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Muslimisches Leben: Prophetengeburtstag

Ausgabe 282

(iz). Es ist wieder soweit. Die alljährlichen Feierlichkeiten zum Geburtstag des Propheten Muhammad, Frieden und Segen auf ihm, werden rund um den Globus mit aller Vielfalt abgehalten, nicht zuletzt hierzulande.

Gleich melden sich die Hobby-Salafisten, die sofort aufschreien, der Prophet selbst und seine Gefährten hätten so etwas weder praktiziert noch gewünscht. Es gibt in der islamischen Gelehrsamkeit tatsächlich unterschiedliche Auffassungen, ob gefeiert werden darf oder nicht. Denn während die einen von einer „unzulässigen Neuerung“ (bid’a) sprechen, da sie weder im Qur’an noch in der Sunna vorgeschrieben oder genannt wird, und zudem Aussprüche des Propheten anbringen wie „Wer immer ein Volk nachahmt, gehört zu ihnen“, und damit den Vergleich zum Weihnachtsfest meinen, sieht die große Mehrheit der Muslime weltweit die zeremonielle Andacht gelassener und kontert im Gegenzug mit Aussprüchen wie „Keiner von euch wird den wahren Glauben erlangen, bis ich ihm nicht lieber bin, als seine Kinder, sein Vater, seine Mutter und alle Menschen“, oder „Wer immer eine gute Sache im Islam beginnt und sie nach ihm getan wird, so wird für ihn der selbe Lohn dessen aufgeschrieben, der es nach ihm tat, ohne etwas (von den Taten) zu verlieren.“

Hier wird Sunna als Synonym zur erlaubten und gutgeheißenen Neuerung (bid’a hasana) verstanden, so gilt die feierliche Andacht als gute Sache, vor allem in einem Zeitalter, in dem vom Lauterwerden extremer Ansichten und der ungebremsten Verrohung unserer Gesellschaft – frei von Moral und Verbindlichkeiten – gesprochen werden kann.

Die Geschichte der Mauludfeiern geht zurück auf die Fatimiden, die, als sie die Herrschaft in Nordafrika übernahmen, begannen, seit der Amtszeit des Kalifen Al-Muʿizz li-Din Allah alljährliche und offizielle Feierlichkeiten abzuhalten. Damit wollten sie unter anderem das politische Statement abgeben, ihre ­Dynastie führe die Nachkommenschaft des Propheten weiter. Daneben gab es weitere besondere Tage für ʿAli, Fatima, Al-Hasan und Al-Husain. Gemeinsam mit anderen religiösen Festtagen im Kalenderjahr hielten die Fatimiden luxuriöse Banketts ab.

Mit den Ajjubiden, einer anschließenden, ­jedoch sunnitischen Dynastie, endeten solche Feierlichkeiten kurzerhand, wurden aber zunächst im Privaten weitergeführt und anschließend vom Schwager (Muzaffereddin Gökböri) des berühmten Sultan Saladin Al-Ajjubi wieder offiziell eingeführt. Im Vergleich zu den vorherigen Fatimiden waren die Feste ausgedehnter und „Hotspots“ für allerlei Sufis.

Ihren Höhepunkt erreichten die Feiern in der Ära der Mamluken, die zur Amtszeit des Kayitbay pompös abgehalten wurden. Ähnliche offizielle Zeremonien zum Maulud gestalteten die Osmanen seit Murad III.
In einer Quelle wird sogar darauf hingewiesen, dass Napoleon während seines Ägyptenfeldzugs einer Feier beiwohnte. Heutzutage wird mit Ausnahme von Saudi-Arabien in allen islamisch geprägten Ländern der Geburtstag des Propheten sowohl offiziell wie auch im Privaten weitgehend gefeiert.

In Deutschland und dem restlichen Europa organisieren muslimische Dachverbände zum Maulud Banketts und laden ihre Nachbarschaften in ihre Moscheen ein. Traditionell werden von speziell dafür ausgebildeten Lesern ausgewählte Passagen aus dem Qur’an vorgetragen, Kurzvorträge gehalten und religiöse Lieder und Lobgedichte über den Propheten gesungen, die je nach Region und Kultur unterschiedlich ausfallen. Da verliest der türkische Prediger die sogenannte Mevlid-i Scherif von Süleyman Celebi, der arabische Imam hingegen die klassische Qasidat al-Burda von Imam al-Busiri. Inhaltlich geht es jedoch immer um den Propheten, seine schönen charakterlichen und körperlichen Züge und über die verzaubernde Art, mit der er die Menschen für etwas Größeres überzeugte und bewegte.

Über die reine Feierlichkeit hinaus geht es um das Bemühen, sich an das Vorbild und Leben des Propheten zu erinnern, die innigste Liebe und Verbundenheit zu ihm nochmals zu erneuern und die zentrale Persönlichkeit der islamischen Religion der kommenden muslimischen Jugend sowie den Nichtmuslimen authentisch bekannt zu machen.