Regionalwahlen auf der Krim: Krimtataren und religiöse Gemeinschaften unter Druck

Göttingen (GfbV). Kurz vor den Regionalwahlen auf der Halbinsel Krim am 14. September beklagt die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) in einem neuen 25-seitigen Memorandum über die Menschenrechtssituation auf der von Russland annektierten Halbinsel Schikanen gegen die Krimtataren und eine zunehmende Beschneidung der Religionsfreiheit. „Die pro-russischen Behörden auf der Krim und der dortige Geheimdienst haben den Druck auf alle erhöht, die als „pro-ukrainisch“ oder „anti-russisch“ gelten könnten“, zieht Sarah Reinke, GfbV-Osteuropareferentin und Autorin des heute veröffentlichten Memorandums Bilanz.

Hausdurchsuchungen, kurzzeitige Festnahmen und Verhöre durch den Geheimdienst sollen die Menschen einschüchtern. Diesen Repressalien sind die Krimtataren, deren politische Führung zum Boykott dieser Wahlen aufgerufen hat, sowie Vertreter unterschiedlicher Glaubensrichtungen besonders ausgesetzt.“

In dem Memorandum wird deutlich, dass sich die Lage der Menschenrechte und insbesondere die Situation der Minderheiten und Religionsgemeinschaften auf der Krim in den vergangenen Monaten deutlich verschlechtert haben. „Wir dürfen die Menschen auf der Krim nicht allein lassen und nicht akzeptieren, dass die Halbinsel Teil Russlands sein soll“, mahnt die GfbV. Viele Krimtataren seien verunsichert: Einerseits versuchten sie, ihren Alltag aufrecht zu erhalten, anderseits wehrten sie sich gegen die russische Staatsbürgerschaft.

Zu tief ist das Trauma der kollektiven Deportation unter Stalin vor 70 Jahren. Die pro-russischen Behörden reagieren mit Einschüchterung und dem Versuch, die Krimtataren zu spalten und ihre Wortführer zu kriminalisieren.

So sind der Vorsitzende des Medschlis, des Selbstvertretungsorgans der Krimtataren, Refat Tschubarow und Mustafa Dschemilew, ihr wichtigster Repräsentant, noch immer mit einem Einreiseverbot belegt. Dem Medschlis wird mit Schließung gedroht, während neue pro-russische krimtatarische Organisationen aus dem Boden gestampft werden sollen. „Das ist die typische koloniale Teile-und-herrsche-Politik, die den Minderheiten massiv schadet“, kritisiert die GfbV, „Die deutsche Bundesregierung muss sich deshalb ostentativ immer wieder hinter die Krimtataren stellen und sich mit deren Vertretern treffen.“