebäude, Bewegungen –, also dem Raum, wie er gelebt und erfahren wird; dem Raum der Planer, Architekten, Politiker und Wissenschaftler – also den abstrakten, geplanten und vermessenen Räumen; und dem symbolischen, imaginären, emotionalen Raum – dem Raum, wie Menschen ihn deuten, erinnern und mit Bedeutung aufladen.

Eine zentrale politische Forderung Lefebvres (bereits 1968 formuliert): Jeder Mensch soll das Recht haben, an der Gestaltung und Nutzung des urbanen Raums teilzunehmen. Dieses „Recht auf Stadt“ ist eine Forderung nach Demokratisierung, Teilhabe und kollektiver Aneignung des urbanen Lebens.

Die umstrittene Aussage von Merz repräsentiert Lefebvres „konzipierten Raum“ – den abstrakten, von Eliten (Politik, Planer, Medien) diktierten Blick auf die Stadt, der Minderheiten unsichtbar macht, sie nur als Arbeitskräfte akzeptiert oder gar als Bedrohung pathologisiert. 

Das „Recht auf Stadt“ fordert stattdessen, dass Minderheiten – etwa Geflüchtete oder ethnische Gruppen – nicht als Objekte von Politik behandelt werden, sondern als Subjekte mit Stimme.

Es geht um das Recht auf Sichtbarkeit und Präsenz: Versammlungen oder kulturelle Praktiken sind – solange sie sich im gesetzlichen Rahmen bewegen – keine „Störungen“, sondern legitime Aneignungen des Raums, die Vielfalt bereichern.

Ja, es gibt die Probleme auf unseren Straßen, an Bahnhöfen oder in öffentlichen Anlagen. Nur, die Politik kann aus ihrer Verantwortung, in Bildung, Kultur und Sicherheit zu investieren, nicht entlassen werden.

Wer sich politisch äußert, ohne klare Differenzierung, stimmt das Gefühl der Bevölkerung auf den Straßen. Das Konzept der Psychogeografie, geprägt von Guy Debord, geht davon aus, dass das städtische Umfeld ein „unsichtbares Skript“ enthält, das Wahrnehmung und Verhalten lenkt. Wenn Menschen sich innerhalb einer Stadt bewegen, begegnen sie heute räumlichen Manifestationen sozialer Macht und Ohnmacht: Gated Communities, „Problemviertel“ oder teure Neubauquartiere.

Es lohnt sich, derartige Entwicklungen vorurteilsfrei auf sich wirken zu lassen. Das „Herumdriften“ (dérive) – das absichtslose Erkunden der Stadt – dient dazu, diese unterschiedlichen Dynamiken sichtbar zu machen und zu erleben.

Die Beschreibung einzelner Gruppen mittels negativer Bilder – wie dies in den Medien alltäglich geworden ist – birgt die Gefahr, die positive Gestaltungskraft von Migration grundsätzlich zu verleugnen. Migration kann, wenn man genau hinschaut, neue emotionale, kulturelle und affektive Dimensionen in urbane Räume einbringen.

In aktuellen Stadtforschungen, etwa zu „Berliner Topographien“, wird Migration sogar als konstitutiv für das Stadtbild verstanden: Sie prägt nicht nur die ökonomische, sondern auch die kulturelle und emotionale Landschaft einer Stadt.

Durch Spaziergänge, Begegnungen oder Stadterkundungen lässt sich untersuchen, wie Migrantinnen und Migranten – und nicht zuletzt Muslime – Räume gestalten und transformieren. Die direkte Begegnung ersetzt hier die distanzierte Sprache der Bilder. Die Psychogeografie bietet eine emotionale und erkenntniskritische Perspektive auf urbane Räume, die Migration nicht als „Problem“, sondern als bewegende Kraft versteht – eine Kraft, die die kollektive Atmosphäre, die ästhetische Wahrnehmung und das Machtgefüge des Stadtbilds tiefgreifend verändert.

Sie zeigt, wie gelebte Migration in das emotionale Geflecht der Stadt eingeschrieben ist und wie Menschen durch Bewegung, Erinnerung und Wahrnehmung die Stadtlandschaft immer wieder neu schaffen.

ehrlich

Foto: imago/Steinert

Muslimen bietet sich eine Gelegenheit

Für Muslime bietet die Debatte die Gelegenheit, ihre eigene Rolle im Gemeinwesen zu justieren und – wenn nötig – das eigene Verhalten in der Stadt kritisch zu hinterfragen. Es hat Jahrzehnte gedauert, bis unsere religiösen Einrichtungen nicht mehr nur in Hinterhöfen oder Gewerbegebieten zu finden waren.

Heute ist die Funktion der Moschee im Stadtbild vielfältig. Sie ist ein Raum mit Regeln – etwa zur Reinheit, zum Verhalten oder zu spirituellen Übungen. Zugleich ist sie ein offener Ort, der sich als Dienstleister und Begegnungsraum in der Nachbarschaft versteht.

Die Moschee strukturiert den Alltag der Gläubigen durch die Gebetszeiten – eine Form der Zeitordnung, wie Foucault sie als typisch für Heterotopien beschreibt. Das Bauwerk ist einerseits Teil des städtischen Raums, andererseits ein heiliger Ort, der sich von seiner Umgebung abgrenzt. Sie kann damit eine „Gegenplatzierung“ zur säkularen, profanen Welt darstellen.

Wenn sie vollständig in die gesellschaftliche Ordnung integriert ist, verliert sie jedoch ihre „Gegenort“-Funktion und öffnet ihre Türen als Begegnungsraum. Dann wird sie zum Topos, zum gewöhnlichen Ort innerhalb der Ordnung, nicht außerhalb oder gegenüber ihr. Topophilie (aus dem Griechischen tópos = Ort, philia = Liebe) meint die emotionale Bindung der Menschen zu bestimmten Orten – also eine liebende Zuneigung oder tiefe Affinität zu Räumen, die für sie bedeutungsvoll sind.

Diese Orte sind nicht nur geografisch oder architektonisch wichtig, sondern vor allem symbolisch, sinnlich und persönlich aufgeladen. Die Stadt erkaltet ohne solche Räume, in denen es nicht nur um Konsum geht, sondern um wesentliche Sinnfragen des Lebens – mitten in der Stadt. Dass Menschen unterschiedliche kulturelle oder religiöse Entwürfe leben, schützt uns vor der Uniformität, die das technologische Zeitalter hervorbringt.

Es ist wichtig, dass wir Muslime uns nicht nur im Rahmen der Identitätspolitik um uns selbst drehen, sondern uns auf den Stadtraum und die Landschaft um uns herum einlassen.

Auch unsere Einstellung verändert sich, wenn uns bewusst wird, wo wir leben: Die Geschichte unseres Ortes zu verstehen, die Umgebung zu erkunden und das Geistesleben unserer Nachbarschaft aufzunehmen, gehört zu unserem Leben dazu und prägt eine neue Identität. Auf diese Weise tragen wir zu einer Erneuerung der Kultur und zur Sinnstiftung bei. 

Auf gesellschaftspolitischer Ebene besteht die Herausforderung darin, jenseits der rein reaktiven Klage, unsere Beiträge für ein harmonisches Zusammenleben und für Problemlösungen zu definieren. Fest steht: Es gibt für rechtschaffene Muslime keinen Grund, sich zurückzuziehen. Vielmehr gehören gesellschaftliches Engagement an dem Ort, an dem wir leben, und vorbildliches Verhalten zu unseren wichtigsten Aufgaben.

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Wie Karten unser Weltbild beeinflussen

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Karten sind heute aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken. Doch hinter jeder steckt weit mehr als bloße Orientierung – sie spiegeln die Entwicklung von Wissenschaft, Macht und Ideologien wider. (iz). […]

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Befindet sich das Land auf der schiefen Bahn?

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In Deutschland hat der öffentliche Diskurs und der politische Kurs eine Schieflage erreicht. (iz). Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) hat vor einem Millionenpublikum in einem Interview am Rande des kanadischen G7-Gipfels […]

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Religionsgemeinschaften: Wer darf eigentlich mitreden?

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Warum Religionsgemeinschaften sich politisch äußern dürfen – und sollen. Ein Gastbeitrag von Murat Gümüş. In einem Interview äußerte sich die neue Bundestagspräsidentin, Julia Klöckner (CDU), kürzlich kritisch gegenüber der Rolle […]

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Skurriler Döner-Streit von CDU-Politikern

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Bericht über eine gescheiterte Heilbronner Posse um Dönerläden und Nagelsalons. CDUler sorgen sich um Innenstädte, machen aber gegen die falschen mobil. Durchsetzbar sind ihre Pläne nicht. (iz). Eine Initiative der […]

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Empathielose Debatte? Deutschland diskutiert Syrien unter falschen Vorzeichen

syrien Debatte

Direkt nach dem Sturz von Assad beginnt hier eine Migrationsdebatte. Menschenrechtler widersprechen. Währenddessen ruft die Übergangsregierung in Syrien zu Rückkehr auf.

Berlin/Damaskus (ots, dpa, iz). Anlässlich der aktuellen Debatte um die Rückkehr Geflüchteter nach Syrien erklärte Nele Allenberg, die Leiterin der Abteilung Menschenrechtspolitik Inland/Europa des Deutschen Instituts für Menschenrechte:

„Menschen, die aus Syrien geflohen sind und hier als Flüchtlinge anerkannt wurden oder die aufgrund des Bürgerkriegs einen subsidiären Schutz erhalten haben, können zurzeit nicht nach Syrien zurückgeführt werden. Die Debatte direkt nach Bekanntwerden des Sturzes des syrischen Diktators Assad anzustoßen, zeugt nicht nur von Empathielosigkeit gegenüber den begeisterten und erleichterten Syrerinnen und Syrern, sie offenbart auch Unkenntnis über die rechtlichen Grundlagen.“

„Wichtig ist jetzt, mit außenpolitischen Mitteln rechtsstaatliche und demokratische Kräfte in Syrien zu stärken“, Nele Allenberg, Leitung der Abteilung Menschenrechtspolitik Inland/Europa. (Foto: DIMR/B. Dietl)

Der Widerruf eines Flüchtlingsstatus oder einer Anerkennung als subsidiär geschützte Person setze eine erhebliche, wesentliche und nicht nur vorübergehende Änderung der Situation im Herkunftsland voraus. Solange das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) nicht einschätzen könne, ob Menschen nach ihrer Rückkehr in Syrien Verfolgung oder ein ernsthafter Schaden droht, könne kein Widerruf erteilt werden.

„Wichtig ist jetzt, mit außenpolitischen Mitteln rechtsstaatliche und demokratische Kräfte in Syrien zu stärken, sodass Stabilität und Frieden einkehren können. Die Außenpolitik ist am Zug“, so Allenberg.

Chef der Übergangsregierung ruft zu „Heimkehr“ auf

Nach dem Befreiung rief der neue Regierungschef Mohammed al-Baschir syrische Flüchtlinge im Ausland auf, in ihre Heimat zurückzukehren. „Mein Appell richtet sich an alle Syrer im Ausland: Syrien ist jetzt ein freies Land, das seinen Stolz und seine Würde wiedererlangt hat. Kommen Sie zurück!“, sagte er in einem Interview der italienischen Zeitung „Corriere della Sera“.

Nach dem Ende der jahrzehntelangen Herrschaft der Assad-Familie muss nach den Worten al-Baschirs, der zunächst bis März amtieren soll, erst einmal Sicherheit und Stabilität in allen Städten Syriens wiederhergestellt werden, damit die Menschen zum normalen Leben zurückkehren können.

Es sei dann eines seiner vorrangigsten Ziele, seiner Heimat zu einem Aufschwung zu verhelfen. Dabei könnten Rückkehrer nach Syrien mit ihrer Erfahrung eine wichtige Rolle spielen. „Wir müssen unser Land wieder aufbauen und auf die Beine bringen, und wir brauchen die Hilfe aller“, sagte er.

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Kommentar: Klein, aber schwierig – das Wort „islamisch“

islamismus islamisch

In den diversen Islamdebatten und unter Muslimen: Wir haben uns angewöhnt, alles Mögliche als „islamisch“ zu bezeichnen.  (iz). Als zeitgenössische Menschen sind wir ungeachtet unserer religiösen oder sonstigen Überzeugungen vergleichbaren […]

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Der Ton in der Asyldebatte wird immer schärfer

asyl

„Überbietungswettbewerb“ sorgt für wachsendes Unbehagen: An schrillen Tönen in den Diskussionen über Asyl und Migration herrscht gerade kein Mangel. Nicht nur Kirchenvertreter irritiert das.

Bonn (KNA). Am Montag sollen sie starten: die von Bundesinnenministern Nancy Faeser angekündigten Kontrollen an sämtlichen deutschen Landesgrenzen. Mit der Maßnahme wolle man in den kommenden sechs Monaten „die irreguläre Migration weiter zurückdrängen, Schleuser stoppen, Kriminellen das Handwerk legen, Islamisten erkennen und aufhalten“, sagte die SPD-Politikerin der „Bild am Sonntag“.

Asyldebatte: Experten melden Zweifel an

Experten wie der österreichische Migrationsforscher Gerald Knaus melden Zweifel an. Die Erwartung, dass man auf diese Weise und unter Beachtung der geltenden Rechtslage die irreguläre Migration reduzieren könne, werde sich vermutlich nicht erfüllen, sagte Knaus dem rbb.

Aber all das scheint in diesen Tagen keine besondere Rolle zu spielen. Drei Wochen nach dem mutmaßlich islamistischen Messerangriff von Solingen und zwei Wochen nach den Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen, bei denen die AfD jeweils über 30 Prozent der Stimmen bekam, ist die Debatte über einen härteren Kurs in der Asylpolitik voll entbrannt.

Vor allem die Union macht Druck. CSU-Vize Manfred Weber, Europaparlamentarier und Chef der Europäischen Volkspartei (EVP), sagte der „Bild am Sonntag“, Solingen müsse zum „Weckruf über Deutschland hinaus“ werden, um die illegale Migration konsequenter zu bekämpfen.

Webers Parteifreund Alexander Dobrindt zitieren die Zeitungen der Funke Mediengruppe (Samstag) mit den Worten: „Wir sind an einem gesellschaftlichen Kipppunkt angelangt.“ Kurz zuvor hatte CDU-Chef Friedrich Merz für Schlagzeilen gesorgt, als er umfassende Zurückweisungen von Geflüchteten an der Grenze forderte und dabei auch Asylbewerber mit einschloss.

Zuwanderung Ukraine

Foto: Janossy Gergely, Shutterstock

Andere Parteien wollen mitziehen

Bislang sind solche Zurückweisungen nur möglich, wenn ein Einreiseverbot besteht oder die betreffende Person kein Asylgesuch vorbringt. Wird jedoch ein Asylantrag gestellt, so ist laut dem EU-weit geltenden Dublin-Abkommen ein entsprechendes Verfahren einzuleiten. Neben Vertretern der Union plädieren inzwischen auch Politiker andere Parteien dafür, auszuloten, wie dehnbar dieser rechtliche Rahmen ist.

Dazu gehört Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD). „Ich erwarte von der Bundesebene, dass sie jetzt zügig Entscheidungen trifft“, sagte Woidke am Wochenende dem Portal t-online. In seinem Bundesland wird am kommenden Sonntag gewählt. Auch hier könnte die AfD fast jede dritte Wählerstimme gewinnen.

Kritik aus den Kirchen

Von einem „Überbietungswettbewerb asylrechtlicher Verschärfungen“ sprach bereits am Donnerstag der katholische Flüchtlingsbischof Stefan Heße. Das europäische Projekt werde gefährdet, wenn im größten Mitgliedstaat der EU Forderungen laut würden, sich über gemeinsames Recht hinwegzusetzen, warnte der Erzbischof von Hamburg.

Auch der Münchner Kardinal Reinhard Marx blickt kritisch auf die Debatte. „Die Vorstellung einer in sich geschlossenen ‘Festung Europa’, auch einer ‘Festung Deutschland’, in allen Dimensionen ist nicht zukunftsfähig“, so der ehemalige Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz in der „tageszeitung“ (Wochenende).

Während das Unbehagen über manche Einlassung wächst, meldet sich die BSW-Vorsitzende Sahra Wagenknecht zu Wort. Anstatt „mit hohen Leistungen für Asylbewerber neue Flüchtlinge anzulocken“, forderte Wagenknecht im Gespräch mit t-online, dass „diese Mittel für höhere Renten und eine bessere Gesundheitsversorgung der eigenen Bevölkerung eingesetzt werden“.

Beobachter wie Knaus hoffen auf sachlichere Gespräche von Regierung und Opposition sowie Bund und Ländern nach der Landtagswahl in Brandenburg. Klar sei, dass es eine Krise gebe und etwas dagegen unternommen werden müsse, meinte der Sozialwissenschaftler im rbb.

„Es geht vor allem um juristische Fragen zur Handhabung der Dublin-Abkommen, etwa die Frage nach der Zurückweisung an der Grenze, und da besteht Verbesserungs- und Reformbedarf, den man in Übereinstimmung mit dem Europarecht herbeiführen muss“, erläuterte die in Brandenburg lebende Schriftstellerin und Juristin Juli Zeh in der „Augsburger Allgemeinen“. „Das kriegt man schon hin, wenn man die Asylfrage nicht für den Versuch benutzt, der AfD Stimmen abzuwerben, was sowieso nicht funktioniert.“

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Neue Debatte um Migration nach Solingen

solingen moscheeverbände

Der Anschlag von Solingen führt zu einer entgrenzten und immer mehr aufgeheizten politischen Debatte. (KNA/IZ). Medien berichten, der Attentäter von Solingen, ein 26-jähriger Syrer, sei ein abgelehnter Asylbewerber, der schon […]

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Schmerzhafte Fragen nach Mannheim

Mannheim

Ein Debattenbeitrag von Hakan Turan über den tödlichen Anschlag von Mannheim. Wie sollten wir Muslime uns zu dem Vorfall verhalten?

(iz). Meine persönliche Schmerzfrage Nr. 1 lautet im Moment: „Womit haben wir Muslime es verdient, dass die allerdümmsten Terroristen der Welt sich unserer Religion zugehörig fühlen?“ Ich weiß, die Frage ist extrem unpassend. Aber ich stelle sie mir nun mal. Abgesehen von aller generellen Abscheulichkeit von Terror wären folgende Stichworte zu nennen:

1) Es stehen unmittelbar Wahlen in Deutschland bevor.

2) Rechtspopulismus und Islamfeindlichkeit stehen hoch im Kurs und warten nach einer Phase des stagnierenden Aufstiegs auf den nächsten Push nach oben.

3) Deutschland trägt noch immer eine heftige Migrationsdebatte im Kontext der Flüchtlinge aus, zu denen auch afgha­nische gehören (der Attentäter war ein 25-jähriger Afghane).

4) Der Fokus der Aufmerksamkeit lag auch in Deutschland auf dem Leid der muslimischen Zivilisten in Rafah/Gaza, was die unverhältnismäßige Kriegsführung Netanyahus weltweit unter immensen Druck gebracht hat.

5) Michael Stürzenberger, das Ziel des Anschlags, wurde vom bayrischen Verfas­sungsschutz als islamfeindlicher Extremist bezeichnet. Jetzt ist sein Status in der ­gesamten Öffentlichkeit der eines Opfers eines islamistischen Extremisten mit Mordabsicht. 

6) Die These von ihm und anderen war stets, dass der Islam aufgrund seines Potenzials zu religiös motivierter Gewalt bekämpft werden muss. Nun wurde er während einer solchen „Aufklärungsarbeit“ tatsächlich selbst zum Opfer (offensichtlich) religiös motivierter Gewalt eines Muslims. Wie aus dem Bilderbuch.

7) Islamische Organisation in Deutschland sind – bis auf das hervorragende ­Engagement einzelner Personen – im professionellen Management des Themas „islamistischer Extremismus“ völlig überfordert. Sie erkennen nicht, dass sie innerhalb ihrer Gemeinden – auf das Risiko hin sich unbeliebt zu machen, Themen auf die Tagesordnung setzen müssen, die auf den ersten Blick nichts mit diesen zu tun haben – das Thema problematisieren und freiwillig(!) eine Mitverantwortung in religiöser Theorie und Praxis für die Bekämpfung des Extremismus übernehmen sollten. Es reicht nicht, nur das Thema antimuslimischer Rassismus zu benennen und ihn zu bekämpfen. Es ist eine Vergeudung der Möglichkeiten einer muslimischen Gemeinde, sich mit engagierten Stellungnahmen und symbolischen ­Gesten zufrieden zu geben. Denn dies können auch Einzelpersonen leisten. Kollektive Strukturen können mehr und sollten dies auch tun.

Mannheim oder die Frage nach dem Teror

Zurück zu meiner Frage nach dem ­Terror: Die Hamas-Führung hatte durch eine gezielte Provokation am 7.10.2023 Israel völkerrechtlich einen Anlass zu ­einem mittlerweile völlig eskalierten und ungerechten Krieg gegeben. Dessen Hauptleidtragende sind die Palästinenser in Gaza. Das alles war für die Hamas bis ins Detail vorhersehbar.

Ich sagte ja: dümmste Terroristen der Welt. Zu diesem Urteil gehören natürlich, ja zuvörderst auch die Hamas. Neben der Regierung Netanyahu trägt sie die volle Mitverantwortung für das, was danach geschehen ist und geschieht. ­Machen wir Halt: Vielleicht ist das ja gar nicht Dummheit. Also das Auslösen von Lawinen durch islamistische Terroristen, in dessen Folge zehntausende oder auch Millionen von Muslimen auf die eine oder andere Weise zu leiden haben, wie nie zuvor.

Das will sagen: Ja, die Verhärtung ist symmetrisch auf beiden Seiten solcher Konflikte vorhanden. Aber: Es herrscht in allen Fällen eine extreme Asymmetrie vor, was die strukturellen Handlungsmöglichkeiten, einschließlich militärischer Möglichkeiten betrifft. Abgesehen von aller Abscheulichkeit von Terror: Eine solche Asymmetrie nicht zu er­kennen, zeugt entweder von (a) extremer Dummheit (siehe meine Eingangsfrage), oder (b) extrem perfidem Eskalationskalkül. Jetzt, am Ende dieses Textes, halte ich (b) für wahrscheinlicher.

Das war es auch, was man aus mehreren Hamas-Verlautbarungen nach dem 7.10. indirekt entnehmen konnte: Es ging nie darum, dass es den Palästinensern in Gaza durch ihren Angriff am 7.10. besser gehen sollte. Es geht ihnen so schlecht wie wahrscheinlich nie zuvor. Und es ist vielleicht ein ähnliches Denken, das hinter Mannheim steckt: Nicht die Idee, eine Person für ihre Islamfeindlichkeit zu bestrafen, weil sie laut eigenem Islam(un)verständnis bestraft gehört, ­sondern: Deren Islamfeindlichkeit zum symbolischen Anlass zu nehmen, den ­gewaltigen Staudamm brechen zu lassen.

Extremisten hoffen auf einen Endkampf

Es ist der Endkampf, den die Extremis­ten aus Islam, Christentum und Judentum zu provozieren versuchen. Sie selbst schreiben das. Sie glauben das. Und ­wollen, dass alle dabei mitmachen.

Gerade für die „islamistischen“ Extremisten gilt dabei, dass die Asymmetrien in den strukturellen Verhältnissen einfach umgedeutet werden zu einem kollektiven Sprengsatz, den man nur noch zünden muss, da anderweitig kein „Sieg“ in Aussicht ist: Die großen Menschenmassen in Gaza sind gut nutzbares Schießpulver. Ab einer bestimmten Zahl an vom ­Gegner getöteten Muslimen wird sich demnach dieses Menschenopfer gelohnt haben, wenn dann endlich die Finalschlacht ausbricht und dann bald das ­Paradies auf Erden beginnen kann.

Nein, die Hölle ist angebrochen. Die Flammen greifen um sich, sie hören nicht auf irgendwelche Absichten. Hier in Deutschland wiederum versuchen „islamistische“ Extremisten, als die (dummen?) Speerspitzen ihrer (intelligenten?) Hintergrundideologen, die gesellschaftliche Spannung endgültig zum Zerreißen zu bringen.

Aber ich weiß, es gibt in all diesen ­Fällen immer eine strukturell mächtige „Gegenseite“. Ein Beispiel für die deutsche Situation: Von der Ausgrenzung von Muslimen im Alltag, über politisches tendenzielles Desinteresse an muslimischen Todesopfern in Gaza bis hin zu hartem Rassismus, der bis zur öffentlichen Ermor­dung von Muslimen in Deutschland führen kann. Marwa al-Sharbinis Ermordungsdatum nähert sich.

Viele Muslime unterliegen – in der Hoffnung, das Problem dingfest zu machen – dem Trugschluss, dass eine solche Offenlegung einer Symmetrie der Extremen auf beiden Seiten das Problem versteh­bar, oder zumindest moralisch handhabbar machen könnte: Ihr habt dumme Extremisten, wir haben dumme Extremisten. Das Problem ist: Diese ­Erkenntnisse lösen das Problem nicht. Sie lösen auch keine Welle von Empathie aus. Denn dazu sind die Zusammenhän­ge zu abstrakt und unsichtbar.

Es bedarf anderer Wege

Darum bedarf es anderer Wege. Klare und eindeutige Stellungnahmen sind gut. Sie sind zu wenig, angesichts des ­Staudamms, der immer größere Risse ­bekommt. Wir müssen als Muslime – ­zumindest die Älteren, die Verantwortungsträger, die Rationalen – das Unzumutbarste auf uns nehmen. Wir müssen die Betroffenenperspektive verlassen, wie sehr wir auch selbst Betroffene sind.

Wir müssen zu kritischen Vermittlern werden. Die nicht nur analysieren, sondern gangbare Lösungen suchen, die, wie jede gute Therapie, stellenweise schmerzhaft für beide Seiten sind. Aber nicht in Selbstabgrenzung, sondern durch geziel­te, reflektierte und überzeugte Zusammenarbeit mit den Vernünftigen der ­vermeintlich „anderen Seite“.

Anders entsteht kein „wir“, das über die Ghetto-Grenzen hinausgeht. Lasst uns die Asymmetrien ernst nehmen. Lasst uns gegen die Irren vorgehen, die am Bruch des Staudamms arbeiten.