Islamkritik – getarnter Fremdenhass, Doppelmoral und Pauschalisierungen

(Emran Feroz). Die so genannte Islam-Debatte scheint eine unendliche Geschichte zu sein. Nachdem vergangene Woche wieder Razzien gegen „Salafisten“ stattgefunden haben und mehrere Personen verhaftet wurden, haben die deutschen Medien ein weiteres Mal ihr Fressen gefunden. Von objektiven und seriösen Diskussionen kann keine Rede sein. Zeuge eines neuen Tiefpunkts konnte man unter anderem bei Günther Jauch werden.

„Islamkritik“ ist ein merkwürdiges Wort. Der Begriff „Christentumskritik“ existiert gar nicht. Etwas derartiges in Bezug auf das Judentum würde man wohl zu Recht als Antisemitismus bezeichnen. Beim Islam ist das anders, es ist alles erlaubt. In Deutschland gehen selbst die krudesten Hasstiraden, wie man sie in zahlreichen fremdenfeindlichen und anti-islamischen Blogs lesen kann, als „Islamkritik“ durch. Auf die Betreiber solcher Seiten konzentrieren sich politische Organe wie der Verfassungsschutz oder das Innenministerium so gut wie gar nicht. Tatsächlich ist eher das Gegenteil der Fall: Die Betreiber der islamfeindlichen Webseite PI-News bezeichnen sich sogar als „verlängerter Arm des Verfassungsschutzes”, da sie vor einer „realen Bedrohung“ warnen.

Ein Handeln seitens der Politik gegen derartige Blogs und Webseiten gab es bis jetzt nicht. Die Bundesregierung meinte nach einer Kleinen Anfrage der Fraktion Die Linke im Jahr 2011, dass PI, eigentlich „Politically Incorrect“, nicht rechtsextremistisch sei, sondern lediglich „islamkritisch“. Des Weiteren war man der Meinung, dass ausschließlich im Kommentar-Bereich des Internetportals hetzerische und fremdenfeindliche Passagen zu finden seien. Ein Blick in PI-News beweist jedoch das Gegenteil. Auf der Seite wird nicht der Islam kritisiert, sondern ausschließlich Hass geschürt. Die dortigen Autoren werfen nur mit Pauschalisierungen und Ressentiments gegen „das Fremde“ und gegen Muslime um sich.

Man stelle sich vor, PI-News würde vorgeben sich mit dem Judentum zu beschäftigen, anstatt mit dem Islam. Man würde nicht mehr über fanatische Mullahs und Ehrenmorde berichten, sondern über homophobe Rabbis und den Burka-Frauen von Jerusalem. Der Aufschrei wäre wahrhaftig groß. Die Bundesregierung würde nicht kleinlich nach „Salafisten“ suchen, sondern PI den Garaus machen. Stattdessen wird gegenwärtig nicht gehandelt. PI-News hat in diesem Fall eine Ausrede, die leider von der breiten Masse akzeptiert wird. „Wir haben nichts gegen die Muslime in unserem Land, sondern sind ausschließlich gegen den Islam, den wir als totalitäre und faschistische Ideologie betrachten.“ Es ist schwer vorstellbar, dass diese Aussage akzeptabel wäre, wenn es sich um Juden oder eine andere Religionsgemeinschaft handeln würde.

Islamfeindliche Blogs haben auch ihre „Helden“, die sie immer wieder hochleben. Unter ihnen sind Henryk M. Broder, auf den sich sogar der Terrorist Anders B. Breivik bezog, aber auch Personen wie Necla Kelek oder Güner Balci. Auch über sogenannte „Islamaussteiger“ wie Barino Barsoum oder Sabatina James wird gerne berichtet. Barsoum und Balci waren auch bei Günther Jauch* eingeladen. Während Barsoum unter anderem von geköpften Küken sprach, zog es Balci vor, permanent zu pauschalisieren und griff den anwesenden Imam, der im Laufe der Sendung zum Sündenbock wurde, immer wieder verbal an.

Ein weiterer Gast, der ebenfalls von der genannten Szene gefeiert wird, ist der CDU-Politiker Wolfgang Bosbach. Dieser beschwert sich immer wieder über die Situation von Christen in Saudi-Arabien. Zum gleichen Zeitpunkt verliert er kein Wort über die Panzerlieferungen seiner Regierung dorthin. Selbiges kann man übrigens auch in Bezug auf den Syrien-Konflikt beobachten. Die „syrische Opposition“, in der man zahlreiche Fanatiker und Radikale findet, wird unter anderem auch von Deutschland unterstützt. Zum gleichen Zeitpunkt beschwert man sich hierzulande über die „Salafisten“. Diese sind – einfach ausgedrückt – in Syrien hui und in Deutschland pfui.

Tatsächlich ist der Ablauf in allen Talkshows, bei denen es um den Islam geht, gleich. Es sind immer wieder dieselben Gäste, sei es nun bei Maischberger oder Jauch, die eine objektive Diskussion vermeiden, indem sie die anderen Anwesenden permanent unterbrechen und diffamieren. Die Moderatoren verlieren meistens nicht nur die Kontrolle, sondern zeigen sich ebenfalls uninformiert und pauschalisierend. Dies war auch bei Jauch der Fall, als er unter anderem feststellte, dass Barsoum nun „für Muslime todeswürdig sei“.

Derartige Sendungen leisten absolut keinen produktiven Beitrag. Obwohl immer wieder einige Personen wie Yassin Musharbash und andere Kenner des Nahen Ostens versuchen, die Debatte zu ihrem ursprünglichen Thema zu führen, gewinnen die „Islam-Basher“ meistens die Überhand. Dies führt nur dazu, dass sich die zahlreichen integrierten Muslime entfremden, denn sie werden mit einer radikalen Minderheit, mit der sie nichts zu tun haben möchten, in einem Topf geworfen.

Die Profiteure sind hauptsächlich jene „Islamkritiker“, die ihren Fremdenhass als seriöse Religionswissenschaft tarnen. Andere wie Kelek und Balci wollen damit ihre eigene Person ins Rampenlicht rücken und so auf sich aufmerksam machen. Das Ganze ist jedoch von einer objektiven Kritik an einer Weltreligion weit entfernt.

Emran Feroz ist ein junger Autor und Blogger, der über den Nahen Osten, Islam und Migration schreibt. Er veröffentlichte unter anderem in renommierten Medien wie „zenith-online“, „Freitag“ oder der „jungen Welt“.