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Was meine Heimat Mali braucht

Ausgabe 321

Foto: EMA/ French Defence

Entgegen Logik rein militärischer Interventionen sehnen sich viele Malier nach einer grundlegenden Umgestaltung ihrer Heimat für mehr Chancen. Von Adam Dicko

(IPS). Ein Jahrzehnt nach dem Ausbruch von Bürgerkrieg in Mali haben sich Hoffnungen auf eine zeitnahe Lösung für den Aufstand und die Unruhe nicht materialisiert. Das sagte der Sondergesandte des UN-Generalsekretärs für Mali Wane am 11. Januar 2022 vor dem UN-Sicherheitsrat.

In den zehn Jahren, in denen mein Land Konflikt, Gewalt und Instabilität erfährt, wurden Dutzende Konferenzen und andere Gipfel abgehalten. Dabei wurde niemals Raum für jene geschaffen, die sich dort täglich für soziale Gerechtigkeit, Verteidigung von Menschenrechten und Frieden in Mali einsetzen.

Meine Heimat – und der Sahel als Ganzes – ist reich an dynamischen und innovativen Zivilgesellschaften und voller Jugend. Nach 10 Jahren gescheiterter Strategien zur Lösung der Sahel-Krise ist es Zeit für einen Strategiewechsel. Es braucht einen demütigeren Ansatz sowie die Entwicklung von gemeinsamen Lösungen, in denen sich die lokalen Bevölkerungen wirklich widergespiegelt sehen.

Ich spreche, um das zu einer Realität zu machen. Beispielsweise im Namen von Anta, einem jungen Mädchen aus der Landesmitte, das erste Opfer der Sicherheitskrise. Sie musste aus ihrem Dorf fliehen, um Unterschlupf in einem Lager für Binnenflüchtlinge zu finden und erlebte, wie Terroristen ihre Eltern ermordeten. Und im Namen von Amadou, einem jungen Mann aus dem Süden, der ökonomische Chancen sucht. Er ist kaum dem Teenageralter entwachsen, verließ seine Heimat und machte sich auf über das Meer, wo er sein Leben riskierte. Ich spreche für alle jungen Malier, die auf ein besseres Morgen hoffen.

Die Verschlechterung der malischen Krise hat die Unangemessenheit der gegenwärtigen militärischen Antwort bloßgestellt. Sie war nicht in der Lage, die Bedrohung zu überwinden oder auch nur einzudämmen. Junge Leute wenden sich gegen den Staat – die Verletzlichsten schließen sich wegen Geld und Sicherheit extremistischen Gruppierungen an. Junge Einwohner nehmen fassungslos in Medien wahr, wie die globalen Führer Unterstützung für Mali vortäuschen, während sie im ureigensten Interesse handeln. Ähnliches konnten wir zuvor in Syrien, Afghanistan oder Libyen beobachten, um nur einige Fälle zu nennen.

Mali darf kein Schauplatz eines Zusammenstoßes zwischen globalen Mächten werden. Der UN-Sicherheitsrat muss das gewährleisten. Das Land verdient Besseres als ein Ort zur Beilegung politischer Streitigkeiten zu sein. Leider sieht sich Mali heute mit den Folgen einer schlechten politischen und wirtschaftlichen Regierungsführung konfrontiert. Das führt zu Verzweiflung, Hunger und Armut, und die jungen Menschen sind die Hauptopfer. Diese entscheidende Frage der Staatsführung wurde von jenen, die behaupten, die Krisen in der Sahelzone lösen zu wollen, zu lange heruntergespielt. Dabei ist das der Kern der Herausforderungen, vor denen wir stehen.

Gegenwärtig wird davon geredet, den Staat in jene Gebiete zurückzubringen, von denen er jahrelang abwesend war. Sie wurden von sogenannten dschihadistischen Gruppierungen übernommen. Aber wir fragen niemals nach, welche Art von Staat wir eigentlich wieder einsetzen wollen. Ist es wirklich eine Lösung, einen Staat zurückzubringen, der von den Jugendlichen oft als gleichgültig gegenüber ihrem Schicksal oder sogar als Räuber wahrgenommen wird? Das Land leidet unter einem zerbrochenen Gesellschaftsvertrag. Unsere Herausforderung besteht nicht nur darin, den Staat zurückzubringen, sondern ihn und sein öffentliches Verhalten so zu transformieren, dass alle Malier von ihm Nutzen ziehen.

Tuisa Hilft - Kurban

Angesichts der aktuellen politischen Lage in meinem Land fordere ich den Sicherheitsrat erneut auf, eine rasche Lösung der politischen Situation zwischen der malischen Regierung und der ECOWAS zum Wohle der Bürger, insbesondere der jungen Menschen, deren Zukunft immer düsterer aussieht, zu finden. Die malische Bevölkerung ist das erste Opfer der Sanktionen und hat doch schon genug gelitten.