Eine wärmere Welt ernähren

Ausgabe 250

Foto: FAO | Farooq Naeem

(IPS). Künstliches Fleisch, Aquakulturen in Innenräumen, vertikaler Anbau oder Bewässerungsdrohnen – all das schien früher aus einem Science Fiction-Film zu stammen. Heute sind diese Dinge Realität. Die Lebensmittelproduktion wendet Hightech an – zumindest an einigen Orten.
Die übergroße Mehrheit aller Bauern weltweit sieht sich hingegen immer noch alten und fundamentalen Fakten gegenüber: Ihre Ernten, ihr eigentlicher Lebensunterhalt, hängt davon ab, wie die Natur sie behandelt. Über 80 Prozent der weltweiten Landwirtschaft hängt heute von Regenfällen ab, genau wie sie es vor 10.000 Jahren tat.
Bei der Zweiten Internationalen Konferenz über Ernährung im letzten November sagte Papst Franziskus in Rom: „Gott vergibt immer, der Mensch manchmal, die Erde … niemals. Mutter Natur kann stürmisch sein. Und sie wird es immer mehr, während sich das Klima des Planeten verändert.“ Treten Dürren, Überflutungen, Tsunamis oder harte Wetterbedingungen ein, dann können die Folgen für die Lebensmittelsicherheit und das wirtschaftliche Wohlergehen der Menschen weitreichend sein. Jenseits von Hungerkrisen, die durch Katastrophen verursacht werden und die es in die Schlagzeilen schaffen, können die Entwicklungsrichtungen ganzer Nationen und Regionen ernsthaft durch solche extremen Ereignisse verändert werden.
Erinnern wir uns: In vielen Entwicklungsländern bleibt der Landbau die entscheidende Aktivität. Der Lebensunterhalt von 2,5 Milliarden landwirtschaftlichen Familienbetrieben hängt davon ab. In Ländern wie Burkina Faso, Burundi, der Zentralafrikanischen Republik, Tschad, Äthiopien, Kenia, Mali, Niger oder Mosambik macht dieser Sektor bis zu 30 Prozent des Bruttoinlandsprodukts aus. Neue Zahlen der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) dokumentieren die Empfindlichkeit dieses Sektors. Zwischen 2003 und 2013 hätten Naturereignisse zu Verlusten und Schäden an Ernten, Herden, Fischerei und Waldbau von mindestens 22 Prozent geführt.
Wie lässt sich also Lebensmittelsicherheit in einer Welt gewährleisten, in der mehr Menschen leben, die intensiveren und häufigeren Gefahren ausgesetzt sind?
Landwirtschaft selbst kann eine Lösung sein. Sie ist der Hauptantrieb für Veränderungen in der Landnutzung. Daher kann sie entscheidend sein im Umgang mit einer gestiegenen Empfindlichkeit bei Naturkatastrophen. Gleichzeitig würde uns ein nachhaltigerer Ansatz bei der Lebensmittelproduktion helfen, die Umwelt zu schützen sowie die Widerstandskraft unserer Gemeinschaft im Angesicht von Desastern stärken.
Im letzten Jahrzehnt wurden Fortschritte in der Entwicklung von Konzepten zur Katastrophenverminderung gemacht. Sie sind ein wichtiger Beitrag für eine inklusive und nachhaltige Entwicklung. Und doch muss mehr getan werden, um das Potenzial der Agrarwirtschaft bei der Verminderung der Risiken durch Naturkatastrophen voll zu nutzen. Landwirtschaft, Lebensmittelsicherheit und Ernährung müssen in Strategien einfließen, um die Widerstandskraft von Gesellschaften zu steigern. Dafür ist unter anderem Folgendes nötig:
Erstens, müssen wir das Risiko handhaben. Dazu gehören rechtliche und regulatorische Rahmenwerke für die Reduktion von Risiken und das Krisenmanagement. Risikofaktoren müssen systematisch in die Planung von Landwirtschaft, Fischerei und den Waldbau einfließen.
Zweitens, müssen wir uns um Systeme zur Informationssammlung und zur Frühwarnung bemühen, um Bedrohungen zu identifizieren. Dafür müssen wir proaktiv sein und handeln, bevor diese Naturereignisse eintreffen. In der Vergangenheit erhielt die Weltgemeinschaft frühe Warnsignale von kommenden Krisen, reagierte aber nicht. Der somalische Hunger von 2011 war ein aktuelles und ernüchterndes Beispiel.
Drittens, müssen wir die zugrundeliegenden Faktoren reduzieren, die Bauern, Hirten, Fischer und Waldbauern empfindlich machen. Das lässt sich durch Fokussierung auf – und Investitionen in – nachhaltigere Modelle der Lebensmittelproduktion erreichen. Dazu gehört der Gebrauch verbesserter Anbautechnologien und Praktiken, welche die Ernten steigern und zeitgleich die Zähigkeit gegen Schocks erhöht.