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Bildungsstätte zum 9. November: Antisemitismus heute in allen Milieus verbreitet

Bildungsstätte
Foto: Bundesarchiv, Bild 146-1970-041-46 / Unbekannt / CC-BY-SA 3.0, CC BY-SA 3.0 de, Link

Die Bildungsstätte Anne Frank sagt: Die Klage über einen angeblich „importieren Antisemitismus“ nährt ein rassistisches Narrativ.

Frankfurt/Main (dpa). Zum Jahrestag der Pogromnacht am 9. November und angesichts der aktuellen Lage im Land hat die Bildungsstätte Anne Frank einen entschlossenen Kampf gegen Antisemitismus gefordert.

Das Gedenken bekomme seit dem Terrorangriff der Hamas am 7. Oktober eine noch tiefere Bedeutung, sagte Direktorin Deborah Schnabel am Mittwoch in Frankfurt. Deutschland erlebe eine beispiellose Welle antisemitischer Gewalt.

Bildungsstätte will Kampf gegen Antisemitismus ohne Populismus

Der Kampf gegen Judenhass müsse entschlossen vorangetrieben werden, ohne ihn für populistischen Stimmenfang zu instrumentalisieren. Politiker würden es sich zu bequem machen, wenn sie den Antisemitismus jetzt ausschließlich bei Muslimen, Geflüchteten oder unter Linken verorteten, betonte Schnabel.

Selbstverständlich müssten islamistische Terrororganisationen in Deutschland konsequent verfolgt werden. Aber: Die Klage über einen angeblich „importieren Antisemitismus“ nähre ein rassistisches Narrativ. Und: „Antisemitismus ist in allen gesellschaftlichen Milieus verbreitet.“

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NS-Geschichte wird instrumentalisiert

Ein Höhepunkt der Verbreitung finde derzeit im Netz statt, dazu gehöre auch die Instrumentalisierung der NS-Geschichte in Debatten über den Nahostkonflikt. „Israel wird mit NS-Deutschland gleichgesetzt, Netanjahu mit Hitler“, sagte Eva Berendsen, die in der Bildungsstätte für den Bereich „Politische Bildung im Netz“ zuständig ist. Besonders bedenklich sei die Videoplattform TikTok, wo der Nährboden für den Terrorismus von morgen bereitet werde.

Dass das Netz eine „Fake-News-Schleuder“ sei, sei seit Corona und dem Angriffskrieg auf die Ukraine bekannt – „und das sehen wir jetzt ganz stark im Nahostkonflikt“. Es brauche eine Bildungsoffensive, um dem Hass entgegenzutreten. Dazu gehörten etwa eine digitale Task Force und digitale Streetworkerinnen.

Neumann fordert Aktionsplan

Der Terrorismusforscher Peter Neumann vom King’s College in London fordert angesichts des Gaza-Kriegs und möglicher Auswirkungen auf die Terrorgefahr in Europa einen Aktionsplan gegen Judenfeindlichkeit.

Es brauche „einen Aktionsplan Juden- und Israelfeindlichkeit“, der dazu führe, „dass sich alle Sicherheitsbehörden sofort sehr intensiv auf dieses Phänomen konzentrieren“, sagte er am Mittwoch im Deutschlandfunk.

Der Nahostkonflikt sei „die Mutter aller Konflikte zwischen Juden und Muslimen“. Alles deute darauf hin, dass der Krieg „einen größeren Effekt gerade auch auf Leute hat, die sowieso schon islamistisch orientiert sind“.