Es braucht bessere Nahrung

Ausgabe 302

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(IPS). Die Covid-19-Krise hat zu mehreren unerwarteten Folgen geführt. Dazu gehört eine neue Aufmerksamkeit für das Thema ­Lebensmittelsicherheit. Frühere Perspektiven in Hinblick auf die Autarkie in der Erzeugung machten seit dem späten 20. Jahrhundert Platz für den Import von Nahrungsmittel im Rahmen der Liberalisierung des Handels.

Die Unterbrechung transnationaler Versorgungsketten und die Zerstörung vieler gefährdeter Lebensgrundlagen durch politische Maßnahmen gegen die Covid-19-Pandemie haben das Interesse an früheren Ansichten zur Selbstversorgung mit Lebensmitteln wiederbelebt. Aber selbst wenn dies erfolgreich sein sollte, wird die Rücknahme der Politik nicht auf neuere Ernährungsprobleme wie Unterernährung und Sicherheit eingehen können. Zu viele Forscher wurden in der Vergangenheit kompromittiert – beispielsweise durch großzügige Finanzierung von Forschung durch die Lebensmittel- und Getränkeindustrie.

Die Behörden müssen gewährleisten, dass Lebensmittel sicher für die Verbraucher hergestellt werden. Sie sollten nicht nur dann beunruhigt sein, wenn eigene Nahrungsexporte blockiert werden, wenn auswärtige Hygienestandards nicht erfüllt werden. Können Lebensmittel verzehrt werden? Gefährden giftige Agrochemikalien den Konsumenten? Stellen Antibiotika in der Tierzucht eine Gefahr für menschliche Gesundheit und die Effektivität dieser Mittel dar?

Heute muss die Welt mit drei wichtigen Arten von Mangelernährung umgehen: energiearme Nahrung (die zu Hunger führt), Mangel an Mikronährstoffen wie Vitaminen, Mineralien und Spurenelemente (versteckter Hunger) sowie nichtansteckende Krankheiten, die durch Ernährungsgewohnheiten entstehen. Vielen Armen fehlt es üblicherweise an Mitteln, um ihren Zustand zu verbessern. Wegen mangelnder Ernährung sind die Ärmsten oft antriebsarm. Oder sie können wegen Erkrankungen des Verdauungstraktes häufig nicht genug Nährstoffe aufnehmen. Typischerweise liegt das an schlechter Wasserversorgung und Hygiene.

Obwohl Hunger und Entkräftung in den letzten Jahrzehnten sanken, verringerte sich eine geringe Energiezufuhr langsamer als Armut. Und das, obschon die Armutsgrenze durch ein Einkommen definiert wird, das Hunger vermeiden soll. Die Ernährungssituation in der Welt ist nach wie vor besorgniserregend, da andere Manifestationen von Unterernährung – einschließlich Unterentwicklung, Fettleibigkeit, Diabetes und Anämie – nach verfügbaren Erkenntnissen zugenommen haben oder nur langsam abnehmen.

Mikronährstoffmängel bedrohen die Gesundheit und das Wohlbefinden der Menschen. Sie erhalten aber nur selten öffentliche, politische Aufmerksamkeit. Der „versteckte Hunger“ liegt an einem zu geringen Niveau wesentlicher Mikronährstoffe in der Ernährung. Vitamine, Mineralien und Spurenelemente sind ­lebenswichtig, damit der Körper sich entwickeln und funktionieren kann. Unzureichendes Vitamin A, Eisen, Kalzium und Zink scheinen die Hauptmängel an Mikronährstoffen zu sein, die für die öffentliche Gesundheit von Bedeutung sind. Allzu viele Menschen sind anämisch – mit schwerwiegenden Folgen für Frauen im gebärfähigen Alter.

Dieser „versteckte Hunger“ lässt sich am besten durch eine vielfältige Diät lösen. Dies kann helfen. Dazu aber müssen die entscheidenden Experten (Ernährungswissenschaftler und Diätberater) zusammenarbeiten. Gleichzeitig müssen Forscher Lebensmittelpflanzen und tierische Quellen diesbezüglich verbessern.

Den meisten Eltern ist nicht bewusst, dass die „ersten 1.000 Tage“ entscheidend sind. Dabei handelt es sich um die Zeit von der Empfängnis bis zum zweiten Lebensjahr. Mangelernährung von Müttern und Säuglingen beginnt während der Schwangerschaft. Das betrifft insbesondere Schwangere, die unter zu geringen Mikronährstoffen und ernährungs­bedingten Krankheiten leiden.

Wir können und müssen mehr für das ausschließliche Stillen in den ersten sechs Monaten eines jeden Kindes tun. Verschiedene Arbeits- und Mutterschaftsurlaubsregelungen sowie Kinderbetreuungseinrichtungen sollten zur Verfügung gestellt werden, um eine breite Akzeptanz solcher Praktiken zu ermöglichen.

Die Krise von Fettleibigkeit, Diabetes und anderen ernährungsbedingten, nicht übertragbaren Krankheiten in Ländern mit mittlerem Einkommen bleiben alarmierend. Sie führen zu verfrühtem Tod und Arbeitsunfähigkeit. Übergewicht, Fettleibigkeit, Diabetes und verwandten Morbiditäten haben in den meisten ­Ländern zugenommen.

Regierungen müssen erkennen, dass die Verbesserung der Ernährung für einen wirtschaftlichen und sozialen Fortschritt wichtig ist. Kein Land kann mit einer unterernährten Bevölkerung Entwicklung erreichen und aufrechterhalten. Ohne gesunde Menschen werden zukünftige Produktivität und Fortschritt stark beeinträchtigt.