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Ersten Pressekonferenz des neuen DITIB-Vorstandes

Pressebild: DITIB.de

Köln (KNA/iz). „Das war eine sehr ergiebige und schöne Veranstaltung“, heißt es zum Abschluss bei den Verantwortlichen auf dem Podium. Einige Teilnehmer, rund 50 deutsche und türkische Journalisten, kommen zu einem anderen Schluss. Für eine „Farce“ halten sie die erste Pressekonferenz, zu der am 16. Januar der neue DITIB-Vorstand in die Kölner Zentralmoschee des deutsch-türkischen Moscheeverbands geladen hat. Mit fast zwei Stunden dauert der als vertrauensbildende Maßnahme gedachte Termin fast doppelt so lang wie ursprünglich angesetzt. Am Ende bleiben trotzdem viele Fragen offen.
Vorwürfe der Bespitzelung von politischen Gegnern auf Geheiß des türkischen Staates, eine von politischen Pannen begleitete Einweihung der Zentralmoschee und zuletzt ein europäischer Kongress: Die Kritikpunkte häufen sich und verhindern eine Rückkehr zu ruhigeren Verhältnissen.
Sein Eingangsstatement nutzt der neue Vorsitzende Kazim Türkmen zunächst zu einer Art Leistungsschau, unterstreicht die Bedeutung der Kinder- und Jugendarbeit, würdigt das Engagement von rund 24.000 zumeist ehrenamtlich tätigen Gemeindemitgliedern und hebt hervor, dass sein Verband rund 800.000 „Menschen muslimischen Glaubens“ in Deutschland unterstützt. Mit den von ihr vertretenen inzwischen mehr als 960 Moscheegemeinden ist die DITIB weiterhin der größte Dachverband. Das Problem sind die Beziehungen zum türkischen Staat, näherhin zum Religionsamt Diyanet.
Er leite die DITIB ehrenamtlich, betont Türkmen. Der 46-jährige Botschaftsrat für religiöse Angelegenheiten an der türkischen Vertretung in Berlin wurde qua Amt zum neuen Vorsitzenden bestimmt. Als sein Stellvertreter fungiert weiterhin Ahmet Dilek, Religionsattachée in Köln. Er sitzt neben Türkmen auf dem Podium, hat aber kaum Redeanteil – ebenso wie die fünf anderen Mitglieder des neuen Vorstands.
Wie weit der Arm Ankaras tatsächlich reicht, zeigt das Beispiel des europäischen Islamkongresses. Dafür habe die Ditib Anfang des Monats lediglich ihre Räume in Köln zur Verfügung gestellt, so Türkmen. Die Trägerschaft und die Zusammenstellung der Gästeliste übernahm demnach: die Diyanet. Deren Chef Ali Erbas war eigens an den Rhein gereist, um in einer Grundsatzrede gegen die „unmenschliche“ Forderung nach einer Assimilation von Muslimen und Europas „Islamfeindlichkeit“ zu wettern.
Türkmen selbst räumt Mängel im Krisenmanagement ein, schlägt aber ansonsten in die gleiche Kerbe wie Erbas. Der Verband sei zu einer „Zielscheibe“ von polemischen Debatten geworden, was inzwischen unter vielen Muslimen ein „Gefühl der Ausgrenzung“ erzeuge. Die unterschiedliche Wahrnehmung von Wirklichkeit zeigt sich in den Fragen der Medienvertreter.
Während die deutschen Journalisten beispielsweise wissen wollen, wie es zu dem Chaos bei der Einweihung der Zentralmoschee mit Präsident Recep Tayyip Erdogan im vergangenen Herbst kam, bei der kein deutscher Vertreter redete, wünschen ihre türkischen Kollegen mehr Informationen zu Islamfeindlichkeit in Europa.
Die DITIB steht vor einem enormen Spagat – und muss zugleich das zerrüttete Verhältnis zur deutschen Politik sowie den Stadtoberen an ihrem Hauptsitz Köln kitten. Weiterhin strebt der Verband eine Anerkennung als Religionsgemeinschaft und Körperschaft des öffentlichen Rechts an. Dicke Bretter sind da zu bohren. Dass der neue Vorsitzende Türkmen kaum Deutsch spricht, obwohl er insgesamt bereits acht Jahre in der Bundesrepublik verbrachte, dürfte die Sache nicht gerade einfacher machen.
Immerhin: Um einen Gesprächstermin mit der Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker (parteilos) hat der seit 4. Januar amtierende Vorstand bereits nachgesucht. Eine Antwort Rekers steht noch aus, wie es aus ihrem Büro heißt. Im Frühjahr plant die Ditib ein Straßenfest rund um die Kölner Zentralmoschee. Für einen echten Neuanfang dürfte das allerdings nicht ausreichen.