Libanon gedenkt der Explosionskatastrophe von Beirut

Foto: Houssam Shbaro, Anadolu Agency

Der Libanon gedenkt heute der Explosionskatastrophe im Hafen von Beirut vor einem Jahr. Im Land ist Staatstrauer ausgerufen. Das Oberhaupt der maronitischen Kirche, Patriarch Bechara Rai, hält zu dem Zeitpunkt am frühen Abend, als das Unglück stattfand, einen Gottesdienst auf dem Hafengelände. Am 4. August 2020 kamen durch die Detonation von 2.750 Tonnen Ammoniumnitrat in einem ungesicherten Silo rund 200 Menschen ums Leben, 6.500 wurden verletzt. Weite Teile Beiruts erlitten Zerstörungen. Laut Hilfsorganisationen dauern die Folgen an. Von Burkhard Jürgens

Beirut (KNA). Bei einer Gedenkfeier am heutigen Tage sollen begleitet von Kirchenglocken und muslimischen Totengebeten die Namen der Todesopfer verlesen werden. Zugleich sind Trauer- und Protestmärsche geplant, um vor Parlament und Justizpalast gegen die schleppende Aufklärung zu demonstrieren.

Laut dem UN-Kinderhilfswerk Unicef benötigen fast alle Haushalte, die durch die Detonation geschädigt wurden und auf Unterstützung angewiesen waren, weiterhin Geld- und Nahrungsmittelhilfe. Ein Drittel der betroffenen Familien berichte von anhaltenden psychischen Belastungen der Kinder, hieß es in einer Mitteilung Organisation.

Etwa die Hälfte der beschädigten Wohnungen sei noch nicht repariert, so Unicef. Fast 69 Prozent der betroffenen Familien hätten seit vergangenem Jahr keinen Zugang zu Gesundheitsdienstleistungen. Unterdessen sei ein Viertel der Haushalte von mindestens einem Corona-Fall betroffen gewesen.

Caritas international äußerte sich besorgt über eine verstärkte Auswanderung vor allem junger und gut ausgebildeter Menschen. Ungeachtet der Katastrophenhilfe und des Wiederaufbaus habe sich der wirtschaftliche und politische Niedergang des Landes weiter verschärft, erklärte das katholische Hilfswerk am Dienstag in Freiburg.

Die Explosion in Beirut traf ein bereits geschwächtes Land und vertiefte die Krise. Libanons Ministerpräsident Hassan Diab trat nach dem Unglück vom 4. August 2020 zurück. Sämtliche Versuche einer Regierungsbildung schlugen seither fehl. Erschwerend kommen die Folgen der Corona-Pandemie hinzu.

Das Welternährungsprogramm WFP weitet nach eigenen Angaben seine Unterstützung mit Lebensmitteln und Geld auf 1,4 Millionen Menschen im Libanon aus. Die Hälfte der Libanesen und fast alle syrischen Flüchtlinge im Land lebten in tiefer Armut, erklärte das Hilfswerk. Selbst ehemals wohlhabende Familien verfügten infolge von Arbeitslosigkeit und einer massiven Inflation nicht über den nötigen Unterhalt.

UN-Menschenrechtskommissarin Michelle Bachelet bemängelte die ins Stocken geratene Aufklärung des Unglücks. Nötig seien transparente, effektive, gründliche und unabhängige Ermittlungen. Bachelet verlangte, die Verantwortlichen müssten zur Rechenschaft gezogen werden. Die Opfer hätten ein Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf und auf Entschädigung.