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Radikalisierung des Wahlkampfs? Muslime warnen vor Hass

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Foto: Mo Photography Berlin, Shutterstock

Wahlkampf 2025: Muslime verweisen auf die Relation von radikalisierten Diskursen und Zunahme antimuslimischer Verbrechen.

Köln (iz). Angesichts einer radikalisierten politischen Debatte im Bundestagswahlkampf um das Thema Migration und mit Blick auf den 80. Jahrestag der Befreiung von Auschwitz warnten der Zentralrat der Muslime und die IGMG vor den Folgen der aktuellen Rhetorik parteipolitischer Akteure.

Muslime: Auf eine radikalisierte Sprache folgen Übergriffe

„Rassistisch konnotierte Migrationsdebatten haben schon immer einen Anstieg rassistisch motivierter Straftaten zur Folge gehabt. So ist es auch diesmal. Binnen weniger Tage wurden mehrere Moscheen bedroht“ erklärte Ali Mete, Generalsekretär der Islamischen Gemeinschaft Millî Görüş (IGMG). Anlass für die Erklärung waren verschiedene „Schmäh- und Drohbriefe“, sie an Moscheegemeinschaften geschickt wurden.

Seit dem Wiederaufflammen der migrationspolitischen Debatte hätten sich die Angriffe auf Musliminnen und Muslime und ihre Einrichtungen gehäuft. In den letzten Tagen hätten Moscheegemeinden in Düsseldorf, Dortmund und Hessen islamfeindliche Briefe mit massiven Beschimpfungen, Beleidigungen und Drohungen erhalten. In einem Fall konnte eine Freitagspredigt aus Sicherheitsgründen nicht gehalten werden.

„Zusätzlich kam es zu rechtsextremen Schmierereien an Moscheen, Schändungen sowie Beleidigungen und Angriffen auf muslimisch gelesene Menschen im öffentlichen Raum. Die muslimische Gemeinschaft in Deutschland ist zutiefst besorgt.“

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Für den IGMG-Generalsekretär gebe es einen Zusammenhang zwischen „rechtspopulistischer Rhetorik“ und antimuslimischen Attacken. Das hätten Studien gezeigt. Wenn Werte wie Menschenwürde verletzt würden, entstehe ein Klima, so die Pressemitteilung, welches Ressentiments und Straftaten fördere. „Immer, wenn Menschenrechte und Menschenwürde zur Disposition gestellt werden, fühlen sich willige Vollstrecker ermutigt und verüben Straftaten. Die Geschichte hat gezeigt: Auf Worte folgen Taten.“

Pressebild: IGMG

Man appelliere an die Politik, den vorgegebenen Rahmen des Grundgesetzes nicht zu verlassen. Ansonsten bestehe die Gefahr, dass sich die Verhältnisse wiederholten, vor denen es schützen solle. „Mit großer Sorge haben wir in den vergangenen Tagen beobachtet, dass politische Parteien zentrale Menschenrechte infrage gestellt und sogar ihre Abschaffung erwogen haben. Das ist eine Zäsur. Dieses Verhalten hat Vertrauen zerstört und es wird lange nachwirken – weit über die Bundestagwahl hinaus.“

Zentralrat: „Nie wieder“ scheint nicht mehr für alle zu gelten

Am gleichen Tag, an welchem der Bundestag des 80. Jahrestags der Befreiung von Auschwitz gedachte, brachte die Union einen unverbindlichen Antrag zum Thema Migration ein, der mit Stimmen der AfD beschlossen wurde. Neben anderem veranlasste diese Verschiebung der politischen Landschaft den Zentralrat der Muslime, am 2. Februar seine Besorgnis angesichts der „aktuellen politischen und gesellschaftlichen Entwicklungen“.

Man befürchte, dass „das einstmals allgemeingültige Versprechen ‘Nie wieder’ in Deutschland“ nicht mehr für alle gelte. Während sich hiesige Vertreter auf Gedenkveranstaltungen zur „historischen Verantwortung Deutschland“ bekannten, würden Muslime hier „ein besorgniserregendes Ausmaß an Hass, Hetze und Gewalt“ erleben. Dieses Ressentiment werde nicht nur ignoriert, sondern „aktiv“ angeheizt.

Muslimfeindlichkeit

Die CLAIM Allianz stellte am 24. Juni 2024 ihr Lagebild „antimuslimischer Rassismus“ in Berlin vor. (Foto: imago | Jürgen Heinrich)

Die Fakten sprächen für sich: 2023 seien in der Bundesrepublik 1464 islamfeindliche Straftaten registriert worden, darunter 70 Angriffe auf Moscheen – ein Anstieg von über 140 % im Vergleich zum Vorjahr. „CLAIM dokumentierte 1926 Fälle von antimuslimischem Rassismus, mehr als doppelt so viele wie im Jahr zuvor. Muslimische Frauen mit Kopftuch sind besonders betroffen.“ Der Zentralrat verwies auf die aktuelle Leipziger Autoritarismus-Studie 2024, wonach Vorurteile gegen Muslime längst in der Mitte des Landes angekommen seien.

„Die Folgen sind fatal: Bombendrohungen gegen Moscheen, Angriffe auf Muslime und muslimische Einrichtungen, Anfeindungen im Alltag (nur in den letzten Tagen: Düsseldorf, Essen, Duisburg, Köln, Penzberg). Statt einzuschreiten, lässt eine populistische Politik dies zu oder befeuert diese Entwicklungen sogar. Diese Gewalt ist kein Zufall, sondern das direkte Resultat einer gesellschaftlichen Atmosphäre, in der antimuslimischer Rassismus zunehmend als legitim betrachtet wird.“

Auch der Zentralrat der Muslime forderte von der Politik eine adäquate Antwort: Antimuslimische Straftaten müssten hartnäckig verfolgt, Moscheen besser gesichert und antimuslimische Diskurse in der Berichterstattung zurückgewiesen werden.

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