Internationale Krisendiplomatie will Gewalt im Gazastreifen stoppen

Der Konflikt zwischen Israel und der Hamas droht zu entgleisen. Westliche Führungsmächte, die Arabische Liga, Ägypten und Palästinenserpräsident Abbas suchen nun nach einem politischen Ausweg.

Gaza/Tel Aviv (dpa). Inmitten des Blutvergießens im Gazastreifen kommt die internationale Krisendiplomatie in Gang. An diesem Sonntag treffen die Außenminister Deutschlands, der USA, Großbritanniens und Frankreichs am Rand der Atomgespräche in Wien zusammen, um Möglichkeiten für eine Waffenruhe zu erkunden. Auch die 15 Mitglieder des UN-Sicherheitsrats äußerten sich nach einer Sitzung am Samstag in New York extrem besorgt über die Eskalation der Gewalt mit fast 130 Toten und forderten eine Waffenruhe.

Der britische Außenminister William Hague erklärte, wie schon 2012 sei dringend «gemeinsames, internationales Handeln» gefragt. Ägypten müsse weiter eine aktive Rolle übernehmen. Zuvor hatte Hague mit Palästinenserpräsident Mahmud Abbas und dem israelischen Außenminister Avigdor Lieberman gesprochen. Abbas mahnte ebenfalls eine politische Lösung an. Ähnlich äußerten sich ein Sprecher des Weißen Hauses und der ägyptische Präsident Abdel-Fattah al-Sisi. Auch die Arabische Liga berief für diesen Montag eine Krisensitzung zum Gazakonflikt in Kairo ein. Kuwait hatte das Treffen beantragt.

Nach Angaben palästinensischer Rettungskräfte kamen seit Beginn der israelischen Angriffe in der Nacht zum Dienstag mindestens 129 Menschen im Gazastreifen ums Leben, mindestens 935 wurden verletzt. Unter den Opfern sind auch zahlreiche Zivilisten. Ein Neffe des Hamas-Ministerpräsidenten von Gaza, Ismail Hanija, wurde nach Medienberichten bei einem israelischen Bombenangriff getötet. Zunächst war nicht klar, ob er als aktiver Kämpfer starb. Die islamistischen Hamas-Milizen und ihre Verbündeten feuerten allein am Samstag rund 40 Raketen auf Israel ab, teilte das israelische Militär mit.

Der israelische Verteidigungsminister Mosche Jaalon sagte nach Medienberichten, Israel bereite sich auf weitere «lange Tage des Kämpfens» vor. Israel will nach den Worten von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu solange weiter die Hamas-Kämpfer und ihre Stellungen im Gazastreifen angreifen, bis die Islamisten keine Raketen mehr Richtung Israel abfeuern. Auch die Option eines Einmarschs mit Bodentruppen liegt weiter auf dem Tisch.

Die Bemühungen um einen Nahost-Frieden unter amerikanischer Vermittlung waren im April gescheitert. Auslöser der jüngsten Eskalation der Gewalt waren die Entführung und Ermordung von drei israelischen Teenagern und der mutmaßliche Rachemord an einem palästinensischen Jungen. Eine 2012 vereinbarte Waffenruhe zwischen Israel und der Hamas, die seit 2007 im Gazastreifen herrscht, wurde daraufhin endgültig Makulatur.

Auch die USA riefen die verfeindeten Seiten zur Einstellung der Kampfhandlungen auf. «Je schneller wir eine Waffenruhe erreichen können, umso besser ist das für beide Seiten», sagte der Sprecher von US-Präsident Barack Obama, Josh Earnest, am Freitag (Ortszeit) in Washington. Das Weiße Haus habe in den vergangenen Tagen Gespräche sowohl mit Israel als auch mit den Palästinensern geführt. Die USA würden weiterhin tun, was sie können, um den Konflikt zu entschärfen.

Der ägyptische Präsident Al-Sisi empfing am Samstag in Kairo den Sonderbeauftragten des sogenannten Nahost-Quartetts, Tony Blair. Auch Ägypten steht nach Angaben eines Sprechers in engem Kontakt mit Israelis und Palästinensern und bemühe sich, die Gewalt zu beenden, deren Ursache «Sturheit und Unnachgiebigkeit» seien. Diese Haltung koste unschuldige Menschen das Leben.

Dem Nahost-Quartett gehören neben den USA auch EU, Vereinte Nationen und Russland an. Die Vierer-Runde bemüht sich seit 2002 um eine Lösung des Konflikts zwischen Israel und den Palästinensern.

Palästinenserpräsident Abbas sagte dem libanesischen Fernsehsender Al-Majadin, ihm sei nicht wichtig, wer den Konflikt begonnen habe. Die einzige Lösung werde eine politische sein.

Bei zwei Dritteln der Opfer im Gazastreifen soll es sich um Zivilisten handeln. Das israelische Militär bestreitet diese Darstellung. Es wirft den Militanten vor, Moscheen und Wohnhäuser für militärische Zwecke zu nutzen und so Zivilisten mutwillig zu gefährden.

Das israelische Militär hat mit seiner Offensive nach eigenen Angaben die Waffenstärke der Hamas «beträchtlich reduziert». Bei 158 Luftangriffen seien in den letzten 24 Stunden 68 Raketenstellungen, 21 Posten der Militanten sowie 18 Waffenlager und -fabriken getroffen worden, hieß es am Samstagmorgen. Darüber hinaus seien zehn Militante angegriffen worden, von denen sechs unmittelbar am Abschießen von Raketen auf Israel beteiligt gewesen seien.