
Im Sudan konkurrieren die Armee und die RSF-Einheiten um politische Kontrolle und Dominanz im Land. Auch Goldvorkommen spielen ein Rolle.
„Die Menschen sind in ihren Häusern gefangen und haben Angst vor dem, was in den nächsten Tagen passieren wird. Das Leben ist wie gelähmt, alles ist geschlossen und die Lebensmittelvorräte gehen zur Neige.“ Elsadiq Elnour, Landesdirektor Sudan Islamic Relief
Menschen im Sudan tragen die Last des Krieges
(iz). Seit 15. April kämpfen Einheiten der regulären sudanesischen Streitkräfte sowie Truppen der bis zu 100.000 Mann starken Rapid Support Forces (RSF) um die politische und militärische Kontrolle in Khartum. Die aus den berüchtigten Dschandschawid hervorgegangene Miliz wurde vom gestürzten Diktator al-Bachir für seine Verwendung gegründet.
Nach Erkenntnissen von Islamic Relief Deutschland (IRD) trage die Zivilbevölkerung die Hauptlast der Gefechte, die sich nach Aussagen von HelferInnen über das Land ausbreiteten. „Familien sind in ihren Häusern eingeschlossen und haben kaum noch Lebensmittel und Wasser. Mehr als hundert Zivilisten wurden inzwischen getötet und Hunderte weitere verletzt.“ Bisher hätten die Konfliktparteien in Wohngebieten und nahe von Krankenhäusern gekämpft.
Foto: UNHCR/Aristophane Ngargoune
Hilfsorganisationen haben teils die Arbeit eingestellt
Wie Medien berichteten, seien dabei Mitarbeiter von humanitären Organisatoren ums Leben gekommen. Außerdem wurden deren Büros geplündert, sodass nach Angaben von Islamic Relief die „lebenswichtige humanitäre Arbeit“ eingestellt werden musste. Insbesondere in Westdarfur (wo Vorläufer der RSF in der Vergangenheit Massaker anrichteten) sei die Lage „besonders dramatisch“.
Geschäfte, Märkte und Banken seien geschlossen, sodass die Menschen keinen Zugang zu Geld oder überlebenswichtigen Gütern hätten. In einigen Orten verdreifachten sich die Lebensmittelpreise seit dem 22. April, da Vorräte immer knapper würden. „Die Krankenhäuser sind überfordert und haben Berichten zufolge keinen Sauerstoff, keinen Treibstoff und keine Blutkonserven mehr, um die Verwundeten zu behandeln. Patienten haben um sicheres Verlassen gebeten, da sich die Kämpfe in der Nähe der Krankenhäuser ausweiten.“
Eine Verschlechterung der humanitären Lage wurde von UN-Amt für Humanitäre Angelegenheiten (OCHA) bestätigt. Aktuell seien mehr als 400 Tote und über 3.500 Verletzte zu beklagen. Trotz einer vor dem Ende des Ramadan ausgerufenen, 72-stündigen Waffenruhe, hielten die Gefechte an.
„Am Samstagmorgen gab es Berichte über Explosionen und Zusammenstöße in Umgebung von Armeezentrale und Präsidentenpalast in Khartum“, meldete das Nachrichtenportal „Sudan Tribune“. Auslöser für den Machtkampf dürfte ein Streit zwischen den Streitkräften und der Miliz über die Zukunft des ostafrikanischen Landes gewesen sein.
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Dagalo und Hemedti kämpfen um die Macht
Seit dem Sturz von Diktator Omar al-Baschir 2019 herrschten beide Kräfte in einer gemeinsamen Militärregierung. Der Anführer der etwa 100.000 Mann starken RSF, Mohamed Hamdan Dagalo, genannt Hemedti, zeigte sich am 21. April in Uniform und mit Sturmgewehr an der Front in Khartum.
Die Armee sei seit jeher die Macht hinter der Präsidentschaft gewesen, schrieb der internationale Beobachter Andrew Firmin in seiner Analyse. Es heiße, sie kontrolliere wichtige Unternehmen, da sie viele Firmen übernommen hat, die einst al-Bashir und seinem engsten Kreis gehörten.
Hemedti habe eigene Ressourcen, darunter den illegalen Goldabbau – etwas, das ihn mit Russland verbinde. Berichten zufolge kontrollieren Söldner der berüchtigten Wagner-Gruppe Goldminen im Gegenzug für Goldexporte nach Russland. Jetzt beliefere Wagner die RSF angeblich mit Raketen.
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Im Streit um die politische Zukunft nach dem Sturz der langjährigen Diktatur gab sich der RSF-Chef als Unterstützer einer friedlichen Machtübergabe aus. Dies hätte es ihm ermöglicht, die Streitkräfte herauszufordern. Armeechef Burhan war eine Interimslösung, die den Übergang zu geordneten Verhältnissen garantieren sollte. Vorschläge zur Einbindung der RSF in die Armee sei nach Ansicht von Firmin der letzte Auslöser für Hemedti gewesen.
Während sich die Generäle streiten, schwindet die Wirtschaft und die Lebenshaltungskosten steigen. Seit dem Staatsstreich sind grundlegende Haushaltswaren wie Brot zehnmal teurer als zuvor, und andere Artikel sind um bis zu 300 Prozent teurer geworden. Wie eine Frau auf dem Markt in Khartum in einem kürzlich erschienenen Reuters-Bericht feststellte, „kämpfen wir um Lebensmittel, während sie um die Plünderung des Landes kämpfen“.
* Mit Material von KNA, IPS & „The Conversation“.