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Allah schwört im Qur’an auf die Zeit und verweist auf ihre Bedeutung

Ausgabe 212

zeit
Foto: Tiko, Adobe Stock

Zeit ist ein Geschenk – die Augenblicke, die Stunden, die Tage, die Jahre, aus denen unser Leben besteht. Zu viele von uns betrachten sie als gegeben.

(iz). Allah hat uns ein wunderbares und wertvolles Geschenk gegeben und trotzdem behandeln wir es oft herablassend und erkennen weder seinen Wert, noch seine Bedeutung. Allah erinnert uns mehrfach an Seine Gabe und doch schenken wir dem oft zu wenig Beachtung. Wiederholt sagt Er uns, wie es am besten eingesetzt wird und doch verschwenden und vergeuden wir es.

Dieses Geschenk ist Zeit – die Augenblicke, die Stunden, die Tage, die Jahre, aus denen unser Leben besteht. Zu viele von uns betrachten sie als gegeben, verkennen ihren Wert und begreifen nicht, wie wichtig es ist, sie sinnvoll zu nutzen.

Der Wert von Zeit wird aus dem Qur’an ersichtlich, denn sie ist eines der Dinge, bei denen Allah selbst schwört. So sagt Er „beim späten Nachmittag; wahrlich, der Mensch befindet sich im Verlust“ (Al-’Asr, 1), „bei der Nacht, wenn sie verhüllt und beim Tag, wenn er enthüllt“ (Al-Lail, 1-2) und „bei der Morgendämmerung und zehn Nächten“ (Al-Fadschr, 1-2).

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Ein Schwur bei der Zeit unterstreicht ihre Bedeutung

Wenn Allah eine Sache in einem Schwur erwähnt, tut Er dies, um die Aufmerksamkeit der Zuhörer auf ihre Wichtigkeit zu lenken, und sie zum Nachden­ken anzuregen. Allah tut dies nicht leichthin. Also beleuchtet der Fakt, dass Zeit in ihren verschiedenen Aspekten der Gegenstand von Allahs Schwüren ist, ihre Bedeutung für uns und wie wir unseren Alltag bestreiten.

Die Lebensweise des Gesandten Allahs und seiner Gefährten bestätigt ebenfalls die Wichtigkeit der Zeit für das menschliche Wesen. Mu’adh ibn Dschabal berichtete, dass der Prophet, möge Allah ihn segnen und ihm Frieden geben, ­sagte: „Ein Sklave Allahs wird am Tag der Auferstehung stehen, bis er über vier Dinge befragt wurde: Seine Lebenszeit und wie er sie genutzt hat, seine Jugend und wie er sie verbracht hat, seinen Besitz, wie er diesen erworben und wie er ihn ausge­geben hat sowie sein Wissen und ­welchen Nutzen er daraus gezogen hat.“

Von Ibn ‘Umar wird berichtet, dass er sagte: „Wenn Abend ist, wartet nicht auf den Morgen. Und wenn Morgen ist, erwartet nicht den Abend. Nehmt von eurer Gesundheit für den Moment, an dem ihr krank seid. Und nehmt von eurem Leben, wenn ihr tot seid.“ Mit anderen Worten: Nutzt die Zeit, in der ihr jetzt lebt und verschiebt die Dinge nicht auf später.

Einige der Leute des Wissens gingen weiter, um die enorme Bedeutung der Zeit zu erklären. Dazu gehört Al-Hasan Al-Basri, der große Tabi’i [Angehöriger der Generation nach den Prophetengefährten] und Mann Allahs: „Oh Sohn Adams, du bist nichts als eine Ansamm­lung von Tagen. Jedes Mal, wenn ein Tag vergeht, geht ein Stück von dir mit.“

Die Augenblicke sind endlich

Und diese Tage und Augenblicke, aus denen wir bestehen, sind endlich. Es gibt von ihnen nur eine beschränkte Anzahl, die uns zur Verfügung stehen. Wir können es uns nicht leisten, einen einzigen leer und nicht ausgefüllt verstreichen zu lassen. Jeder vorbeiziehende Moment ist verschwunden und kann niemals zurück­gebracht werden. Eine andere Aussage von Al-Hasan Al-Basri macht dies noch verständlicher: „Jeder dämmernde Tag ruft aus: ‘Oh, Sohn Adams! Nimm Versorgung von mir. Wenn ich weg bin, werde ich bis zum Tag der Auferstehung niemals wieder zurückkehren.’“

Und wer weiß schon, wie viele ­weitere solcher Tage man noch haben wird. Es gibt niemanden unter uns, der mit Sicherheit sagen könnte, dass er morgen noch hier sein wird; ganz zu schweigen vom nächsten Jahr. Kein Mensch weiß, wann und wo er sterben wird. Dieses Wissen ist Allahs und gehört Ihm ­allein. Allah sagt im Qur’an: „Niemand weiß, was er morgen erwerben wird, und niemand weiß, in welchem Land er sterben wird. Gewiss, Allah ist Allwissend und Allkundig.“ (Luqman, 34)

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Nutze den Augenblick

Die Römer hatten das Motto: „Carpe Diem (Nutze den Tag!)“ Wir sagen: „Nut­ze den Augenblick!“ Wir sollten keine einzige Sekunde verstreichen lassen, ohne sie im vollsten Maße auszunutzen. Stellen wir uns vor, wie säßen in der Schule oder der Universität in einer Prüfung. Denken wir an das Gefühl von Dringlichkeit und Unmittelbarkeit, die wir in jedem Augenblick dieser Prüfung verspürten. Allah prüft uns; egal, ob wir bestehen oder scheitern. Unsere Ergebnisse werden uns in unseren Büchern am Tag der Auferstehung vorgelegt.

Aber bei diesem Examen geht es nicht nur um einen Job oder ein Stück Papier. Nein, es handelt sich dabei um unser ewiges Schicksal, unser Jenseits in der dauerhaften Heimstätte. Es gibt keine Nachprüfung. Es gibt keine zweite Chance. Wenn wir also so viel Dringlichkeit ange­sichts einer so kleinen Sache an den Tag legen, wie groß sollte dann unser Druck sein, den wir in der Zeit verspüren, die wir für das beste Ergebnis aufwenden, auf das ein Mensch hoffen kann?

Mu’adh ibn Dschabal berichtete, wie der Prophet sagte: „Es gibt nichts, was die Leute des Gartens so sehr bereuen werden, wie die von ihnen verschwende­te Zeit, in der sie sich nicht an Allah erinnerten.“ Es gibt viele Wege zum Ausfüllen unserer Zeit, die zu korrekten Antworten auf diese Prüfung führen, aber die meisten kreisen um eine Sache: Dhikrullah – die Erinnerung an Allah in ­allen Dingen und eine Arbeit, die auf das Jenseits ausgerichtet ist. Dies heißt nicht, dass wir nicht arbeiten, essen oder schlafen sollten. Aber es heißt, dass wir diese Dinge in Seinem Namen tun und zur Erlangung Seines Wohlgefallens machen.

Es heißt sicherzustellen, dass alle Tätigkeiten korrekt und in Übereinstimmung mit dem Qur’an und der Sunna sind. Es bedeutet, jeden Augenblick unserer Zeit zu nutzen, keine „Zeit totzuschlagen“ oder sie zu verschwenden, indem wir nichts tun. Verfügt man über freie Zeit, gilt es den Segen darin zu ­erkennen und ihn im vollsten Maße auszufüllen.

Der folgende Satz des Gesandten Allahs, möge Allah ihn segnen und ihm Frieden geben, wurde von Ibn ‘Abbas überliefert: „Es gibt zwei Segnungen ­Allahs, die viele Leute als gegeben betrachten: Gesundheit und freie Zeit.“ Und ‘Umar ibn Al-Khattab sagte: „Prüft euch selbst, bevor ihr geprüft werdet.“ Es ist wichtig, sich zum Ende eines ­jeden Tages die Zeit zu nehmen, um sich zu vergewissern, wie gut man seine Zeit verbracht hatte und dann diese Information zu nutzen, um die eigene Zeit am nächsten Tag effizienter zu handhaben. Allah selbst betonte dies im Qur’an: „Oh, die ihr glaubt, fürchtet Allah. Und eine jede Seele schaue, was sie für morgen voraus­schickt. Und fürchtet Allah; gewiss, ­Allah ist Kundig dessen, was ihr tut. Und seid nicht wie diejenigen, die Allah vergessen haben und die Er dann sich selbst hat vergessen lassen.“ (Al-Hasr, 18-19)

Und Allah hilft uns bei der Ordnung unseres Tages und beim Bewusstsein von der Zeit, wenn sie vergeht, indem für jeden Akt der Anbetung bestimmte Zeiten vorgeschrieben sind. Niemand ­sollte etwas verzögern. Wir sollten es uns nicht leisten, dass weitere Augenblicke ­verloren gehen. Die Zeit vergeht schnell und ist endgültig vorbei. Es hat seinen Grund, warum wir sagen „die Zeit vergeht wie im Flüge“. Man sollte aufpassen, nicht zu den Leuten zu gehören, die Allah im Qur’an beschreibt, wie sie in ihrem Totenbett liegen und sagen: „Mein Herr, würdest Du mich doch auf eine kurze Frist zurückstellen! Dann würde ich Almosen geben und zu den Rechtschaffenen gehören.“ (Al-Munafiqun, 10)

Ihre Bittgebete kommen zu spät, denn Allah sagt: „Allah wird aber keine Seele zurückstellen, wenn ihre Frist kommt. Und Allah ist Kundig dessen, was ihr tut.“ (Al-Munafiqun, 11) Vielmehr sollten wir wir zu jenen werden, die in der Stunde ­ihres Todes keine Furcht und keine Reue verspüren müssen. Sie haben den Wert der Zeit erkannt und sie genutzt. Man ­sollte wie die werden, über die Allah sagt: „Und sie soll keine Furcht überkommen, noch sollen sie traurig sein.“ (Al-Baqara, 112)

Foto: Jochen Tack, imago

Die Anziehungskraft des Diesseits

Die Anziehungskraft der diesseitigen Welt ist stark und es gibt in ihr unendliche Zerstreuungen. Wohin wir auch schauen, werden wir abgelenkt und von denen Aufgaben hinweggezogen, für die wir erschaffen wurden, Allah zu kennen und Ihn anzubeten. In einer solchen Welt der Zerstreuungen ist es schwierig, das Bewusstsein von Zeit und ihrem Wert aufrechtzuerhalten. Ereignisse geschehen und wir vergessen. Die Menschheit ist vergesslich und schwächt. Allah sagt: „Der Mensch wurde schwach erschaffen.“ (An-Nisa, 28)

Und deshalb hat Er, in Seiner unendlichen Weisheit, es beschlossen, uns andauernd an der Bedeutung von Zeit in Relation zum Din zu erinnern. Allah hat Seinen Din und insbesondere die Akte Seiner Anbetung so strukturiert, dass wir uns der Zeit bewusst sein müssen und sie nicht vergessen. Jeder Anbetung wurde eine bestimmte Zeit zuge­wiesen – die fünf Gebete den Tag und die Nacht hindurch, das Freitagsgebet einmal die Woche, die Zakat auf Reichtum, nachdem ein ganzes Jahr ­vergangen ist sowie Ramadan und Hadsch an den für sie vorgesehenen Zeitpunkten inner­halb eines Jahres.

Und es gibt noch mehr als das: Allah gewährt uns Zeiten, den Tag, die ­Woche, den Monat und das Jahr hindurch, in denen die Belohnung für Akte der Anbe­tung größer sind als normal und in ­denen es wahrscheinlicher ist, dass Bittgebete angenommen werden. Einige dieser Augenblicke bleiben verborgen.

Dazu gehört die Sa’at Al-Istidschaba, der Moment am Freitag, wenn alle Bittgebete beantwortet werden, und die Lailat Al-Qadr – die Nacht der Macht – im Ramadan. Und die Weisheit all dieser verborgenen Zeiten besteht darin, dass sie uns dazu bringt, jeden unserer Momente mit der Erinnerung Allahs und Bittge­beten zu füllen, um sicherzustellen, dass sie mit diesen besonderen Momenten übereinstimmen.

Andere, besondere Momente wurden für den Menschen kenntlich gemacht. Darunter fallen unter anderem das ­letzte Drittel einer jeden Nacht, die Lailat Al-Bara’a und die vier heiligen Monate. Der Grund dafür, warum uns diese Zeiten nun bekannt sind, ist, dass wir damit Erinnerungen und Gründe haben, unsere Anstrengungen neu auszurichten und unsere Absichten zu erneuern.