„Keine Kampfansage“

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(KNA). Die „religiöse Landkarte“ habe sich in den vergangenen Jahren stark verändert, so die Bundesvorsitzende Simone Peter. Sie sei vielfältiger geworden, während die Bedeutung der beiden großen Kirchen abnehme. Zudem wachse die Zahl der Konfessionslosen. Zusammen mit der Berliner Landesvorsitzenden Bettina Jarasch stellte Peter nun den Abschluss-Bericht der Kommission vor, die eigens zu dem Thema einberufen worden war.
Das 38-seitige Programm sei „keine Kampfansage“ an die Kirchen, stellte Jarasch, die auch Mitglied im Zentralkomitee der deutschen Katholiken ist, gleich zu Beginn klar. Die Vorschläge seien als Dialogangebot gedacht – sowohl an Parteimitglieder als auch an Religions- und Weltanschauungsvertreter.
Im November sollen sie beim Bundesparteitag in Münster in einem Antrag zusammengefasst, beraten und verabschiedet werden. Die geforderten Reformen sind maßvoll und zeugen davon, dass sich die Grünen intensiv mit dem Thema befasst und um Formulierungen gerungen haben. In der Kommission saßen neben Peter und Jarasch u.a. die Fraktionsvorsitzende Katrin Göring-Eckardt und der kürzlich als religionspolitische Sprecher zurückgetretene Volker Beck. Zudem brachten Muslime, Juden und Vertreter des kirchenkritischen Arbeitskreises „Säkulare Grüne“ ihre Positionen ein.
Arbeitsrecht und Finanzen
Die strittigsten Punkte richten sich an die Kirchen und betreffen deren Arbeitsrecht und Finanzen: Nach Ansicht der Kommission entspricht das kirchliche Arbeitsrecht nicht mehr der Lebenswirklichkeit. Die Grünen erneuern daher ihre Forderung nach einer Reform. An erster Stelle sehen sie hier die Koalitionsfreiheit – also das Recht von Arbeitnehmern, sich etwa zu Gewerkschaften zusammenzuschließen – und das daraus abgeleitete Streikrecht. Rasch durchsetzbar wird das vermutlich nicht sein. Erst 2015 war die Gewerkschaft ver.di vor dem Bundesverfassungsgericht damit gescheitert, ein solches allgemeines Recht bei den Kirchen durchzusetzen.
Weiter tritt das Gremium für die Ablösung der Staatsleistungen ein. Auch diese Forderung ist nicht neu, und schon lange sperren sich auch die Kirchen nicht mehr grundsätzlich gegen eine solche Lösung. Zugleich ist die Kommission realistisch: Angesichts der großen Summen, um die es gehe, sei dieser Weg schwierig. Sie schlägt deshalb vor, „de facto Ablösungen“ voranzutreiben, die es schon in einzelnen Bundesländern gebe, etwa durch Abgeltungen von Baulastansprüchen für kirchliche Gebäude.
Auch ihr Plädoyer für eine Abschaffung des Blasphemieparagrafen wiederholen die Grünen. Für geistige Auseinandersetzungen um angebliche Gotteslästerung solle man nicht das Strafrecht bemühen.
Uneins bei Kirchensteuer
Uneins ist sich die Partei bei der Kirchensteuer: Ein Teil der Kommission will am System des Einzugs durch den Staat festhalten, ein anderer stellt dies in Frage. Da es derzeit im Bundestag keine verfassungsändernde Mehrheit gebe, plädiert die Kommission für Reformen innerhalb des Systems: Beim Einzug der Steuern sollen die Länder etwa selbst entscheiden, ob das Finanzamt oder die Kirchen diese einziehen.
Bleiben die Vertreter anderer Religionen und die Konfessionslosen: Für sie wollen die Grünen mehr Rechte: Ob dies mit dem bestehenden Religionsverfassungsrecht möglich sei, müsse diskutiert werden. Zugleich aber stellen sie klar, dass die vier großen muslimischen Verbände (DITIB, Islamrat, Zentralrat der Muslime und Verband der Islamischen Kulturzentren) derzeit nicht die vom Grundgesetz genannten Anforderungen an eine Religionsgemeinschaft erfüllen. Sie seien lediglich „religiöse Vereine“.
Die Politik müsse zudem überdenken, dass sie bei öffentlichen Gedenkveranstaltungen traditionell ausschließlich auf die christlichen Konfessionen zurückgreife. Dies habe „eine vereinnahmende Dimension, die religionsfreie oder andersgläubige Menschen ausgrenzt“. Daher müsse man nach Alternativen suchen.
Der Bericht enthält aber auch Lob für die Kirchen: Ausdrücklich wird etwa deren Eintritt für einen arbeitsfreien Sonn- und Feiertag gewürdigt. Dieser erreichte sozialpolitische Standard dürfe auf keinen Fall beeinträchtigt werden.