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Pläne und Herausforderungen: Staatengemeinschaft ringt um mehr Klimaschutz

Ausgabe 307

Foto: jcomp, Freepik

Erst die Einigung der EU auf ein neues Klimaziel für 2030, dann ein virtueller UN-Gipfel zum Klimaschutz. Es tut sich was in der Politik. Aber ähnlich wie im Fußball gilt: Nach der Konferenz ist vor der Konferenz.

Bonn (KNA). Gemeinsam mit Großbritannien und Frankreich, zusätzlich unterstützt durch Chile und Italien, wollte UN-Generalsekretär Antonio Guterres die Welt am Ende diese Jahres noch einmal aufrütteln. „Wenn wir den Kurs nicht ändern, könnten wir auf einen katastrophalen Temperaturanstieg von mehr als drei Grad in diesem Jahrhundert zusteuern“, mahnte er beim virtuellen Klimagipfel am 12. Dezember.

Die Videokonferenz fand exakt fünf Jahre nach Unterzeichnung des Klimaabkommens von Paris statt. Damals verpflichtete sich die Staatengemeinschaft darauf, den Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur auf deutlich unter 2 Grad und möglichst nahe 1,5 Grad im Vergleich zum vorindustriellen Niveau zu begrenzen. Dafür muss aber in den kommenden Jahren der Ausstoß von Kohlendioxid und anderen klimaschädlichen Gasen deutlich reduziert werden.

Die Videokonferenz, bei der Staats- und Regierungschefs sowie Unternehmensvertreter aus mehr als 70 Ländern vorsprachen – von Papst Franziskus bis Apple-Chef Tim Cook – hatte etwas von einem Schaulaufen. Geladen waren diejenigen, die bei dem „Ambitionsgipfel“ ihr Engagement in Sachen Klimaschutz zu steigern versprachen. Es fehlten „Klimasünder“ wie Australien, Brasilien oder Saudi-Arabien. Und die USA, die unlängst erst aus dem Pariser Abkommen austraten, unter ihrem künftigen Präsidenten Joe Biden diesen Schritt aber rückgängig machen wollen.

In diesen Tagen und Wochen werden entscheidende Weichen in der Klimapolitik gestellt. Eigentlich müssten längst alle Unterzeichner des Klimaabkommens ihre Pläne zu Steigerungen beim Klimaschutz für die kommenden fünf Jahre vorgelegt haben, die sogenannten freiwilligen Beiträge oder Nationally Determined Contributions (NDC). Viele Staaten haben ihre Hausaufgaben noch nicht gemacht.

Beim virtuellen UN-Gipfel gab es ambitionierte Versprechen in Serie. Angefangen bei den kleinen Inselstaaten wie Barbados und den Malediven, die bis 2030 keine Treibhausgase mehr ausstoßen wollen, über den Vatikan, der die Netto-Emissionen bis 2050 auf Null bringen will, bis hin zu den großen Playern wie Großbritannien, das bis 2030 seinen CO2-Ausstoß um 68 Prozent – verglichen mit dem Niveau von 1990 – reduzieren möchte.

Für Beobachter wie Kathrin Schroeder vom Hilfswerk Misereor eine durchaus angenehme Erfahrung. „Anders als bei offiziellen Verhandlungen während der UN-Klimakonferenzen, bei denen es häufig vor allem darum geht, was politisch alles nicht machbar ist, war es zur Abwechslung erfrischend zu hören, welche ambitionierten Pläne die Vertragsstaaten haben und welche Wichtigkeit sie dem Kampf gegen die Klimakrise beimessen.“ Ein Problem bleibt indes: die Umsetzung.

Das zeigte sich schon Ende der Woche, als die Staats- und Regierungschefs der EU sich auf ihr Klimaziel für 2030 verständigten. Der Staatenbund strebt einen Rückgang beim CO2-Ausstoß um 55 Prozent im Vergleich zum Referenzjahr 1990 an. Weil aber ein Lastenausgleich zwischen den wirtschaftlich stärkeren und den schwächeren Mitgliedstaaten angestrebt wird, bedeutet das für Deutschland: Die Bundesregierung muss, mitten im Wahljahr, ihren klimapolitischen Kurs auf den Prüfstand stellen und ihre Anstrengungen noch einmal deutlich über die 55-Prozent-Vorgabe hinaus steigern.

Enttäuschend aus Sicht von Nichtregierungsorganisationen verlief der UN-Gipfel dagegen mit Blick auf die sogenannte Klimafinanzierung. Sie soll vor allem die ärmeren Länder bei der Anpassung an die jetzt schon spürbaren Folgen des Klimawandels unterstützen. Auch nach dem UN-Gipfel fehle den ärmsten und verletzlichsten Staaten Planungssicherheit im Kampf gegen die Klimakrise, erklärte das evangelische Hilfswerk „Brot für die Welt“. Deutschland, das 500 Millionen Euro für den internationalen Klimaschutz zusagte, habe „eine wichtige Chance vertan, andere Industrieländer in Zugzwang zu bringen, ebenfalls konkrete Zusagen zu machen“.

Neue Verhandlungen und Konferenzen werden nötig sein, um in der Spur des 1,5-Grad-Ziels zu bleiben und die Last der bereits entstandenen Schäden gerecht zu verteilen. Guterres drückte jedenfalls aufs Tempo. Schon jetzt, betonte er, sei es 1,2 Grad wärmer als vor der Industrialisierung.