„Eine Sammlung von Texten des Propheten Muhammad“

Ausgabe 275

Foto: Benjamin Idriz

(iz). Man mag diesem Buch wünschen, dass es in jeder Moschee aufliegt, und in jedem Klassenzimmer, in dem von Islam die Rede ist, dass jeder Innenminister einen Blick hineinwirft und jeder, der bisher glaubte, schon genug über den Propheten Muhammad gehört zu haben.
Bekanntlich schöpfen Muslime aus dem Qur’an, was Religion ist und möchte: wie das Leben zu gestalten sei, damit es sinn- und glückhaft für einen selbst und für die Mitmenschen wird. Werden religiöse Quellen pervertiert und missbraucht, dann werden daraus Zwänge, Hass und Gewalt abgeleitet, die das Leben leidvoll für einen selbst und für die Mitmenschen machen. Über den Qur’an hinaus – dem Wort Gottes an die Menschen – wird Orientierung aus der Sunna abgeleitet, den Aussagen und Verhaltens­weisen des Propheten Muhammad, die in Form von Zigtausenden Hadithen überliefert sind. Sie auf ihre Glaubwürdigkeit abzuklopfen, ist seit über tausend Jahren Gegenstand islamisch theologischer Textkritik.
Der Imam der oberbayerischen Kleinstadt Penzberg, Dr. Benjamin Idriz, bekannt auch für seine Initiative Münchner Forum für Islam, hat sich in seinem neuen Buch den Hadithen zugewandt, also einer auch innerislamisch stark debattierten Materie. Denn oft wird der Missbrauch des Islam mit vorgeblichen Aussagen des Propheten verschleiert – und darauf stürzen sich dann jene, die den Propheten verspotten und verachten. Es kommt somit Muslimen ebenso wie Nichtmuslimen zugute, wenn ein deutschlandweit prominenter, anerkannt ausgebildeter und in islamischer Theologie promovierter Imam auf seine Weise darstellt, was wirklich vom Propheten Muhammad vorgegeben wurde.
Sein Maßstab für die Zuverlässigkeit der Hadithe ist einfach, überzeugend und aus islamischer Sicht zwingend: Was der Prophet selbst gelehrt hat, nennt der Qur’an die „Weisheit“ (arab. al-hikma), und nichts davon kann der Grundaussage des Heiligen Buches widersprechen: der Allbarmherzigkeit Gottes. Damit für uns heute verständlich wird, was der Prophet in der Sprache und Kultur Arabiens des 7. Jahrhunderts formuliert hat, reicht es aber nicht, seine Aussagen Wort für Wort zu übersetzen, sondern sie müssen in unsere Zeit übertragen vermittelt werden. Nicht nur, was der Prophet gesagt hat, zählt, sondern wie er es gemeint hat. Indem Imam Idriz in seiner Hadith-Sammlung versucht, die Aussagen für unsere Zeit und Kultur verständlich werden zu lassen – gerade dadurch! – wird er den Quellen und der Tradition des Islam wirklich gerecht.
Herausgekommen ist eine in der Edition Avicenna wunderschön gestaltete Sammlung von Texten des Propheten Muhammad, kompetent eingeleitet und überzeugend neu übersetzt von Benjamin Idriz. Diese Texte enthalten nichts Neues, ihre Inhalte sind so alt wie der Islam selbst. Aber sie werden hier so dargeboten, dass jede und jeder sich neu von ihnen ansprechen lassen kann. Und viele – Nichtmuslime aber auch Muslime selbst – mögen hier den Propheten neu kennenlernen. (von Stefan Jakob Wimmer)
Benjamin Idriz, „Zeig mir doch, was Mohammed Neues gebracht hat …“, Edition Avicenna München 2018, kartoniert, 139 Seiten, ISBN 9783941913233, Preis: EUR 7,90