Die Bundestagswahlen lassen einen Ruck durch das Parlament gehen. Nach rechts.

(iz/dpa). Deutschland hat gewählt. Und es geht ein Ruck durch die Parteienlandschaft, vor allem nach rechts.
Während die CDU mit knapp 32,9 % eines ihrer schlechtesten Ergebnisse seit der Gründung einfährt, kommt auch die SPD nur noch auf 20,5 %. Grüne und Linke erreichen jeweils knapp 9 % und verbessern sich nur leicht.
Zu den großen Gewinnern gehört die FDP, die mit 10,8 Prozent und einem Zuwachs von sechs Prozentpunkten wieder in den Bundestag einzieht. Aber auch die AfD feiert, denn sie verbesserte sich im Vergleich zur Bundestagswahl 2009 auf 12,6 % und entsendet somit voraussichtlich 94 Abgeordnete in den Bundestag.
Bundeskanzlerin Angela Merkel erklärte in der Wahlnacht, sie sei mit den Ergebnissen zufrieden. Für Regierungsgespräche kommt für die CDU derzeit lediglich eine große Koalitioon mit der SPD in Frage oder die so genannte Jamaica-Koalition mit Grünen und Liberalen.
SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann sieht seine Partei jedoch in der Opposition. Am Sonntagabend sagte er, die SPD habe sich den Platz dort verdient. Auch viele Experten vermuten, dass die Sozialdemokraten nach der Wahlniederlage versuchen werden, sich in der Opposition neu zu formieren. Zudem solle verhindert werden, dass die AfD als drittstärkste Kraft Oppositionsführerin wird. Auch SPD-Kanzlerkandidat und Parteivorsitzender Martin Schulz schwor die SPD auf die Oppositionsrolle ein: „Diesen Auftrag werden wir annehmen.”
„Hoffentlich kommt wenigstens bei der SPD der Warnschuss an”, sagte Sahra Wagenknecht von der Linken. „Es wäre super, wenn sie in die Opposition gehen und sich da mal regenerieren.” Dieses Anliegen dürfte in Erfüllung gehen – doch für die Linke wird es so in den kommenden vier Jahren nicht leichter. Bisher war sie Oppositionsführerin und Wagenknecht die wortgewaltigste Gegnerin der Kanzlerin im Bundestag. Nun ruft sie aus: „Wir werden der soziale Oppositionsführer bleiben.”
Die Rechtspopulisten sorgten bereits am Montagmorgen für Schlagzeilen, als die Parteivorsitzende Frauke Petry auf der Pressekonferenz verkündete, nicht zur AfD-Fraktion gehören zu wollen. Mit ihrem Direktmandat ist es ihr möglich, als fraktionslose Abgeordnete im Bundestag zu sitzen.
„Ich hätte mir auch gewünscht, dass auch der nächste Deutsche Bundestag ohne eine rechtspopulistische Fraktion zusammengetreten wäre”, sagte Bundestagspräsident Lammert. „Aber Wahlen finden nicht statt, um den Erwartungen von etablierten Parteien Raum zu verschaffen, sondern um den Erwartungen der Wähler Ausdruck zu geben.” Das Ergebnis für die große Koalition nannte Lammert „ernüchternd”.
Die Badische Zeitung schreibt, das starke Abschneiden der AfD sei auch ein Bruchmit den Werten „Weltoffenheit, Liberalität, Toleranz”, die von den Wählern als „Heuchelei sogenannter Altparteien” gewertet würden. Auch die Süddeutsche Zeitung attesiert der CDU und der SPD Unfähigkeit, die „Unzufriedenheit der Wähler zu einer Wechselstimmung anzufachen”. Die Zeit hingegen schreibt: „Man vergleiche dieses Wahlergebnis bloß mit den jüngsten Wahlen in den USA, Frankreich, Polen oder England. Die Wahlkämpfe unserer Nachbarn und Verbündeten waren von harten ideologischen Konflikten geprägt und hatten meist den Austausch der politischen Elite zur Folge. Verglichen damit ist Deutschland ein Hort der Stabilität.”
Aus dem Ausland kommen vorrangig Gratulationen zu Merkels Wahlsieg. Frankreichs Präsident Macron betonte, dass die Zusammenarbeit beider Länder dadurch nur weiter gestärkt werde. In ihren Beglückwünschungen lobten europäische Staatschefs die Bundeskanzlerin vor allem für die Stabilität, für die sie stünde.
Die Zeitung Corriere della Sera aus Italien schreibt jedoch: „Instabil. So hat sich Deutschland, wider Erwarten, gestern Abend enthüllt.” Auch andere Pressestimmen aus dem Ausland titeln von einem Versagen der bisherigen Regierung. Für die BBC ist Merkels Wahlgewinn kein „Sieg”. Der französische Le Figaro titelt, Merkel habe sich in den Geschichtsbüchern als „Mutti der AfD” befleckt.