Fachkonferenz in Sarajevo: 25 Jahre GfbV Bosnien und Herzegowina

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Göttingen (GfbV). Die Sektion Bosnien und Herzegowina der Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) feiert ihr 25-jähriges Bestehen. Die Sektion wurde gegründet, um die Verbrechen des Bosnien-Krieges aufzuarbeiten und eine Aussöhnung zwischen den Menschen verschiedener Ethnien auf dem Westbalkan zu erleichtern.

„Diese Aufgabe ist leider immer noch nicht abgeschlossen. Noch immer sind nicht alle Massengräber gefunden, nicht alle Getöteten identifiziert“, berichtet Jasna Causevic, GfbV-Referentin für Genozid-Prävention und Schutzverantwortung. „Die Spaltung des Landes, die das Abkommen von Dayton zementiert hat, führt immer noch zu Konflikten. Für unsere bosnische Sektion gibt es weiterhin viel zu tun.“ 

Anlässlich des Jubiläums findet in Sarajevo die Konferenz „Wir haben unsere Stimme erhoben, weil Europa versagt hat“ statt. Am 15. September sprechen auf Einladung der GfbV zahlreiche Prominente aus der bosnischen Politik und Zivilgesellschaft. Neben dem Direktor GfbV Deutschland, Roman Kühn, wird auch Christian Schwarz-Schilling erwartet. Er hat sich während des Krieges und später als Hoher Repräsentant für Bosnien und Herzegowina sehr um das Land verdient gemacht. Für seinen außerordentlichen Beitrag für das Wohlergehen Bosnien-Herzegowinas verleiht ihm die GfbV eine Sonderauszeichnung.

Die beiden Journalisten Almasa Hadžić und Salih Brkić werden ebenfalls ausgezeichnet. „Die Fachkonferenz in Sarajevo ist eine Mahnung an den Westen, der tief in der Schuld der überlebenden bosnischen Opfer steht. Wegen seiner Tatenlosigkeit während des Krieges, weil er die Verbrechen zugelassen hat, und auch wegen des Friedensvertrags, der das Land aufgeteilt hat“, erklärt Roman Kühn.

Seit 25 Jahren gilt der Einsatz der bosnischen Sektion der GfbV einem multiethnischen, multireligiösen und multikulturellen Bosnien-Herzegowina, in dem alle seine Nationalitäten und Religionsgemeinschaften – Bosniaken (Muslime), Kroaten, Serben, Roma, Juden und andere gleichberechtigt leben sollen. Sie engagiert sich für die Versöhnung und Verständigung unter allen Nationalitäten Bosnien-Herzegowinas sowie für die Rückkehr aller Vertriebenen und Flüchtlinge in ihre Heimatorte. Sie fordert nach wie vor die Verhaftung und Verurteilung der Kriegsverbrecher, die immer noch auf freiem Fuß sind. 

Der 1995 vom Westen initiierte, ungerechte Frieden hat dem Land keine Zukunftsaussichten gegeben. Die Dayton-Verfassung ist den Menschen in Bosnien und Herzegowina zum Verhängnis geworden. Sie bietet skrupellosen Nationalisten eine Basis für ihre Abspaltungspolitik und ermöglicht ihnen, das Land funktionsunfähig zu halten.

Die ständigen Abspaltungs-Drohungen der aktuellen Führung der Republika Srpska, die Leugnung von Völkermord und die Verehrung der Täter, die ungerechten Forderungen der bosnischen Kroaten nach einer dritten Entität im Staat und die Einmischung der Nachbarstaaten Serbien und Kroatien: Aus all diesen Gründen steht Bosnien vor den Wahlen am 2. Oktober am Rande eines neuen Konfliktes. Wegen der ständigen Blockaden der Politiker aus der Republika Srpska gibt es seit Jahren keine Fortschritte auf dem EU- und NATO-Beitrittsweg und damit auch keine wirtschaftliche Entwicklung im Lande.