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"Unser Ziel ist es, die größte politische Jugendbewegung zu werden"

Foto: JuBIG

(iz). Die Partei Bündnis für Innovation und Gerechtigkeit (BIG) gründete vor kurzem ihre Jugendorganisation. Wir sprachen mit ihrem Sprecher Tolga Özgül über die Hintergründe und Ziele.

Was verspricht sich die BIG mit der Gründung einer Jugendorganisation?

Özgül: Die Jugendlichen von heute werden die Zukunft Deutschlands prägen. Durch die Gründung der JuBIG bieten wir als BIG Partei jungen Menschen in Deutschland eine Plattform, entsprechend ihren Vorstellungen und Ideen, unsere politische Arbeit aktiv mitzugestalten. Insbesondere viele Jugendliche mit und ohne Zuwanderungshintergrund können sich mit den etablierten Parteien und deren Jugendorganisationen in keinster Weise identifizieren, da deren Interessen und Ziele mit denen vieler Jugendlicher nicht übereinstimmen. Insbesondere hunderttausende muslimische Jugendliche in Deutschland sehen sich von keiner der etablierten Parteien ernsthaft repräsentiert. Die BIG Partei möchte zudem durch ihre BIG Akademie für politische Bildung Jugendlichen eine Möglichkeit und Perspektive bieten, sich politisch weiter zu bilden.

Ist die JuBIG eine Reaktion auf die Polarisierung von migrantischen Jugendlichen im Internet?

Als JuBIG verstehen wir uns nicht als Reaktion auf etwas. Wir sehen uns als eine konsequente und notwendige politische Jugendbewegung, die möglichst viele Jugendliche in Deutschland ansprechen möchte. Unser Ziel ist es in 5 Jahren die größte politische Jugendbewegung in Deutschland zu werden. Dafür werden wir hart arbeiten. Unser Vorteil ist, dass die BIG Partei schon in 9 Bundesländern und 40 Städten mit Landesverbänden und Kreisverbänden vertreten ist.

Wie möchte die JuBIG der aufkommenden Dialektik in der Debatte um politische Teilhabe Deutscher mit Migrationshintergrund entgegentreten?

Özgül: Die Art der Debatte bezüglich der politischen Teilhabe von Bürgern mit sogenanntem Migrationshintergrund halten wir für sehr populistisch geführt. Der JuBIG ist die politische Teilhabe aller Jugendlichen in Deutschland sehr wichtig, denn wir machen keinen Unterschied zwischen den jungen Menschen in Deutschland, ob mit oder Migrationshintergrund. Jedoch wird leider die undifferenzierte, diskriminierende Haltung und Handlung der etablierten Parteien insbesondere gegenüber den Jugendlichen mit „anderen“ kulturellen und religiösen Identitäten, den Anforderungen unserer sich wandelnden Gesellschaft nicht gerecht.

Als JuBIG fordern wir die rechtliche Gleichbehandlung aller Jugendlichen in Deutschland, dazu gehört für uns in erster Linie ein allgemeines Wahlrecht für alle Jugendlichen, die Deutschland geboren sind sowie für alle Bürger in Deutschland, die länger als 5 Jahre hier leben. Die bisherige Gesetzeslage ist ungerecht. Alle Bürger, darunter viele Millionen Jugendliche, die keine deutsche bzw. die Staatsangehörigkeit eines EU-Landes besitzen, können an der politischen Willensbildung keinen Einfluss nehmen, obwohl sie schon mehrere Jahre in Deutschland leben. Diese rechtliche Benachteiligung führt dazu, dass viele Menschen in Deutschland ausgegrenzt werden von politischer Teilhabe und von einem Grundrecht wie das Wahlrecht. In Artikel 38 Absatz 1 des Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland heißt es: „Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages werden in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt. Sie sind Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen.“

Wie können Abgeordnete im Bundestag Vertreter des ganzen Volkes sein, obwohl über ca. 5,5 Millionen Bürger mit ausländischen Wurzeln, als Teil des Volkes aufgrund ihres fehlenden Wahlrechts diese „Volksvertreter“ gar nicht wählen können bzw. dürfen. Zudem sind rechtlich auch viele Millionen Jugendliche unter 18 vom Wahlrecht ausgeschlossen. Dass man dann verallgemeinernd Bürgern mit Zuwanderungshintergrund und Jugendlichen vorwirft politisch desinteressiert zu sein, ist unter diesen Rechtsumständen eine Farce.

Wie ist die Resonanz unter jungen Leuten auf die Gründung?

Özgül: Die Resonanz auf die Gründung von JuBIG unter jungen Leuten ist sehr positiv und groß. Binnen weniger Tage und der letzten paar Wochen seit unserer Gründung sind mehrere Jugendliche auf uns zugekommen und ihr Interesse bekundet mitwirken zu wollen. Viele Jungendliche mit verschiedenen Wurzeln und vor allem muslimische Jugendliche sind der JuBIG beigetreten. Gerade diese Entwicklung zeigt uns, dass eine große Anzahl der Jugendlichen sich nicht von den etablierten Parteien repräsentiert fühlen und deshalb der JuBIG beitreten. Die JuBIG verleiht diesen Jugendlichen eine politische Stimme, damit auch sie die Chance haben, mit ihrer Identität und ihren Werten in der Politik vertreten zu sein, etwas zu bewirken und zu verändern.

Was kann man zukünftig von der JuBIG erwarten?

Özgül: Als JuBIG wollen wir politische Prozesse vorantreiben, wir werden uns verstärkt für mehr Rechte und Chancengleichheit der Jugendlichen in Deutschland einsetzen, denn offensichtlich werden die Jugendlichen in vielen Bereichen des alltäglichen Lebens, insbesondere bei der politischen Teilhabe, vernachlässigt. Leider sind etablierte Parteien zu ideologisch und populistisch, ihre Haltung ist geprägt von Arroganz und Ignoranz sowie in vielen Fragen von Inkompetenz, sie pauschalieren, polarisieren, polemisieren, provozieren, spalten anstatt zu differenzieren und zu vereinen. Als JuBIG sehen wir uns daher als eine ernstzunehmende Alternative zu den Jugendorganisationen etablierter Parteien. Wir möchten der Politikverdrossenheit bei Jugendlichen entgegenwirken, sie motivieren mitzumachen, um ihre Zukunft mitzugestalten. Diskriminierungen, Ungleichbehandlungen sowie Chancenungerechtigkeiten und -ungleichheiten führen zunehmend zu sozialen Problemen bei Jugendlichen. Daher möchten wir als politische Jugendbewegung den Ursachen auf den Grund gehen und durch unseren politischen Einsatz Missstände möglichst beseitigen. Wir wollen das „WIR-Gefühl“ in unserer Gesellschaft stärken. Jedwede Art von Diskriminierung, Ungerechtigkeit, Ausgrenzung, Extremismus und Rassismus haben keinen Platz in Deutschland. Dem wachsenden populistischen Rechtsruck in Deutschland möchten wir als JuBIG entschieden gegensteuern. In diesem Zusammenhang sind wir bereit für eine Kooperation mit anderen Jugendorganisationen. Wir sind für eine verantwortete Freiheit, die die Rechte und die Würde des Anderen achtet. Nur durch Teilhabe können wir die Gesellschaft mitgestalten. Deswegen appellieren wir an alle Jugendlichen: Nehmt am politischen Meinungsbildungsprozess teil, denn es geht um eure Rechte und eure Zukunft!

Einige unserer Forderungen sind:

– Ermöglichung der Mehrstaatigkeit für Jugendliche
– Bessere Qualifizierungsmaßnahmen für arbeitslose Jugendliche
– Interkulturelle Jugendzentren einrichten
– Mitsprache von Jugendlichen stärken: Einrichtung von Jugendparlamenten in allen Kommunen Deutschlands

Um viele Jugendliche bundesweit erreichen zu können werden wir uns des Weiteren als JuBIG in nächster Zeit vergrößern und auch in den Bundesländern und Städten, in der die BIG Partei schon vertreten ist, als Jugendverband gründen und etablieren. Jeder Jugendliche mit Migrationshintergrund, der sich politisch engagieren möchte, wird bei der JuBIG eine Stimme haben.

Unser Motto lautet: Think JuBIG – Mach mit! Wir wollen über den Tellerrand blicken und BIG denken, nicht nur im quantitativen Sinne, sondern auch im qualitativen. Denn wir wollen die Köpfe verändern, Vorurteile, Diskriminierung in allen Lebensbereichen abbauen, Chancengerechtigkeit umsetzen, Vielfalt schützen und Werte erhalten.

Vielen Dank für das Interview!