Rückblick auf Zusammenstöße zwischen gewaltbereiten Kurden und Salafisten

Ausgabe 233

(iz). Als „Konflikt zwischen Kurden und Muslimen“ waren die gewaltsamen Ausschreitungen in der Nacht vom 7.-8. Oktober auf dem Steindamm im Hamburger Viertel St. Georg in den Medien bezeichnet worden. Dieser Darstellung traten am folgenden Tag bei einer gemeinsamen Pressekonferenz Vertreter der SCHURA Hamburg, der Al-Nour-Moschee, wie auch des Kurdischen Kulturzentrums entschieden entgegen. Die überwiegende Mehrheit der Kurden sind Muslime.

Zu den Mitgliedern der SCHURA gehören drei kurdische Moscheegemeinden. In St. Georg hätten Menschen unterschiedlicher Herkunft mit ihren verschiedenen Vereinen und Moscheen friedlich zusammen gelebt, was auch so bleiben solle. Einig waren sich alle Beteiligten auch darin, dass Extremisten wie gewaltbereite Salafisten und Sympathisanten des so genannten Islamischen Staates, allen gemeinsamer Gegner seien.

Soweit sich die Ereignisse rekonstruieren lassen, hatte sich eine Gruppe offensichtlich gewaltbereiter Jungendlicher aus der salafistischen Szene zu einem Angriff auf das Kurdische Kulturzentrum am Steindamm verabredet. Dort trafen sie auf KurdInnen, die von einer Demonstration gegen die Bedrohung der Stadt Kobane durch den IS zurück kehrten. Es kam zu Auseinandersetzungen. Die Salafisten zogen sich daraufhin um die Ecke in den Kleinen Pulverteich zurück.

Dort befinden sich, in einem größeren Ge­bäudekomplex, die albanische Moschee und die Al-Nour-Moschee. Al-Nour gehört zu den großen Moscheegemeinden und wurde über Hamburg hinaus durch den Kauf einer ehemaligen Kirche bekannt, die derzeit zu einer Moschee umgebaut wird. Die Moschee ist dialogorientiert und explizit antiextremistisch ausgerichtet. Mit Daniel Abdin stellt Al-Nour einen der SCHURA-Vorsitzenden. Diese Moschee weist damit kaum eine Nähe zu Salafisten auf.

Zwischenzeitlich sperrte die Polizei, die Ecke Steindamm/Kleiner Pulverteich sowie die Straße vor dem Moscheegebäude. Salafistische Jugendlichen, die mit Hieb- und Stichwaffen versehen waren, hielten sich zum Teil auf dem Platz vor und zum Teil in der Moschee auf. Sie begannen Parolen zu rufen, mit denen sie ihre Sympathie für den IS ausdrückten.

Angesichts dieser Umstände erklärten der stellvertretende Imam der Al-Nour-Moschee und drei eingetroffene SCHURA-Vorstandsmitglieder, für die Moschee das Hausrecht auszuüben und alle Personen – die betenden Gemeindemitglieder hatten zwischenzeitlich gehen können – aus der Moschee zu verweisen. Die Moschee wolle kein Obdach für Gewalttäter und Extremisten sein. Dies wurde auch gegenüber den Polizeikräften erklärt und diese zur Durchsetzung aufgefordert, woraufhin diese – trotz der sich immer weiter aufladenden Aggressivität – gleichwohl keinen Anlass zum Handeln sahen. Dabei muss gesagt werden, dass der Imam und die SCHURA-Vorstandsmitglieder von den IS-Sympathisanten zum Teil massiv bedroht wurden. Erst gegen 23.30 Uhr begann die Polizei mit verstärkten Kräften und unter Einsatz von Wasserwerfern den Steindamm zu räumen. Die Personen vor den Moscheen wurden ebenfalls abtransportiert. Im Umfeld zogen sich noch Auseinandersetzungen bis in die frühen Morgenstunden hin.

Bereits am nächsten Morgen danach trafen sich Vertreter von SCHURA, der Al-Nour-Moschee und dem Kurdischem Kulturzentrum sowie die Bürgerschaftsabgeordneten Christiane Schneider und Cansu Özdemir von der Linken, St. Georgs Pastor Kay Kraak und Vertreter der Polizei zu einem runden Tisch, zu dem man sich noch in der Nacht verabredet hatte. Einig war man sich auch in der politischen Bewertung, dass es in Hamburg keinen Konflikt zwischen Kurden und Muslimen gibt, jedoch ein gemeinsames Problem mit gewaltbereiten salafistisch orientierten Personen, dass gesellschaftlich gelöst werden muss.

Deshalb wurde eine Medienberichterstattung, die von einem „Konflikt“, gar einem „Krieg“ zwischen Kurden und Muslimen auf den Straßen Hamburgs sprach, als besonders problematisch angesehen. Man reagierte, in dem noch am Nachmittag desselben Tages SCHURA, Al-Nour-Moschee und Kurdisches Kulturzentrum auf einer von ihnen einberufenen Pressekonferenz eine gemeinsame Darstellung abgaben. Dies wurde allgemein positiv gewertet.

Seitens der Verantwortlichen in den Gemeinden ist erhöhte Aufmerksamkeit geboten, eventueller Versuche aus dem salafistischen Spektrum, sich in Moscheen breit zu machen und diese für ihre Zwecke zu missbrauchen. Oft werden strukturelle Schwächen in kleineren Moscheen ausgenutzt. Solche Versuche hatte es in den letzten Monaten in Hamburg auch in zwei Moscheen gegeben, dem inzwischen aber durch die SCHURA, in Zusammenarbeit mit Imamen und Moscheevorständen, konsequent entgegen gearbeitet wird.