Wer sich Faulheit und Trägheit ­ergibt, wird ein Leben beobachten, das er längst nicht mehr führt. Anmerkungen von Habib Bewley

Ausgabe 228

(iz). Die schlimmsten und schädlichsten Krankheiten, die den Menschen befallen können, sind Faulheit und Trägheit. Es ist kein Zufall, dass sie im Christentum als eine der sieben Todsünden betrachtet wird. Ihrem Wesen nach besteht sie aus schwerwiegender Undankbarkeit, denn sie ist die Verschwendung von wertvollen Geschenken, die unser Herr uns gegeben hat. Dabei kann es sich um die eigenen Fähigkeiten und Möglichkeiten handeln oder aber um die Sekunden, Minuten und Stunden, die unseren Tag ausmachen.

Soweit es diese Fähigkeiten und Möglichkeiten betrifft, gilt, dass diese bei einem Mangel an Gebrauch immer schwächer werden. Je länger dieser Mangel anhält, desto schwieriger wird es, auch nur die einfachsten Aufgaben zu erledigen, die einem zuvor zugeeignet waren. Genauso wie unsere Muskeln bei Bewegungsmangel schrumpfen, schwinden unsere Fähigkeiten ebenso, wenn wir sie nur mangelhaft nutzen. Und die Stärke der spirituellen Sehnsucht verdünnt sich solange, bis sie kaum noch für nützliche Dinge vorhanden ist.

Der Prophet, möge Allah ihn segnen und ihm Frieden geben, sagte in einem seiner bekanntesten Bittgebete: „Ich suche Zuflucht bei Dir vor Unvermögen und Faulheit.“ Nach Ansicht von Ibn Al-Qajjim in seinem Kommentar wurden beide Eigenschaften hier verbunden, weil ein Zögern beim Beginn einer Sache diese immer schwieriger werden lässt.

Die Leute weichen oft davor zurück, etwas zu tun, weil sie es als herausfordernd und mühsam empfinden. Also suchen sie die leichtere Möglichkeit. Es ist einfacher, Hilfe vom Staat zu erhalten, als zu arbeiten. Das gleiche gilt für die langweilige und unbefriedigende Arbeit, anstatt aufzustehen, sich selbstständig zu machen und etwas zu tun, das uns die größte Erfüllung und Befriedigung bereitet, oder durchzuschlafen, anstatt zum Morgengebet aufzustehen. Indem sie den leichten Weg wählen, glauben die Leute, dass ihr Leben leichter und entspannter wird. Aber das Gegenteil ist der Fall.

Die Araber haben ein Sprichwort: „Wer sich an Trägheit gewöhnt und die Ruhe bevorzugt, lässt den Rest im Stich.“ Und sie sagten auch: „Wenn Du nicht unter Müdigkeit leiden willst, dann verausgabe Dich, damit Du nicht müde wirst.“ Apathie und Müdigkeit sind häufiger die Folge von Trägheit und Zeitverschwendung als von wirklicher Arbeit, egal wie anstrengend oder frustrierend sie auch sein mag. Mit jedem unerfüllten Augenblick werden die Gefühle der Depression und Aussichtslosigkeit größer.

So verliert das Leben Bedeutung und die Momente werden zu einer monotonen Abfolge, die kaum voneinander zu unterscheiden sind. Dort gibt es keine Hoffnung. Hier findet sich nichts, auf das sich hoffen ließe. Weil wir unsere Fähigkeiten missachten, wenn wir keinen Gebrauch von ihr machen, und respektlos der Zeit gegenüber sind, weil wir sie nicht nutzen, missachten sie uns und verlieren ihre Bedeutung.

Sayyiduna Ali sagte: „Zeit ist wie ein Schwert. Wenn Du nicht mit ihr schneidest, wird sie Dich schneiden.“ Wenn man ihre Momente nicht gebraucht und sie mit nützlichen Dingen anfüllt, wird sie einen zerstückeln und zerstören. So wird man nie entspannt und immer gestresst sein, während sie vorbeizieht. So wird man zum Beobachter eines Lebens, dass man selbst nicht mehr führt.

Wir müssen unsere Trägheit überwinden und aufhören, die Dinge auf das Morgen zu verschieben, die wir aber heute erledigen können. Das mag schwierig scheinen, aber langfristig wird es der befriedigendste und entspannendere Weg sein. Es wird uns zu den Helden dieses Zeitalters machen.

Denn es war Sufjan Ath-Thauri, der solche Personen mit den folgenden Worten beschrieb: „Verrichtet Taten, die euch zu Helden machen. Verdient euren Unterhalt mit dem, was erlaubt ist, und gebt es euren Nachkommen.“ Damit dies gelingt, müssen wir jetzt handeln. Denn je länger wir es aufschieben, umso schwieriger wird es für uns werden. Sobald man in die Gewohnheit des Aufschiebens verfällt, wird es zu einer sich selbst erhaltenen Handlung.

Ibn ‘Umar pflegte zu sagen: „Wenn es Abend ist, erwarte nicht den Morgen. Und wenn der Morgen kommt, erwarte nicht den Abend. Nimm von Deiner Gesundheit für die Zeit, wenn Du krank sein wirst. Und nimm von Deinem Leben für Deinen Tod.“ Die beste Zeit zu Handeln ist das Hier und Jetzt, denn wir werden niemals wissen, welches Hindernis uns zukünftig aufhalten wird.

Für viele sind Trägheit und Faulheit im Alltag schwer zu überwinden. Also sind der beste Ort für einen Anfang die ‘Ibadat [arab. rituelle Akte der Anbetung]. Wer in der Lage ist, das Gebet dauerhaft in seiner richtigen Zeit zu verrichten, hat schon einen entscheidenden Schritt getan. Der Prophet, möge Allah ihn segnen und ihm Frieden geben, sagte: „Scheitan macht drei Knoten um die Hälse von jedem von euch, während ihr schlaft. Und er versiegelt jeden mit den Worten: „Du wirst eine lange Nacht vor Dir haben, also schlafe tief“. Wenn man aufwacht und sich an Allah erinnert, wird einer der Knoten gelöst. Wenn man seine Gebetswaschung (Wudu’) vollzieht, geht der zweite auf. Und wenn man das Gebet verrichtet, löst sich der dritte Knoten. Und so wacht ihr voller Energie und mit einem starken Geist auf. Aber wenn ihr das nicht tut, wacht ihr faul und niedergeschlagen auf.“

Die Stunde des Jüngsten Tages darf uns weder untätig, noch wartend vorfinden, während wir auf einen Erlöser warten, der unsere Situation ändern, anstatt, dass wir das Bestmögliche tun. Wir sind Leute der Handlung, nicht des Wartens, denn Imam Al-Dschunaid sagte: „Islam ist Anstrengung ohne Pause.“ Und der Gesandte Allahs, Segen und Heil auf ihm, sagte: „Wenn die Stunde kommt, und ihr einen Setzling in der Hand habt, dann fahrt damit fort, ihn einzupflanzen.“