Pekinger Terror: China steckt uigurischen Regimekritiker lebenslang hinter Gitter

Die Spannungen zwischen Uiguren und Chinesen in der Unruheregion Xinjiang eskalieren. Der Bürgerrechtler Tohti gilt als gemäßigte Stimme der Minderheit. Jetzt kommt er lebenslang ins Gefängnis.

Ürümqi (dpa). In einem ungewöhnlich harschen Urteil ist in China der uigurische Bürgerrechtler Ilham Tohti zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Vor dem Hintergrund der Eskalation der Gewalt in der Unruheregion Xinjiang im Nordwesten befand das Mittlere Volksgericht in Ürümqi den renommierten Pekinger Wirtschaftsprofessor des «Separatismus» für schuldig, wie sein Anwalt Li Fangping der Nachrichtenagentur dpa berichtete. Die unerwartet hohe Strafe stieß auf scharfe Kritik internationaler Menschenrechtsgruppen, die von einem «Angriff auf die Gerechtigkeit» sprachen.

«Ich weise das entschieden zurück», rief der 44-Jährige nach der Urteilsverkündung empört, als ihn Polizisten aus dem Saal des Gerichts in der Regionshauptstadt brachten. Der Kritiker der Pekinger Minderheitenpolitik gilt als gemäßigte Stimme der muslimischen Uiguren, die Unterdrückung durch die herrschenden Chinesen beklagen. Ursprünglich war eine Haftstrafe bis zu zehn Jahren erwartet worden. «Das kann man nicht hinnehmen», sagte sein Anwalt. «Wir werden auf jeden Fall Berufung gegen das Urteil einlegen.»

Tohti sei unschuldig, beteuerte Li Fangping. «Was er getan hat, liegt völlig im Rahmen der freien Meinungsäußerung.» Schon die Inhaftierung und der zweitägige Prozess vergangene Woche war international auf scharfe Kritik gestoßen. Menschenrechtsgruppen beklagten ein ungerechtes politisches Verfahren, mit dem ein Exempel statuiert werden solle. Angesichts verschärfter Spannungen zwischen Uiguren und Chinesen und einer Serie von Terroranschlägen und Zusammenstößen in Xinjiang greift die Regierung in der Konfliktregion hart durch.

«Es ist ein schändliches Urteil, das keine Grundlage in der Wirklichkeit hat», sagte William Nee von Amnesty International. «Tohti hat friedlich daran gearbeitet, Brücken zwischen den ethnischen Gruppen zu bauen, und wurde dafür mit politisch motivierten Vorwürfen bestraft.» Tohti, der die chinesische Regierung wiederholt für ihren Umgang mit den Uiguren kritisiert hatte, war im Januar in seiner Heimatstadt Peking festgenommen worden, aber im fernen Ürümqi vor Gericht gestellt worden.

Mit Studenten hatte Tohti eine Webseite für die uigurische Minderheit geschaffen. Sieben von ihnen wurden unter ähnlichen Separatismusvorwürfen festgenommen. Wann ihr Prozess stattfinden wird, ist noch unklar. Auch die Menschenrechtsgruppe Chinese Human Rights Defenders (CHRD) verurteilte die «Verfolgung» von Tohti, der nur sein Recht auf freie Meinungsäußerung ausgeübt habe. «Das Gericht hat keine Beweise, um die Separatismus-Anklage zu unterstützen», sagte Renee Xia von CHRD. «Der Prozess war ungerecht.»