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Berliner Koalition sieht Religionsgemeinschaften als „Partner“

Foto: Vincent Villock, Grüne Fraktion Berlin

Berlin (KNA/iz). Die neue rot-grün-rote Berliner Koalition betrachtet „Kirchen, Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften als bereichernde Partner im Einsatz für den gesellschaftlichen Zusammenhalt“. So steht es in dem am 29. November in Berlin veröffentlichten Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und Linken. In der Hauptsache geht es dabei mit Blick auf die Religionen um eine Bekräftigung der bisherigen Linie, aber es werden auch einige Neuerungen genannt.

So könnte das geltende Neutralitätsgesetz unter der neuen Regierung bald keinen Bestand mehr haben: Die Parteien betonten, dies von einem noch ausstehenden Urteil des Bundesverfassungsgerichts abhängig zu machen. Man wolle abwarten, „was dabei rauskommt und diese Rechtsprechung dann entsprechend umsetzen“, sagte Grünen-Politikerin Bettina Jarasch.

Falls das Verfassunggerichtsurteil die Entscheidung von 2015 zum Thema Kopftuch bei Lehrerinnen fortschreibe, solle das Berliner Neutralitätsgesetz geändert werden, so Jarasch. „Dann kann es kein pauschales Kopftuchverbot von Lehrkräften im Schuldienst geben.“ Wenn das Verfassungsgericht zu einer anderen Entscheidung komme, bleibe das Neutralitätsgesetz bestehen.

Das höchste deutsche Arbeitsgericht in Erfurt hatte das pauschale Kopftuchverbot für muslimische Lehrerinnen, wie es nach dem Neutralitätsgesetz in Berlin gefordert ist, vergangenes Jahr für verfassungswidrig erklärt. Dagegen reichte das Land Berlin im Februar eine Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht ein, über die Karlsruhe noch nicht entschieden hat.

Das seit 2005 geltende Gesetz ist die in Deutschland weitestgehende Regelung auf diesem Gebiet. Sie untersagt bestimmten staatlichen Beschäftigten im Dienst auffällige religiöse und weltanschauliche Symbole und Kleidung. Das Bundesverfassungsgericht hatte 2015 entschieden, dass solche Verbote im Bildungsbereich nur dann zulässig sind, wenn der Schulfrieden konkret gefährdet ist.

Eine weitere Neuerung, die die Koalition umsetzen will, ist die Änderung des Kirchenaustrittsgesetzes, „um Austritte im Online-Verfahren zu ermöglichen“. Dieser Punkt wird im Vertrag als „Projekt zur Verwaltungsmodernisierung“ angegeben. Bisher musste man persönlich beim Amtsgericht erscheinen, um aus der Kirche auszutreten oder sich dies notariell beglaubigen lassen.

Weiter heißt es, die Koalition prüfe „eine Änderung des Berliner Gesetzes über die Sonn- und Feiertage, so dass Angehörige von Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften an bestimmten Feiertagen ihres Bekenntnisses vom Ausbildungs- oder Beschäftigungsverhältnis ganztägig freigestellt werden können“. Grundsätzlich sicherten die Parteien die Unterstützung für Berliner Projekte der religionsübergreifenden Verständigung wie etwa den christlich-jüdischen Dialog, das Drei-Religionen-Haus „House of One“ und die „Drei-Religionen-Kita“ zu. Auch die Sanierung der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche werde weiter unterstützt.

Zudem solle das wachsende jüdische Leben „in seiner Vielfalt weiter gefördert und sichtbar gemacht werden“. Dazu gehöre auch, „wichtige Baumaßnahmen“ zur Stärkung des jüdischen Gemeindelebens zu unterstützen und „notwendige Sicherheitsleistungen zum umfassenden Schutz jüdischer Einrichtungen“ zu gewährleisten.

Zur „Stärkung der Teilhabe und Sichtbarkeit“ von MuslimInnen soll ein „Landeskonzept Muslimisches Leben in Berlin“ entwickelt und das Islamforum mittels einer eigenständigen Koordinierungsstelle unterstützt werden.

Bei der SPD und den Grünen müssen im Dezember noch Parteitage über den Entwurf des Koalitionsvertrages abstimmen. Die Linke startet einen Mitgliederentscheid, der bis zum 17. Dezember dauern soll.