Köln (KNA). Im Streit um die Vergabe des Osnabrücker Friedenspreises an den syrisch-libanesischen Dichter Ali Ahmad Said (Adonis) hat der Gründer der Hilfsorganisationen Cap Anamur und Grünhelme, Rupert Neudeck, eine Rücknahme der Jury-Entscheidung gefordert. „Diese Vergabe ist verkehrt und muss rückgängig gemacht werden“, sagte der Menschenrechtler dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ (Freitag).
Neudeck begründete dies mit der Haltung des 85-jährigen Autors zum Regime des syrischen Diktators Baschar al-Assad. „Ein Wahnsinniger macht sein Land kaputt und bringt die Menschen um, während Adonis ruhig daneben steht und nur zu bedenken gibt, dass es die Assad-Gegner vielleicht noch schlimmer treiben könnten.“
Von Wut und Verzweiflung über das Elend des eigenen Volkes sei bei Adonis nichts zu spüren, so Neudeck weiter. „Adonis ist ein guter Literat. Aber als Träger eines politischen Preises in der Tradition des leidenschaftlichen Pazifisten Remarque ist Adonis deshalb für mich völlig unvorstellbar.“
Schon zu Beginn der Woche hatte es Kritik an der Entscheidung gegeben. So erklärte unter anderen der aktuelle Träger des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels, Navid Kermani, er habe es wegen Saids politischer Stellungnahmen abgelehnt, am 20. November in Osnabrück die Laudatio auf ihn zu halten. Er schätze Adonis' lyrisches Werk, doch habe dieser keine Distanzierung zum brutalen Vorgehen des Regimes gegen das eigene Volk erkennen lassen.
Die Stadt Osnabrück entgegnete am Mittwoch, es sei der Jury bewusst gewesen, dass die Verleihung eine kontroverse Diskussion entfachen könnte. „Mit der Auszeichnung für Adonis ist aber auch beabsichtigt gewesen, intensiv über die Problematik in Syrien ins Gespräch zu kommen, über Lösungsmöglichkeiten zu diskutieren, die Frage nach der Verantwortlichkeit und Einflüssen anderer Staaten zu stellen“, hieß es in der Erklärung. Laut „Kölner Stadtanzeiger“ sind in der Jury „erhebliche Unstimmigkeiten über die Umstände der Preisverleihung“ aufgebrochen.
Dem Lyriker und Essayist Adonis war vergangene Woche der mit 25.000 Euro Erich-Maria-Remarque-Friedenspreis von der Stadt Osnabrück zuerkannt worden. Damit werde sein Eintreten für die Trennung von Religion und Staat, die Gleichberechtigung der Frau in der arabischen Welt und für eine aufgeklärte Gesellschaft geehrt, erläuterte Oberbürgermeister Wolfgang Griesert (CDU).
Adonis, am 1. Januar 1930 im nordsyrischen Qassabin geboren, gilt als einer der bedeutendsten arabischen Literaten der Gegenwart. In seinen Werken beschäftigt sich der Autor, der als Kandidat für den Literaturnobelpreis gehandelt wird, mit Spannungen und Verwerfungen der arabischen Kultur zwischen Tradition und Moderne. Durch Kritik sorgt er immer wieder für Aufsehen.
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