Die Kurzmeldungen aus Deutschland (Nr. 355) reichen von der Friedhofskultur, über Nachwuchssorgen bei den Tafeln bis zum Adhan in Köln.
Verband begrüßt muslimische Bestattungen
ASCHERSLEBEN (KNA). Fast vier von fünf Menschen lassen sich hierzulande inzwischen nach ihrem Tod einäschern. Die Friedhofsverwaltungen in Deutschland stellt das vor Herausforderungen, wie Michael Albrecht vom Verband der Friedhofsverwalter Deutschlands. „Dadurch entstehen auf den Friedhöfen viele Überhangflächen, die kosten, aber nicht gegenfinanziert werden können.“ Doch laut Albrecht vollzieht sich derzeit eine Gegenentwicklung, die den Friedhöfen zupass kommt: So ließen sich immer mehr Muslime nicht in ihrer einstigen Heimat bestatten, sondern in Deutschland. Der Verband der Friedhofsverwalter – ihm gehören eigenen Angaben zufolge von bundesweit etwa 32.000 Friedhöfen rund 14.000 als Mitglieder an – bewertet die Entwicklung positiv. Laut Albrecht gebe es allerdings die Tendenz, dass einige wenige Friedhöfe in Deutschland eine Sogwirkung entfalteten und von Muslimen auch überregional angefragt werden würden. „Innerhalb der Friedhofsverwaltungen gab es schon Diskussionen, ob eine Reglementierung nötig ist wegen der überproportional hohen Nachfrage bei einigen Friedhöfen.“
Foto: Sandro Halank, via Wikimedia Commons | Lizenz: CC BY-SA 3.0
Merkel kritisiert Union bei Migration
BERLIN (KNA/IZ). Die frühere Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) verteidigt das Offenhalten der deutschen Grenzen während der Flüchtlingskrise von 2015. „Ich hatte damals das Gefühl, ich hätte sonst die gesamte Glaubwürdigkeit der Sonntagsreden über unsere tollen Werte in Europa und die Menschenwürde preisgegeben“, sagte sie am 22. November im „Spiegel“-Interview. „Die Vorstellung, zum Beispiel Wasserwerfer an der deutschen Grenze aufzustellen, war für mich furchtbar und wäre sowieso keine Lösung gewesen.“ Mit Blick auf Gewalttaten von Flüchtlingen in Deutschland sagte Merkel, in jeder freien Gesellschaft gebe es fürchterliche Verbrechen. Die Exkanzlerin betonte, sie habe die Ängste der Menschen vor zu viel Zuwanderung und Terrorismus immer sehr ernst genommen. Allerdings gebe es auch eine zweite Gruppe in der Bevölkerung, die Angst davor habe, „dass wir zu intolerant und hart werden. Als Kanzlerin muss ich beide Gruppen im Blick behalten“.
Ehrenamt: Tafeln haben Nachwuchssorgen
BERLIN (Tafel.de). Mehr Menschen schenken ihre Zeit den Tafeln: Bundesweit engagieren sich 75.000 Menschen, um in einer der 975 Tafeln Lebensmittel zu retten und damit Menschen zu helfen. Das sind 15.000 mehr als noch 2023. Mit 94 Prozent arbeitet der überwältigende Anteil aller Tafel-Aktiven ehrenamtlich. Trotz des Zuwachses benötigen knapp ein Drittel aller Tafeln dringend mehr freiwillige Helferinnen sowie Helfer und geben fehlenden Nachwuchs im Ehrenamt als eine ihrer größten Herausforderungen an.
Foto: KRM
Muslime und Bischöfe für mehr Kooperation
BONN (KNA) Katholische Bischöfe und der Koordinationsrat der Muslime in Deutschland (KRM) haben bei ihrem jährlichen Spitzengespräch die Unterstützung der Religionen für Demokratie und gesellschaftlichen Zusammenhalt unterstrichen. Sie plädierten für eine Vertiefung des Dialogs der Religionen. Der Sprecher des Koordinationsrats, Mohamed El Kaada, erklärte, die Gemeinsamkeiten zwischen den Religionsgemeinschaften seien oft größer als die Unterschiede. „Es liegt in unserer gemeinsamen Verantwortung, diese Werte in die öffentliche Diskussion einzubringen und zur Stärkung der Demokratie beizutragen.“
Marokkaner wehren sich gegen Pauschalisierung
GELSENKIRCHEN (IZ). In einer Stellungnahme hat sich der Zentralrat der Marokkaner in Deutschland (ZRMD) gegen Verleumdungen durch Politiker der AfD ausgesprochen. Diese Äußerungen hätten die Gemeinschaft pauschal in Verbindung mit Kriminalität und Arbeitslosigkeit in Verbindung gebracht. Solche Aussagen seien nicht nur unbegründet, sondern „auch ein gezielter Versuch, Vorurteile zu schüren, gesellschaftliche Spannungen zu vertiefen“ und positive Entwicklungen in Deutschland zu gefährden. Als Verband betone man, dass die marokkanische Gemeinschaft im Land seit über sechs Jahrzehnten einen bedeutenden Beitrag leiste. Solche Aussagen wie die von der AfD seien nicht nur unhaltbar, „sondern auch gefährlich“. „Solche Äußerungen schüren Ressentiments, untergraben die Integrationsarbeit und erschweren den interkulturellen Dialog, der für ein harmonisches und friedliches Zusammenleben in einer pluralistischen Gesellschaft unerlässlich ist. Populistische Schuldzuweisungen bieten keine Lösungen für die Herausforderungen, vor denen unsere Gesellschaft steht, sondern verstärken bestehende Spannungen.“
Screenshot: DİTİB Zentralmoschee Köln
Der Adhan wird zur festen Institution
KÖLN (KNA/IZ). Gesprächslautstärke und maximal fünf Minuten: Der öffentlich gerufene Adhan (Gebetsruf) in Köln bleibt nach einer Testphase unbefristet erlaubt. Die Stadt sieht ein Modellprojekt als Erfolg – trotz Diskussionen. Nach einer zweijährigen Testphase bleibt er nun unbefristet erlaubt. Die Stadt verlängerte einen Vertrag mit der DITIB-Zentralmoschee im Stadtteil Ehrenfeld auf unbestimmte Zeit, wie eine Sprecherin Ende November bestätigte. Ähnliche Verträge seien auch für andere Gemeinden in der Stadt möglich, so die Sprecherin. Ein Bericht der Stadt bewertet den Test insgesamt positiv: „Das Modellprojekt hat den Weg für eine intensivere Diskussion über den öffentlichen Gebetsruf und die Bedeutung der Religionsausübung von vielen tausenden Kölner Muslim*innen geebnet.“ Die Testgemeinde habe alle Auflagen eingehalten. Auch Beschwerden an die Stadt gegen das Projekt hätten nach kurzer Zeit abgenommen.
IGMG beklagt „Empathielosigkeit“ gegenüber Syrern
KÖLN (igmg.org/IZ). Am 11. Dezember beklagte IGMG-Generalsektär Ali Mete „Empathielosigkeit“ einiger Politiker gegenüber in Deutschland lebenden Syrern. Das mache sprach- und fassungslos. „Forderungen nach Abschiebungen von Syrerinnen und Syrern, keine 24 Stunden später und noch während Menschen auf Straßen ihre Freude ausleben, lassen tief blicken: auf menschliche Mängel genauso wie auf politisches Unvermögen.“ In diesem Geiste könne man nichts Gutes zur Gesellschaft beitragen. „Abgesehen davon, dass sie hier beruflich, kulturell und familiär längst verwurzelt sind, braucht Deutschland und die deutsche Gesellschaft sie (…).“
Foto: Sandra Sanders, Shutterstock
VW gibt umstrittenen Standort in China auf
WOLFSBURG (IZ). Seit Jahren stand der Volkswagenkonzern in der internationalen Kritik wegen seiner Fertigungsanlagen in der uigurischen Provinz in Westchina. Er sah sich mit Vorwürfen der Menschenrechtsverletzungen konfrontiert. Offiziell wurde der Schritt mit ökonomischen Erwägungen begründet. Diese Vorwürfe und ihre Auswirkungen auf das Image des Unternehmens spielten ebenfalls eine Rolle.