, , ,

Wahlkampf: CDU-Chef Merz wandelt auf neuen Wegen

wahlkamp merz
Foto: Steffen Prößdorf, via Wikimedia Commons | Lizenz: CC BY-SA 4.0

Nach dem Messerangriff von Aschaffenburg: Die Wahlkampf-Ankündigung von CDU-Chef Merz führt zu Trump-Vergleichen.

Berlin (dpa, iz). Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz verspricht nach der Messerattacke in Aschaffenburg weitreichende Asylrechtsverschärfungen für den Fall einer Regierungsübernahme. „Das Maß ist endgültig voll“, sagte der CDU-Chef in Berlin.

In Aschaffenburg waren ein zweijähriger Junge und ein 41-jähriger Mann getötet und drei Menschen schwer verletzt worden. Verdächtig ist ein 28-Jähriger mit afghanischer Staatsangehörigkeit, der festgenommen wurde. Er war laut Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) ausreisepflichtig.

Programmdebatte cdu pickel

Foto: Deutscher Bundestag / Thomas Köhler / photothek

Wahlkampf: Merz verspricht mehr Abschiebungen und „faktisches Einreiseverbot“ per Kanzler-Richtlinienkompetenz am ersten Tag

Als Konsequenz forderte er unter anderem deutlich mehr Abschiebungen und will an allen Grenzen ein „faktisches Einreiseverbot“ für Unberechtigte durchsetzen. Merz machte deutlich, dass es sich dabei um Bedingungen für mögliche Koalitionspartner handelt. Von FDP und AfD kamen Signale, für eine Migrations-Kehrtwende mit der Union zusammenzuarbeiten.

Anzeige:

Merz sagte: „Wir stehen vor dem Scherbenhaufen einer in Deutschland seit zehn Jahren fehlgeleiteten Asyl- und Einwanderungspolitik.“ Er weigere sich anzuerkennen, dass Taten wie zuvor in Mannheim, Solingen und Magdeburg „die neue Normalität“ sein sollen. Die Menschen müssten sich sicher fühlen.

Mit dem Vorstoß handelte sich Merz Trump-Vergleich ein

Die Ankündigung von Friedrich Merz hat zu Vergleichen mit Donald Trump geführt. In den Medien wird Merz’ neuer Kommunikationsstil als ähnlich zu dem von Trump beschrieben. Merz verwendet nun Formulierungen wie „ich werde“ und „keine Kompromisse“, die an Trumps direkten Stil erinnern, schrieb der „Cicero“. Das Magazin bezeichnete seinen neuen Ton als „Donald Merz greift“ an.

Der CDU-Chef selbst nannte den US-Präsidenten „kalkulierbar“ und „Dealmaker“, was für manche Beobachter darauf hindeutet, dass er einen ähnlichen Führungsstil anstrebt. Diese Änderung in seiner Rhetorik wird als Versuch gewertet, Wähler aufzurütteln und sich von einem „Weiter so“ abzugrenzen, wobei er Elemente von Trumps politischem Stil übernimmt.

Die amerikanische Plattform „Politico“ bezeichnete Merz als den „deutschen Donald Trump“ und sah Ähnlichkeiten in ihrer Art, sich mit kontroversen Aussagen Gehör zu verschaffen.

Zurückweisungen aller illegal Einreisenden

Merz kündigte für den Fall seiner Wahl zum Kanzler an, am ersten Tag im Amt das Innenministerium anzuweisen, alle Grenzen dauerhaft zu kontrollieren und alle illegalen Einreisen zurückzuweisen. Das gelte auch für Menschen mit Schutzanspruch. „Es wird ein faktisches Einreiseverbot in die Bundesrepublik Deutschland für alle geben, die nicht über gültige Einreisedokumente verfügen oder die von der europäischen Freizügigkeit Gebrauch machen.“

Die EU-Asylregeln seien erkennbar dysfunktional. „Deutschland muss daher von seinem Recht auf Vorrang des nationalen Rechts Gebrauch machen“, sagte Merz. Im Schengen-Raum können Grenzkontrollen befristet angeordnet werden. Innenministerin Nancy Faeser (SPD) hat dies für alle Landgrenzen bereits umgesetzt und angekündigt, es über März 2025 hinaus verlängern zu wollen.

verfassungsschutz

Foto: Lukassek, Adobe Stock

Merz sieht keinen Spielraum mehr für politische Kompromisse

Merz gab zu verstehen, dass die geforderten Konsequenzen Bedingungen für eine Koalitionsregierung unter seiner Führung sein sollen. „Mir ist es völlig gleichgültig, wer diesen Weg politisch mitgeht“, sagte Merz. „Ich sage nur: Ich gehe keinen anderen.“

Wer den Weg mit ihm gehen wolle, müsse sich nach diesen Punkten richten. „Kompromisse sind zu diesen Themen nicht mehr möglich.“ CSU-Chef Markus Söder sagte, „null Toleranz, null Kompromiss“ werde Leitlinie der Migrationspolitik einer unionsgeführten Regierung sein.

FDP-Chef Christian Lindner sagte: „Merz kündigt einen radikalen Kurswechsel an.“ Mit Rot oder Grün werde er dies aber nicht umsetzen können. „Für die FDP ist eine neue Migrationspolitik die Bedingung für jede Regierungsbeteiligung.“ 

AfD-Chefin Alice Weidel erneuerte ihre Aufforderung an die Union, mit ihrer Partei zusammenzuarbeiten. Sie forderte eine Bundestags-Abstimmung in der nächsten Woche über eine „Schließung der Grenzen und die Zurückweisung Illegaler“. CDU und CSU müssten Farbe bekennen. Merz hat jede Zusammenarbeit mit der AfD wiederholt kategorisch ausgeschlossen.

Skepsis bei Grünen und SPD

Grünen-Fraktionsgeschäftsführerin Irene Mihalic sagte im TV-Sender Welt zu einem Einreiseverbot: „Friedrich Merz weiß sehr genau, dass das, was er fordert, mit Europarecht und auch mit dem geltenden Verfassungsrecht nicht zu vereinbaren ist.“

Grünen-Kanzlerkandidat Robert Habeck sagte: „Alles, was die Sicherheit im Lande voranbringt und europarechtskonform und auf dem Boden unseres Grundgesetzes steht, ist ein guter Vorschlag.“ Einige Vorschläge, die er von Merz gehört habe, hätten einer sachlichen Prüfung nicht standgehalten.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) sagte, man müsse klären, ob das, was Merz ankündige, europarechtlich zulässig sei. „Ich würde sagen, nein.“ Wenn Versprechen nicht eingehalten würden, zerstöre das Vertrauen. Faeser hob hervor, dass die Regierung Gesetze zur Ausweisung von Gewalttätern und für mehr Abschiebungen „massiv verschärft“ habe.

Foto: Nik Shuliahin, Unsplash

Warnung vor Vorurteilen gegenüber psychisch Kranken

Die Präsidentin der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Euphrosyne Gouzoulis-Mayfrank, sagte dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ (RND): „Allein aus der Tatsache, dass ein Mensch eine psychische Erkrankung hat, lässt sich keine Gefährdung ableiten.“ Wenn Psychiater und Therapeuten Hinweise darauf erhielten, dass ein Patient eine Gefahr für sich oder andere darstelle, könnten sie aber auch heute schon tätig werden.

Der Marburger Sozialpsychologe Ulrich Wagner hält nach den Attentaten der vergangenen Monate – zuletzt auf dem Magdeburger Weihnachtsmarkt – auch für möglich, dass es zu Nachahmungseffekten kommt. „Je häufiger man von solchen Taten liest, umso eher kopieren das andere“, sagte er der „Rheinischen Post“. „Aber die Probleme nicht zu diskutieren, wäre auch völlig falsch. Eine Lösung für dieses Dilemma gibt es nicht.“