Pressestimmen zum Nahost-Plan

Foto: pixabay.com, Gerd Altmann

Dieser „Friedensplan“ ist zynisch. Das Jordantal, das Israel annektieren will, ist die grüne Lunge des Westjordanlandes. Es macht 30 Prozent des gesamten Gebietes aus. Und zum Ausgleich sollen die Palästinenser Teile der Negevwüste erhalten? Im Ernst? Dieselbe Sprengkraft hat die Absicht, einen Großteil Ostjerusalems Israel zuzuschlagen. Mit der Bezeichnung Ostjerusalem ist beileibe nicht nur der östliche Teil der für Juden, Christen und Muslime gleichermaßen heiligen Stadt gemeint. Dazu zählen längst die mächtigen Siedlungsblöcke, die viele Kilometer weit ins Westjordanland hineinreichen. Wenn dann auch noch die Siedlungen (bis auf ein paar „illegale“ Außenposten) Israel einverleibt werden sollen, dann bleibt nichts mehr übrig, aus dem sich ein palästinensischer Staat formen ließe.
Nürnberger Nachrichten
Heraus kam in der Sache genau das, was man von diesen Protagonisten erwarten durfte: der alte politische Taschenspielertrick. Zwei relativ starke Partner einigen sich auf Kosten eines relativ schwachen Dritten darauf, ihre Interessen durchzusetzen – mit brachialer Machtpolitik. Recht, und seien es verbindliches Völkerrecht oder UN-Resolutionen, wird mit Füßen getreten – was gilt, ist das Recht des Stärkeren. Man braucht kein Prophet zu sein, nur etwas historisch interessiert, um zu erkennen, das sich auf diese Weise noch nirgendwo hat Frieden erzielen lassen. Die Palästinenser werden sich mit ihren – untauglichen – Mitteln gegen diese aufoktroyierte Entrechtung zur Wehr setzen.
Kölnische Rundschau
Druck statt Dialog. Der Stärkere zwingt dem Schwächeren seinen Willen auf. Und wer nicht pariert, der wird bestraft. Das sind seit jeher die Konzepte von Donald Trump – egal ob früher als Immobilien-Mogul oder jetzt als US-Präsident. Nach diesen Mustern entstand auch der seit langem angekündigte Nahost-Plan, den er vollmundig als „Jahrhundert-Deal“ anpries. Von einem „großen Schritt in Richtung Frieden“ sprach er nach den Treffen mit Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu und dessen Herausforderer Benny Gantz. Das darf getrost bezweifelt werden. Trumps Plan zementiert das Recht des Stärkeren. So macht man keinen Frieden. So bereitet man den Boden für weitere Gewalt. Bereits vor der Verkündung in Washington gingen in den Palästinensergebieten Hunderte Menschen auf die Straßen. Sollte Netanjahu nun tatsächlich mit weiteren Annexionen im Westjordanland beginnen, dürfte die nächste Intifada nicht lange auf sich warten lassen.
Aachener Nachrichten
Er werde „im Mülleimer der Geschichte“ landen, sagt Palästinenserpräsident Mahmud Abbas. Seine Reaktion überrascht nicht. Es gibt vieles zu kritisieren am altersschwachen Abbas, der nun im 16. Jahr einer Amtszeit steht, die eigentlich auf vier Jahre angelegt war. Doch kein Anführer der Palästinenser könnte einen Deal akzeptieren, der im Endeffekt Jerusalem aufgibt und sein Volk zu fortgesetzter Staatenlosigkeit degradiert. Weit entfernt von einem gut gemeinten Versuch zur Lösung des Konflikts, war Trumps Plan eine Beruhigungspille für rechte Ideologen sowohl in Jerusalem als auch in Washington. Vielleicht war er auch nie als etwas anderes gedacht.
The Economist (Großbritannien)
Bei der Bekanntgabe seines Deals behauptete Trump, führende Politiker der Welt würden hinter ihm stehen, unter ihnen auch „Boris“ (Johnson). Doch mangels regionaler und palästinensischer Unterstützung passen diese Pläne nicht zur britischen sowie zur EU-Politik. Sie mögen bestenfalls als eine Geste der Unterstützung für (Israels Ministerpräsidenten Benjamin) Netanjahu angesehen werden, der gleichzeitig einen Wahlkampf bestreitet und mit einer Korruptionsanklage konfrontiert ist, die gestern offiziell erhoben wurde.
Vorschläge zur Annexion (palästinensischer Gebiete), dürften endlos durch israelische Gerichte blockiert werden, wenngleich Netanjahu und (dessen Herausforderer Benny) Gantz sie begrüßten. Jeder US-Präsident in den vergangenen drei Jahrzehnten ist mit dem Versuch gescheitert, diesen kompliziertesten aller Konflikte zu lösen. Trump scheint nun in ihre Fußstapfen zu treten.
The Times (Großbritannien)
Der Plan kommt hauptsächlich Trump und Netanjahu selbst zugute. Seine Bekanntmachung wurde mehrmals verschoben, aber auch der jetzt gewählte Zeitpunkt ist alles andere als neutral. Am Dienstag wurde Premierminister Benjamin Netanjahu formell wegen Korruption in drei Fällen angeklagt, nachdem er seinen Antrag auf Immunität vor dem israelischen Parlament zurückgezogen hatte. Trump selbst ist in ein Amtsenthebungsverfahren verwickelt. Die US-Unterstützung für ein Abkommen, das fast vollständig Israels Wünschen entspricht, stärkt Netanjahus Ausgangsposition bei der im März bevorstehenden Wahlrunde.
„Wir werden gemeinsam Geschichte schreiben“, sagte Netanjahu vor seiner Abreise nach Washington. Aber der Plan wurde nicht für den Frieden gemacht. Solange es weder von den arabischen Nachbarländern noch von den Palästinensern selbst Unterstützung gibt, wird der Plan dort enden, wo die meisten bisherigen Friedenspläne landeten: auf dem Haufen gescheiterter Initiativen. Aber dann hatten Netanjahu und Trump bereits ihren Moment des Ruhmes.
NRC Handelsblad (Niederlande)
Das (der Nahost-Plan von US-Präsident Donald Trump) ist wirklich vielmehr ein Deal als irgendetwas anderes. Trumps Ideen zufolge verlangt man von den Palästinensern, dass sie ihren Wunsch, einen eigenen Staat zu haben, praktisch für mehrere Milliarden Dollar verkaufen. Der amerikanische Präsident verspricht großzügige Hilfen zur Entwicklung der palästinensischen Wirtschaft. Gleichzeitig sollen aber Israel alle Rechte auf das Land gegeben werden, den Palästinensern wird eine „begrenzte Autonomie“ unter Israels Kontrolle zugeteilt. (.) Es ist also nicht überraschend, dass sie nicht von dem Deal hören wollen.
Duma (Bulgarien)
Kurzum, die Israeli bekommen sämtliche Stücke des Kuchens und die Palästinenser ein paar Krümel. Welchen Anreiz Letztere haben sollen, sich auf einen solchen Deal einzulassen, ist schleierhaft. Die Palästinenser hatten sich bereits aus dem Prozess verabschiedet, als Washington Ende 2017 Jerusalem als Hauptstadt Israels anerkannte und damit kein unparteiischer Vermittler mehr war. Ihre Vertreter waren bei der Ausarbeitung des „Friedensplans“ nicht dabei – das konnte Trump auch nicht damit wettmachen, dass er sie bei seinem Auftritt mit Netanyahu überschwänglich lobte. Der Plan wird keinen Frieden bringen. Im Gegenteil. Er schürt neue Spannungen und könnte gar zu einem Wiederaufflammen der Intifada führen.
Neue Zürcher Zeitung (Schweiz)
Der Plan sieht zwar eine Zweistaatenlösung vor, aber unter Bedingungen, die vor allem für Israel vorteilhaft sind. So soll Jerusalem die „ungeteilte Hauptstadt“ Israels bleiben. Außerdem sollen alle Siedlungen, die die internationale Staatengemeinschaft als völkerrechtswidrig ansieht, Teil von Israels Staatsgebiet werden. Damit soll ein jahrelanger Rechtsbruch handstreichartig legalisiert werden. Noch nie hat ein US-Präsident einen Plan vorgestellt, der so einseitig zugunsten der Israelis ausfiel. Da bleibt den Palästinensern nicht mehr viel übrig für einen eigenen Staat. (…)
Der Plan wird die Spannungen in der Region verschärfen. Viel hängt nun von den Reaktionen der Palästinenser ab. Farbe werden auch die arabischen Staaten bekennen müssen, ob sie die Forderung nach einem palästinensischen Staat aufrechterhalten und die Führung in Ramallah tatsächlich in ihrem Bestreben unterstützen. Die EU-Staaten müssen sich vorwerfen lassen, seit Jahren keine konkreten Schritte zur Umsetzung der Zweistaatenlösung unternommen zu haben. Die Palästinenser haben allen Grund, sich isoliert zu fühlen.
Tages-Anzeiger (Schweiz)
Er dankte den Botschaftern des Omans, der Vereinigten Arabischen Emirate und von Bahrain. Der Riss, der seit Jahren die arabische Welt spaltet, spiegelte sich hier wider: in den wenigen Worten, die US-Präsident Donald Trump im Weißen Haus bei der Vorstellung seines „Jahrhundertabkommens“ aussprach. Jahrelang war der Fall der Palästinenser der einzige Klebstoff, der alle Länder der arabischen und islamischen Welt zusammenhielt. Aber seit einiger Zeit weiß man bereits, dass das nicht mehr so ist. (…) Es geht nicht mehr darum, wer für oder gegen die Palästinenser ist, sondern wer auf der Seite des Irans steht und wer nicht.
La Repubblica (Italien) 
Präsident Donald Trump bezeichnet seinen Friedensplan für den Nahen Osten als Abkommen des Jahrhunderts. Aber das ist es nicht. Es ist nicht einmal ein Abkommen, sondern nur ein Plan, der eine einzelne Konfliktpartei wahrnimmt. Trump hat recht, dass der Plan anders ist als andere Initiativen: Er beinhaltet nur Israel. Die Palästinenser werden vor vollendete Tatsachen gestellt. Es ist richtig, dass der Plan deutlich detaillierter als vorherige Entwürfe ist. Aber er ist einseitig – und löst alles ein, was sich Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu nur wünschen kann.
Verdens Gang (Norwegen)